Streit um Lehrerversorgung in Bayern
Wieder mehr Grundschüler im Freistaat – Schülerzahl insgesamt jedoch weiter rückläufig
MÜNCHEN - Am kommenden Dienstag beginnt in Bayern das neue Schuljahr. Die Schulorganisation sei darauf „wie immer gut vorbereitet“, sagte Bildungsminister Ludwig Spaenle (CSU) am Freitag in München. Die Zahl der Schulanfänger im Freistaat sei dem Bildungsministerium nach zum dritten Mal in Folge gestiegen – in diesem Jahr um 464 auf 112 400 (plus 0,4 Prozent).
Gleichwohl sinkt die Gesamtzahl der Schüler im Schuljahr 2017/2018 leicht um 0,2 Prozent auf 1,681 Millionen. Davon besuchen 1,261 allgemein bildende Schulen (minus 0,6 Prozent) und 420 000 berufliche Schulen (plus 0,9 Prozent). „Die demografische Rendite schmilzt jetzt dahin“, sagte Spaenle mit Blick auf die Trendumkehr bei Grundschülern. Mit einem Lehrer-Schüler-Verhältnis von eins zu 13,8 sei jetzt ein „Tiefstand“erreicht, so der Minister.
Neue Lehrpläne für alle weiterführenden Schulen mit dem Schwerpunkt Kompetenzvermittlung, der Einstieg in das wieder auf neun Jahre verlängerte Gymnasium und die Digitalisierung kennzeichnen das beginnende Schuljahr. Dagegen spielt die Debatte um die Integration schulpflichtiger Kinder mit Migrationshintergrund keine große Rolle mehr. Dass darüber nicht geredet werde, sei „die beste Botschaft“, sagte Spaenle. Dass zum Höhepunkt der Fluchtbewegung nach Deutschland 70 000 Kinder in das Schulsystem integriert worden seien, sei im besten Sinne „öffentlicher Dienst“. Formal beginnt das neunjährige Gymnasium zwar erst zum Schuljahr 2018/19. Die jetzigen Fünftklässler an den Gymnasien haben schon neun Jahre vor sich, versicherte Spaenle. Lehrpläne und Lernmittel für die 5. Klasse am Gymnasium seien fertig, sodass das G 9 im nächsten Jahr gleich mit den 5. und 6. Klassen starten könne.
Für alle Schularten wird ab nächste Woche ein „Lehrplan plus“gelten, kündigte Spaenle an. In den Worten des Ministers sei dies „nichts weniger als ein bildungsgeschichtlich historischer Moment“. Lehrer sollen nicht mehr nur reines Wissen abfragen, sondern vor allem den Umgang mit diesem vermitteln . Leistungstests sollen nicht länger nur zeigen, ob der Schüler abfragbares Wissen gespeichert hat, sondern ob er dieses anwendet.
Außerdem arbeite sein Haus an den anderen bildungspolitischen Baustellen, versicherte Spaenle: „Die digitale Bildung wird ausgebaut, die berufliche Bildung gestärkt, Inklusion und Ganztag sind auf einem guten Weg.“Nach den Zahlen des Ministeriums hat sich die Zahl der Gruppen, die an offenen Ganztagsschulangeboten teilnehmen, im Vergleich zum vergangenen Schuljahr um 600 auf 6250 erhöht. Bei der gebundenen Ganztagsschule mit verbindlichem Unterricht steigt diese Zahl um 2,1 Prozent auf 1097. Nicht beenden konnte Spaenle den Zank um die Lehrerversorgung. Wenn der Landtag dem vom Kabinett vorgelegten Bildungspaket zustimme, würden in den kommenden Jahren 2000 zusätzliche Lehrerstellen geschaffen, betonte Spaenle.
Die Landtags-SPD warf dem Ministerium fehlenden Mut bei der Reform des Gymnasiums vor. „Wir hätten die Chance, das Gymnasium neu aufzustellen – doch die wird im Moment versemmelt“, sagte der SPDBildungsexperte Martin Güll. So müsse sich die Lebenswirklichkeit stärker in den Lehr- und Lernplänen abbilden, mit digitaler Bildung von der ersten Minute an und mit mehr Alltagstauglichkeit. „Das bisschen Digitalisierung“, das hinzukommen solle, reiche da nicht aus.
Grüne beklagen „Mogelpackung“
Der bildungspolitische Sprecher der Grünen im Landtag, Thomas Gehring, bezeichnete diese Ankündigung umgehend als „Mogelpackung“. Von den 2000 zusätzlichen Lehrerstellen würden den Schülern erst zum nächsten Schuljahr lediglich 500 zugute kommen.
Der Bildungspolitiker der FreienWähler-Fraktion, Michael Piazolo, forderte eine stärkere Vernetzung von Ganztagsangeboten mit dem Vormittagsunterricht, den Ausbau digitaler Lernformate und einen stärkeren Fokus auf Demokratieund Werteerziehung. Dafür sei auch ausreichend Personal „nicht nur im Bereich der Lehrkräfte“nötig, so Piazolo.