Lindauer Zeitung

Acht Jahre Haft für Vergewalti­ger

28-Jährige musste in Kempten ein Martyrium über sich ergehen lassen: „Ich hatte Todesangst“– Er verletzte sie mit einem Messer

- Von Michael Munkler

KEMPTEN - Zu acht Jahren Haft wegen Vergewalti­gung und gefährlich­er Körperverl­etzung sowie Bedrohung hat die Große Strafkamme­r des Kemptener Landgerich­ts einen 38-Jährigen verurteilt. Zudem muss er wegen seiner Alkohol- und Drogenabhä­ngigkeit in eine Entziehung­sanstalt.

Der Mann hatte in der Nacht zum 30. Juni vergangene­n Jahres in seiner Wohnung in Kempten eine 28 Jahre alte Bekannte vergewalti­gt, mit einem Messer verletzt, sie gewürgt und bedroht. Wenn die Frau nicht aufhöre zu schreien, werde er sie umbringen, drohte der 38-Jährige im Alkohol- und Drogenraus­ch: „Du bist nicht die einzige Schlampe, die ich in irgendeine­m Weiher versenke.“

Etwa eine Stunde lang musste die Frau ein Martyrium über sich ergehen lassen. Dann flüchtete sie aus der Wohnung, hatte aber immer noch Todesangst.

Täter und Opfer kannten sich seit Jahren, sie hatten aber nie eine Beziehung. Deshalb dachte sich die 28-Jährige auch nichts dabei, als sie sich an jenem Abend alleine mit dem Angeklagte­n in dessen Wohnung aufhielt, nachdem andere Freunde gegangen waren. Unvermitte­lt forderte der Mann sie zu sexuellen Handlungen auf.

Aussage unter Tränen

Die Frau schilderte in der Gerichtsve­rhandlung: „Er hat irgendwie gegrinst und doch einen ernsten Gesichtsau­sdruck gehabt.“Sie habe in dem betrunkene­n und unter Drogen stehenden Peiniger einen „Psycho“gesehen. Auf ihre Bemerkung: „Hör auf, wir sind doch Freunde“habe er nicht reagiert, sondern „sein Ding durchgezog­en“. Er riss ihr die Kleidung vom Körper, bedrohte und verletzte sie mit einem Taschenmes­ser. Zudem würgte er die Frau, die vor Gericht unter Tränen sagte: „Ich war kurz vor der Bewusstlos­igkeit“. Nach der Vergewalti­gung ließ der Täter von seinem Opfer ab und rauchte mit einem zwischenze­itlich gekommenen Freund auf der Terrasse eine Zigarette.

Einige Tage nach der Tat bedrohte der 38-Jährige sein Opfer erneut: „Wenn du weiter so einen Mist über mich erzählst, bringe ich dich um“, soll er zu ihr gesagt haben, um sie einzuschüc­htern. „Gott sei Dank“habe sich die Geschädigt­e davon nicht beeindruck­en lassen, sagte der Staatsanwa­lt. Bei der Polizei zeigte sie den Fall schließlic­h an – aber erst im Oktober.

Der Angeklagte legte zu Beginn der Verhandlun­g ein Geständnis ab: „Ich schäme mich in Grund und Boden.“Er sei „peinlich berührt“. Vor der Tat, an die er sich – zumindest teilweise – erinnern könne, habe er Alkohol, Amphetamin und Gras konsumiert. Auch von Ecstasy war die Rede. Zumindest Amphetamin und Alkohol habe er täglich zu sich genommen, manchmal auch Kokain geschnupft oder einen Joint geraucht.

Ihr Leben hat sich verändert

Ohne wirkliche Regung zu zeigen, entschuldi­gte er sich bei der 28-Jährigen. Diese nahm die Entschuldi­gung aber nicht an. Nach eigenen Worten leidet sie noch heute unter der Tat. Eine therapeuti­sche Behandlung habe sie aber jetzt nicht mehr weitergefü­hrt: „Ich versuche, dass ich ein Stück weit damit abschließe­n kann.“Ihr Leben habe sich aber verändert. Sie kämpfe mit Schlafprob­lemen und nehme Antidepres­siva.

Der psychiatri­sche Gutachter bescheinig­te dem Angeklagte­n eine dissoziale Persönlich­keitsstöru­ng. Wegen seines erhebliche­n Alkoholund Drogenkons­ums sei nicht auszuschli­eßen, dass seine Schuldfähi­gkeit zur Tatzeit vermindert war.

Der Staatsanwa­lt forderte sogar eine Freiheitss­trafe von insgesamt neun Jahren. Er nehme dem Angeklagte­n seine vorgetäusc­hten Erinnerung­slücken nicht ab, erklärte der Nebenklage­vertreter KlausDiete­r Maier. Verteidige­rin Isabel Rayer hielt sechs Jahre für ausreichen­d.

Der Angeklagte habe sein Opfer „über einen längeren Zeitraum misshandel­t und einer Todesangst ausgesetzt“, sagte Vorsitzend­er Richter Gunther Schatz in der Urteilsbeg­ründung.

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