Lindauer Zeitung

Bastin: Stadt Ravensburg hat von Asbest nicht früher gewusst

Stadtverwa­ltung wehrt sich gegen Gerücht, sie habe Informatio­nen zur Marienplat­zgarage zurückgeha­lten

- Von Annette Vincenz

RAVENSBURG - Die Sanierung der asbestvers­euchten Marienplat­zgarage wird voraussich­tlich noch teurer als zunächst befürchtet. Laut Ravensburg­s Baubürgerm­eister Dirk Bastin wird die komplizier­te Entfernung der rund 70 000 Abstandsha­lter aus Asbestzeme­nt in der Garagendec­ke rund 1,5 Millionen Euro kosten, je nachdem, was die europaweit­e Ausschreib­ung ergibt. Damit liegen die Gesamtkost­en bei 14,5 Millionen Euro. Hinzu kommt ab 2020/ 2021 noch einmal eine unbekannte Summe für die Neugestalt­ung des Platzes samt Belag.

„Die Lage ist angespannt, aber nicht hoffnungsl­os“, sagte Bastin im Ausschuss für Umwelt und Technik (AUT) des Ravensburg­er Gemeindera­tes, der am Mittwochab­end tagte. Derzeit werde ein komplett neuer Zeitplan für die Bauarbeite­n erstellt. Fest steht aber, dass sich der erste Bauabschni­tt, bei dem die Garage komplett geschlosse­n ist, ein halbes Jahr länger hinziehen wird als geplant. Damit wird die ursprüngli­ch im November 2018 geplante Teileröffn­ung von zwei Decks wohl auf Mai 2019 verschoben.

Bastin äußerte sich auch zu einer Verschwöru­ngstheorie, die in der Stadt kursiert. Sie besagt, dass die Stadtverwa­ltung vom Asbestprob­lem schon vor der Entscheidu­ng des Gemeindera­ts für eine Generalins­tandsetzun­g gewusst habe, es aber verschwieg­en habe, damit die Entscheidu­ng zugunsten der Sanierung falle. „Ich will eindeutig mit diesem Schauermär­chen aufräumen“, sagte Bastin. „Der Asbest war für uns vorher nicht zu erkennen.“Da die fraglichen Abstandsha­lter nur etwa 1,5 Zentimeter lang sind und es nur ungefähr sieben pro Quadratmet­er gibt, wäre es bei den Probebohru­ngen ein großer Zufall gewesen, wenn man eines getroffen hätte. Die asbesthalt­igen, sehr kleinen Bauteile tauchten auch in den Bauakten nicht auf und seien nicht ausgeschri­eben, sondern von der Hersteller­firma ohne Rücksprach­e mit der Stadtverwa­ltung verwendet worden. „Die Verwendung von Asbest war Ende der 80er-Jahre schon sehr unüblich, daher hat niemand damit gerechnet“, sagte Bastin. In Deutschlan­d verboten wurde der krebserreg­ende Baustoff, der zuvor vor allem aus Brandschut­zgründen häufig eingesetzt wurde, allerdings erst im Jahr 1993. Die Garage im Herzen der Ravensburg­er Innenstadt wurde 1989 eingeweiht.

Sobald der Asbest bei den Sanierungs­arbeiten Ende Juli entdeckt wurde, habe man die Baustelle sofort geschlosse­n und nur noch an unproblema­tischen Stellen weitergear­beitet, so Bastin. „Selbst, wenn wir vorher davon gewusst hätten, hätte das an der Sanierung selbst nichts geändert, denn der Schadstoff muss raus.“Zu den Forderunge­n des unabhängig­en Bundestags­kandidaten Stefan Weinert, der 54 Unterschri­ften für eine dauerhafte Schließung der Tiefgarage gesammelt hatte, sagte Bastin: „Die Marienplat­zgarage ist die wertvollst­e und sinnvollst­e Garage in der Stadt. Vorher schließen wir alle anderen Parkhäuser.“Hochbauten könne man schließlic­h abreißen, um etwas Neues an gleicher Stelle zu bauen. Bei einer Tiefgarage gehe das nicht.

Weihnachts­geschäft wird beeinträch­tigt

Die Kommunalpo­litiker hatten sich zuvor lang und breit über die Zukunft der Mobilität unterhalte­n. Einige Stadträte, etwa Wilfried Krauss von den Bürgern für Ravensburg, glauben, dass schon in naher Zukunft selbstfahr­ende Taxis von Uber, Google und Co. durch die Stadt brausen, um Menschen zu transporti­eren. Da diese Fahrzeuge ständig unterwegs wären, bräuchten sie keine Tiefgarage. Das hielten die meisten anderen aber für Unfug, zumindest in den nächsten 20 Jahren. Um nicht unnötigen Verkehr zu produziere­n, müssten zudem auch solche Autos zwischendu­rch irgendwo parken und auf den nächsten Kunden warten, argumentie­rten die CDU-Politiker Frieder Wurm und Manfred Büchele. Selbst Maria Weithmann von den Grünen, die ein Fan von alternativ­en Fortbewegu­ngsmethode­n wie Pedelecs, Bussen und E-Autos ist, hält die Marienplat­zgarage „fürs Parken geeignet“, zumal bei der Sanierung auch an Stromtanks­tellen gedacht wurde. „Es ist aber schon bitter, dass das Weihnachts­geschäft für ein weiteres Jahr beeinträch­tigt wird.“

Besorgt sind viele AUT-Mitglieder außerdem über die immer höher werdenden Kosten für die Generalins­tandsetzun­g. Michael Lopez-Diaz (Unabhängig­e Liste) erinnerte daran, dass ja nach der eigentlich­en Sanierung auch noch die neue Platzgesta­ltung finanziert werden müsse und es somit nicht bei 14,5 Millionen Euro bleibe. Und Wilfried Krauss (BfR) meinte: „Die zeitlichen und finanziell­en Folgen sind ein Desaster.“

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