Elektromobilität, Fraktionszwang und Zuwanderung
Beim Jungwähler-Empfang der Jungen Union in Lindau stellt sich Gerd Müller auch kritischen Fragen
LINDAU (olwi) - Was verdient ein Bundesminister? Wie sieht der Arbeitsalltag eines Abgeordneten aus? Wird er sich in der kommenden Wahlperiode für den Ausbau der Infrastruktur für Elektromobilität einsetzen? Mit diesen und ähnlichen Fragen sah sich Gerd Müller, Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (CSU), beim Jungwähler-Empfang der Jungen Union konfrontiert. Aber dann drehte es sich doch immer wieder auch um die Frage der Zuwanderung.
Aus seinem Verdienst machte Müller keinen Hehl: „Das sind gut 15 000 Euro im Monat“. Dass sich Abgeordnete innerhalb ihrer Fraktionen und in Ausschüssen mit künftigen Gesetzen beschäftigen, machte Müller ebenso klar, wie aus der vor Ort eingeforderten Präsenz. Denn: „Immerhin hat der Wahlkreis 240 000 Einwohner und umfasst 48 Gemeinden und Städte.“Gesetzgeber in Deutschland sei nun einmal der Bundestag: „Und dort entscheiden die Abgeordneten und nicht die Kanzlerin oder ein Minister.“Dass am Ende bei einer Abstimmung meistens Fraktionszwang bestehe, sei dem Anspruch der Wähler geschuldet, klare Positionierungen der Parteien zu erkennen. Allerdings wirke er als Abgeordneter bei der Meinungsbildung innerhalb der Fraktion mit.
Ein Jungwähler wollte wissen, ob Müller den Ausbau der Infrastruktur für die Elektromobilität befürworte. Die Antwort war ein klares „Ja“. Und doch schränkte Müller ein: Es mache keinen Sinn, auf Elektro-Autos umzusteigen, wenn der Strom dafür aus Kohlekraftwerken komme, denn: „Dann ist nicht viel gewonnen.“Zudem stellte Müller fest: „In diesem Bereich haben wir zehn Jahre verschlafen.“Persönlich wurde Müller, als es um den Umgang mit Politikern ging: „Das muss man aushalten.“Beschimpfungen und Anonymität im Internet seien aber ein Problem.
Die Fragerunde zeigte aber auch immer wieder, welches Thema die Jungwähler in besonderer Weise beschäftigt: Die Zuwanderung, insbesondere von Flüchtlingen. Ob er darin eine mögliche Lösung der demografischen Entwicklung sehe, wollte eine junge Lindauerin wissen. Müller verneinte das. Die Flüchtlingssituation sei primär eine humanitäre Herausforderung: „Wir müssen diesen Menschen helfen.“Das demografische Problem durch Flüchtlinge auszugleichen, „das sehe ich nicht“, stellte Müller fest. Allerdings: „Es dürfen nicht Schlepper auswählen, wer hierher kommt.“Daher stehe ein Fachkräfte-Zuwanderungsgesetz im Wahlprogramm der Union. Dass die Umfragewerte von Bundeskanzlerin Angela Merkel aufgrund des Flüchtlingsthemas gesunken seien und sie bei Wahlveranstaltungen immer häufiger mit Pfiffen konfrontiert sei, thematisierte einer der Jungwähler. „Das macht uns Sorgen“, räumte Müller ein. So drohe eine Radikalisierung von rechts und links. „Und die AfD bedient sich einer einfachen Sprache“, sagte Müller.
Die unkontrollierte Zuwanderung sei falsch gewesen, stellte der amtierende Bundes-Entwicklungshilfeminister auch fest. Ziel müsse es sein, die Perspektiven der Menschen in ihren Herkunftsländern zu verbessern. Die Chancen dafür sind aus Sicht von Müller gut: Dank der Digitalisierung seien die Ausgangschancen für junge Menschen heute weltweit angeglichen. Dank Internet und Smartphone sei der Zugriff auf das globale Wissen gegeben: „Das wird die Welt revolutionieren“, zeigte sich Müller überzeugt.
„Kommt zurück ins Allgäu“
Doch nicht nur die Jungwähler hatten Fragen. Auch Müller ging auf die Besucher der Veranstaltung zu und interessierte sich für deren Zukunftspläne. Und als von Studien fernab des Allgäus und geplanten Auslandsaufenthalten hörte, da appellierte Müller an die Anwesenden: „Kommt zurück ins Allgäu.“Immer wieder höre er von Firmen in der Region, dass es an jungen Fachkräften mangele. Hier seien aber auch die Kommunen gefragt, sich selbst attraktiv für junge Menschen zu halten. Eine Frage von Müller blieb weitgehend unbeantwortet: „Wo sind die anderen 2985?“. Denn angeschrieben hatte die Junge Union 3000 Erstwähler im Landkreis, gekommen waren aber nur 15. „Es geht bei der Wahl doch um Eure Zukunft, Ihr lebt noch viel länger“, stellte Müller fest. Einzig eine Abiturientin gab eine Mutmaßung als Antwort auf Müllers Frage: „Die Schulen thematisieren die Politik zu wenig.“Das liege auch an den Lehrern: „Sie sind teilweise richtig schlecht.“