Jeder 13. besitzt eine scharfe Waffe
Beim Landratsamt Lindau sind 6000 scharfe Gewehre, Pistolen und Revolver registriert
KREIS LINDAU - Abrüstung im Wohnzimmer? Eine seit Juli geltende Amnestie soll Menschen dazu motivieren, Waffen abzugeben, die sie illegal besitzen. Bis zum 1. Juli 2018 ist das straffrei möglich. Im Landkreis Lindau wurde davon aber bislang so gut wie kein Gebrauch gemacht: Lediglich drei bis dato illegale Waffen sind seitdem beim Landratsamt abgegeben worden.
Aktuell sind rund 6000 scharfe Gewehre, Pistolen und Revolver bei der Behörde registriert worden. Auf die Einwohnerzahl umgerechnet bedeutet das: Jeder 13. Landkreisbewohner besitzt eine scharfe Waffe. Die meisten verteilen sich auf Jäger (2073) und Sportschützen (1700). Hinzu kommen Altbesitzer (793) und Erben (573).
Die restlichen rund 860 sind beim Landratsamt registriert unter „sonstige Bedürfnisse“. Darunter fallen beispielsweise Brauchtumsschützen, Waffen- und Munitionssammler, Sachverständige, Waffenhersteller oder Wachdienste. „Ein Antragsteller, der nicht einer der genannten Kategorien zuzurechnen ist, muss sein Bedürfnis darlegen und ausführlich begründen“, teilt Sibylle Ehreiser vom Landratsamt auf Nachfrage mit.
Und dann gibt es noch Gas-, Schreckschuss- und Luftdruckwaffen. Da man sie ab 18 Jahren ohne weitere Nachweise kaufen kann, gibt es zu ihrem Bestand in der Region keine Zahlen. Aber: Wer damit in der Öffentlichkeit herumlaufen will, benötigt einen „Kleinen Waffenschein“. Davon gibt es derzeit 620 im Landkreis. „Einen Anstieg der Anträge stellen wir seit Dezember 2015 fest. Derzeit ist der Trend aber wieder rückläufig“, sagt Ehreiser. Denn: In diesem Jahr wurden 95 kleine Waffenscheine ausgestellt. Im Vorjahr waren es zum gleichen Zeitpunkt bereits 169 (und insgesamt 249). Ob dahinter ein gestiegenes Bedürfnis nach Selbstschutz steckt oder etwas anderes, darüber kann nur spekuliert werden. Dem Landratsamt sind die Gründe der Antragsteller nicht bekannt.
Immerhin: Christian Eckel vom Polizeipräsidium Schwaben/Südwest, das auch das Westallgäu abdeckt, sieht keinen objektiven Grund für Sicherheitssorgen: „Das Allgäu ist eine der sichersten Regionen in Bayern.“Die Gewaltkriminalität im öffentlichen Raum liege deutlich unterm Durchschnitt in Bayern und noch deutlicher unter bundesweiten Zahlen. Und die Fallzahl sei 2016 nicht anders gewesen als 2015. Dass immer mehr auf Schreckschusswaffen setzen oder mit Pfefferspray herumlaufen, macht der Polizei Sorgen. Es bestehe die Gefahr, dass im Umgang damit ungeübte Menschen sich und andere verletzen, sagt Eckel – womöglich ohne echte Notwehrlage.
Wer unberechtigt Waffen besitzt, kann die sowie Munition bis 1. Juli 2018 bei der Polizei oder einer Waffenbehörde wie dem Landratsamt abgeben, ohne Strafe fürchten zu müssen. Eine Möglichkeit für Menschen, die etwa Waffen geerbt oder in Opas Scheune gefunden haben. Man kann auch legale Waffen zur Vernichtung abgeben.
Dabei gilt es einige Dinge zu beachten: „In jedem Fall muss man sich vorher vergewissern, dass die Waffe entladen ist“, betont Ehreiser. Das könne gegebenenfalls ein Jäger oder Sportschütze tun – also jemand, der im Umgang mit Waffen kundig ist. Vor der Abgabe sollte man auf jeden Fall bei der Polizei oder dem Landratsamt anrufen und einen Termin vereinbaren.
Der Transport muss in einem sicheren, abschließbaren Behältnis erfolgen. Wer eine Waffe nicht selbst transportieren wolle, könne sie auch von der Behörde abholen lassen.
„Das Allgäu ist eine der sichersten Regionen in Bayern.“Christian Eckel, Polizeipräsidium Schwaben/Südwest
Verschärfte Vorschriften zur Aufbewahrung von Waffen
Eine Amnestie, um illegal besessene Waffen straffrei loszuwerden, hatte es zuletzt 2009 nach dem Amoklauf von Winnenden gegeben. Nun gibt es seit Juli im Freistaat wieder eine. Aber nicht nur das: Verschärft hat der Gesetzgeber gleichzeitig die Vorschriften für Waffen-Aufbewahrung. Er schreibt einen höheren Sicherheitsstandard vor. Diese Waffenschränke sind schwerer aufzubrechen und nicht so leicht wegzutragen. Allerdings gibt es eine Besitzstandsregelung, nach der man vorhandene Sicherheitsbehältnisse weiternutzen darf. Das soll insbesondere Jäger und Sportschützen vor übermäßigen finanziellen Belastungen schützen.