Nachträgliche Analyse zu Sexualdelikten
Herrmann und Bausback stellen „Sieben-Punkte-Programm“zur Bekämpfung vor
MÜNCHEN - Gut eine Woche nach der Vorlage gestiegener Zahlen zu Sexualdelikten in Bayern hat die Staatsregierung eine erste Analyse nachgeliefert und eine intensivere Bekämpfung der Taten angekündigt. Dem Anstieg will man mit einem „Sieben-Punkte-Programm“entgegentreten. Dazu gehöre verstärkte Präsenz von Polizei, Ausbau der Videoüberwachung, verstärkte Abschiebung ausländischer Täter sowie einige Gesetzesänderungen, sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) am Mittwoch in München.
Bei der Vorstellung der polizeilichen Kriminalstatistik für das erste Halbjahr 2017 hatte Herrmann einen überproportionalen Anstieg der Sexualdelikte einräumen müssen. Insbesondere die Zahl der Vergewaltigungen und sexuellen Nötigungen in schweren Fällen ist gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 47,9 Prozent auf 685 Fälle gestiegen. Besorgnis hatte dabei auch die Tatsache ausgelöst, dass die Zahl der Zuwanderer unter den ermittelten Tatverdächtigen um 90,9 Prozent auf 126 geklettert ist.
Am Mittwoch nun legte Herrmann zusätzliche Informationen zu den „überfallartigen Vergewaltigungen durch Einzeltäter“vor, die die Bürger in ihrem Sicherheitsempfinden wie etwa Überfälle auf Joggerinnen besonders beeinträchtigten. Im ersten Halbjahr 2017 wurden zunächst 71 dieser Delikte registriert, nur drei mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres.
Einen „gewissen Trend“liest Herrmann bei der Täterstruktur ab. So ging die Zahl der deutschen Tatverdächtigen von 25 auf 20 und die der „nichtdeutschen Tatverdächtigen ohne Zuwanderer“von elf auf acht zurück, während 17 Zuwanderer (Vorjahr: neun) als mutmaßliche Täter ermittelt wurden. Bayerns Justizminister Winfried Bausback (CSU) bezifferte die Zahl der wegen Sexualstraftaten inhaftierten Verurteilten im Freistaat auf 560 zum Beginn dieses Jahres. Zwei Jahre zuvor seien es 385 gewesen. Darunter waren zuletzt 215 Ausländer (2015: 130).
Durch die jüngste Verschärfung des Sexualstrafrechts ergäben sich aber zwangsläufig Steigerungen bei den anderen erfassten Sexualstraftaten, sagte Herrmann und rückte damit die Statistik zurecht. Auch die gestiegene Sensibilität in der Öffentlichkeit sowie eine erhöhte Anzeigebereitschaft habe die Zahl aller Sexualdelikte in Bayern in den ersten sechs Monaten dieses Jahres um 18,5 Prozent auf 3485 ansteigen lassen. Außerdem nehme die Zahl der Zuwanderer mit teilweise abweichendem kulturellen Hintergrund zu, hat eine eigens zu dieser Problematik eingesetzte Polizei-Expertengruppe festgestellt.
Herrmann für mehr Härte
Nach dem Geschmack Herrmanns, der am kommenden Sonntag als Spitzenkandidat der CSU für den Bundestag kandidiert, ist das Ausweisungsrecht noch zu lasch. Der Ausschluss der Flüchtlingsanerkennung sollte bereits bei einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren einsetzen (bisher drei Jahre), bei Verurteilung von drei Jahren und mehr müsse auch der Aufenthaltstitel erlöschen, forderte Herrmann. Ausländische Straftäter müssten bereits aus der Strafhaft henaus abgeschoben werden. Er habe überhaupt kein Verständnis für die Kritik an der Abschiebung zweier Vergewaltiger und eines Gewaltstraftäters in der vergangenen Woche nach Afghanistan, so Bayerns Innenminister.
Zusätzlich zum daktyloskopischen (physischen) Fingerabdruck müsse Straftätern auch der genetische Fingerabdruck in Form einer DNA-Probe abgenommen werden, forderte Justizminister Bausback. Das könne bei der Täterermittlung erheblich helfen. Man denke darüber nach, die Registrierungsprozedur auf EU-Ebene, bei der schon jetzt ein physischer Fingerabdruck abgegeben wird, ebenfalls durch einen DNA-Fingerabdruck zu ergänzen, ließ Herrmann durchblicken.
Darüber hinaus besteht nach Ansicht Bausbacks „weiterer rechtspolitischer Handlungsbedarf“. Der bayerische Justizminister möchte dem „kulturellen Rabatt“, den Strafrichter mitunter Zuwanderern entgegenbringen, einen Riegel vorschieben und ihnen verbieten, die Strafen aus Rücksicht auf die kulturelle oder religiöse Prägung des Angeklagten zu mindern. Sexualstraftäter müssten „die volle Härte des Gesetzes“erfahren und die deutsche Rechts- und Werteordnung ohne Einschränkungen akzeptieren.