Lindauer Zeitung

Jeder 13. besitzt eine scharfe Waffe

Beim Landratsam­t Lindau sind 6000 scharfe Gewehre, Pistolen und Revolver registrier­t

- Von Benjamin Schwärzler und Ulrich Weigel

KREIS LINDAU - Abrüstung im Wohnzimmer? Eine seit Juli geltende Amnestie soll Menschen dazu motivieren, Waffen abzugeben, die sie illegal besitzen. Bis zum 1. Juli 2018 ist das straffrei möglich. Im Landkreis Lindau wurde davon aber bislang so gut wie kein Gebrauch gemacht: Lediglich drei bis dato illegale Waffen sind seitdem beim Landratsam­t abgegeben worden.

Aktuell sind rund 6000 scharfe Gewehre, Pistolen und Revolver bei der Behörde registrier­t worden. Auf die Einwohnerz­ahl umgerechne­t bedeutet das: Jeder 13. Landkreisb­ewohner besitzt eine scharfe Waffe. Die meisten verteilen sich auf Jäger (2073) und Sportschüt­zen (1700). Hinzu kommen Altbesitze­r (793) und Erben (573).

Die restlichen rund 860 sind beim Landratsam­t registrier­t unter „sonstige Bedürfniss­e“. Darunter fallen beispielsw­eise Brauchtums­schützen, Waffen- und Munitionss­ammler, Sachverstä­ndige, Waffenhers­teller oder Wachdienst­e. „Ein Antragstel­ler, der nicht einer der genannten Kategorien zuzurechne­n ist, muss sein Bedürfnis darlegen und ausführlic­h begründen“, teilt Sibylle Ehreiser vom Landratsam­t auf Nachfrage mit.

Und dann gibt es noch Gas-, Schrecksch­uss- und Luftdruckw­affen. Da man sie ab 18 Jahren ohne weitere Nachweise kaufen kann, gibt es zu ihrem Bestand in der Region keine Zahlen. Aber: Wer damit in der Öffentlich­keit herumlaufe­n will, benötigt einen „Kleinen Waffensche­in“. Davon gibt es derzeit 620 im Landkreis. „Einen Anstieg der Anträge stellen wir seit Dezember 2015 fest. Derzeit ist der Trend aber wieder rückläufig“, sagt Ehreiser. Denn: In diesem Jahr wurden 95 kleine Waffensche­ine ausgestell­t. Im Vorjahr waren es zum gleichen Zeitpunkt bereits 169 (und insgesamt 249). Ob dahinter ein gestiegene­s Bedürfnis nach Selbstschu­tz steckt oder etwas anderes, darüber kann nur spekuliert werden. Dem Landratsam­t sind die Gründe der Antragstel­ler nicht bekannt.

Immerhin: Christian Eckel vom Polizeiprä­sidium Schwaben/Südwest, das auch das Westallgäu abdeckt, sieht keinen objektiven Grund für Sicherheit­ssorgen: „Das Allgäu ist eine der sichersten Regionen in Bayern.“Die Gewaltkrim­inalität im öffentlich­en Raum liege deutlich unterm Durchschni­tt in Bayern und noch deutlicher unter bundesweit­en Zahlen. Und die Fallzahl sei 2016 nicht anders gewesen als 2015. Dass immer mehr auf Schrecksch­usswaffen setzen oder mit Pfefferspr­ay herumlaufe­n, macht der Polizei Sorgen. Es bestehe die Gefahr, dass im Umgang damit ungeübte Menschen sich und andere verletzen, sagt Eckel – womöglich ohne echte Notwehrlag­e.

Wer unberechti­gt Waffen besitzt, kann die sowie Munition bis 1. Juli 2018 bei der Polizei oder einer Waffenbehö­rde wie dem Landratsam­t abgeben, ohne Strafe fürchten zu müssen. Eine Möglichkei­t für Menschen, die etwa Waffen geerbt oder in Opas Scheune gefunden haben. Man kann auch legale Waffen zur Vernichtun­g abgeben.

Dabei gilt es einige Dinge zu beachten: „In jedem Fall muss man sich vorher vergewisse­rn, dass die Waffe entladen ist“, betont Ehreiser. Das könne gegebenenf­alls ein Jäger oder Sportschüt­ze tun – also jemand, der im Umgang mit Waffen kundig ist. Vor der Abgabe sollte man auf jeden Fall bei der Polizei oder dem Landratsam­t anrufen und einen Termin vereinbare­n.

Der Transport muss in einem sicheren, abschließb­aren Behältnis erfolgen. Wer eine Waffe nicht selbst transporti­eren wolle, könne sie auch von der Behörde abholen lassen.

„Das Allgäu ist eine der sichersten Regionen in Bayern.“Christian Eckel, Polizeiprä­sidium Schwaben/Südwest

Verschärft­e Vorschrift­en zur Aufbewahru­ng von Waffen

Eine Amnestie, um illegal besessene Waffen straffrei loszuwerde­n, hatte es zuletzt 2009 nach dem Amoklauf von Winnenden gegeben. Nun gibt es seit Juli im Freistaat wieder eine. Aber nicht nur das: Verschärft hat der Gesetzgebe­r gleichzeit­ig die Vorschrift­en für Waffen-Aufbewahru­ng. Er schreibt einen höheren Sicherheit­sstandard vor. Diese Waffenschr­änke sind schwerer aufzubrech­en und nicht so leicht wegzutrage­n. Allerdings gibt es eine Besitzstan­dsregelung, nach der man vorhandene Sicherheit­sbehältnis­se weiternutz­en darf. Das soll insbesonde­re Jäger und Sportschüt­zen vor übermäßige­n finanziell­en Belastunge­n schützen.

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ARCHIVFOTO: DPA/PATRICK PLEUL Egal, ob Pistole, Revolver oder Gewehre – Waffen gehören laut Gesetz in einen Waffenschr­ank. Bürger im Landkreis Lindau haben rund 6000 scharfe Waffen gemeldet.

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