Rüstig, gesund und zufrieden: Clara Reich feiert 95.
Lindauerin war in diesem Jahr 172 Mal im Bodensee baden
LINDAU-REUTIN - „Ich spüre schon ab und zu mein Alter, aber es ist zum Aushalten“, beschreibt Clara Reich den Umstand, dass sie nun 95 Jahre alt ist. Stadtrat Werner Schönberger gratulierte dem äußerst regen und agilen Geburtstagskind als offizieller Gratulant der Stadt.
„Wenn ein Festtag ist, ist das ein Grund, in die Kirche zu gehen“, begründet Clara, dass sie erst am späten Vormittag Zeit hat, Besuch zu empfangen. „Und dieser Geburtstag ist ein Festtag“. Vor halb elf sei nichts los, beschied sie allen, die ihr gratulieren wollten, „aber ich gehe zuerst in die Kirche, weil ich allen Grund habe zu danken“.
Was ist ihr Rezept, so fit zu sein in diesem hohen Alter, fragt man sich. Da gibt es vieles, hört man ihr eine Weile zu, wenn sie aus ihrem Leben und Alltag plaudert. Da wäre der Fakt, dass sie eine der ersten ist, die im Eichwald-Bad im See badet, und das täglich zweimal, wenn es ihre knapp bemessene Zeit hergibt, und eine der letzten, die ihre Seebad-Saison beenden. „172 Mal bin ich in diesem Jahr im See gewesen“, weiß sie genau. Und wenn das Eichwaldbad geschlossen hat, kostet das Baden nichts mehr, wobei sie die Kosten außer Acht lassen könnte. Schließlich hat sie eine Saisonkarte.
Jeden Morgen geht sie ihre Runde zu Fuß, früher im Eichwald und Wäsen, mittlerweile geht sie zum Friedhof. Nicht wegen der vielen Bekannten und Freunde, die dahin mittlerweile umgesiedelt sind, ihre Begründung ist eine andere: „Ich meine, ich muss nicht jeden Tag auf den Friedhof, aber er ist ein Ziel.“Ein Laufziel, versteht sich.
Geradelt wird bei jedem Wetter
Clara Reich Wenn sie nicht ihre Runde geht, ist sie mit dem Fahrrad unterwegs. Bei jedem Wetter, versteht sich. Da bekommt sogar der Pfarrer ein schlechtes Gewissen, wenn er bei Schmuddelwetter ins Auto sitzt und ihm die Clara auf dem Fahrrad begegnet, gesteht Georg Alois Oblinger ein.
Einen breiten Raum ihrer Aktivitäten nehmen die Besuche in den verschiedenen Altenheimen ein, in denen Schulfreundinnen leben, meist liegen. Denen liest sie dann vor, unterhält sie und bringt sie zum Lachen. „Vielleicht ist das meine Aufgabe, weil ich noch so fit bin“, sinniert Clara. Im Heuried ist sie jedenfalls die Älteste, ein Schulkamerad lebt auch noch im Heuriedweg, „aber der baut ziemlich ab“, bedauert sie. Sie genießt es jedenfalls, noch frei und selbstbestimmt leben zu können und wünscht sich, „nie ein Pflegefall zu werden“. Doch auch sie weiß, dass man sich das nicht aussuchen kann. Daher geht sie gerne und viel in die Kirche.
In ihrer Küche wird immer noch auf dem Holzherd gebrutzelt
„Sie sind eine zufriedene Frau“, sagt Werner Schönberger tief beeindruckt. „Ich bin lieber gesund als reich“, antwortet Clara Reich und beschreibt, warum in ihrem Häuschen nach wie vor kein Elektroherd Einzug gehalten hat, sondern der Holzherd in Ehren gehalten wird. „Morgens steh ich in der Früh auf, dann wird der Herd angemacht“. Eine Stunde später steht sie richtig auf, dann gibt es warmes Wasser für den Kaffee. Es sei vielleicht etwas umständlicher so, aber dafür habe sie stets warmes Wasser parat. Und spare Strom.
Zwei Kinder hat Clara Reich, der Sohn lebt oben im Haus, die Tochter in Italien. Vier Enkel und vier Urenkel hat sie auch, aber viel dürften die ihre Oma und Uroma nicht zu Gesicht bekommen, denn die ist immer noch viel unterwegs, sie es in der Kirche, bei ihrer Runde, in den Altenheimen oder dazwischen, auf dem Fahrrad.
„Ich bin lieber gesund als reich“