Lindauer Zeitung

Die Wiedergebu­rt der „Landshut“

Antonow bringt den Rumpf des geschichts­trächtigen Flugzeuges nach Friedrichs­hafen

- Von Tanja Poimer und Martin Hennings

FRIEDRICHS­HAFEN - So mancher Zuschauer fühlte sich an eine Walgeburt erinnert, als sich am Samstagvor­mittag auf dem Bodensee-Airport nach und nach der Rumpf der „Landshut“aus dem Bauch der Antonow 124 schob. Und tatsächlic­h war es auch eine Art Wiedergebu­rt: Der Riesenfrac­hter hatte die Boeing 737 von Fortaleza in Brasilien nach Friedrichs­hafen in Deutschlan­d gebracht, wo sie 40 Jahre nach ihrer dramatisch­en Entführung restaurier­t und ab Herbst 2019 in einem eigenen Trakt des Dornier-Museums ausgestell­t werden soll.

Wie sieht sie denn jetzt aus, die „Landshut“?

Die Boeing 737 hat ohne Zweifel schon deutlich bessere Zeiten gesehen. Kein Wunder, die „Landshut“stand, seit sie 2008 endgültig aus dem Betrieb genommen worden ist, am Rande des Flughafens in Fortaleza und verrottete vor sich hin. Die Folge: Das Flugzeug erstrahlt längst nicht mehr in Lufthansa-Weiß mit blauem Streifen und Logo, sondern trägt schmutzige­s Grau mit schwarzen Schlieren. Höchste Zeit für die Restaurier­ung, zumal die Maschine in Brasilien verschrott­et werden sollte, wie der Co-Pilot des Jahres 1977, Jürgen Vietor, am Samstag erzählte.

Wie lief die Ankunft der „Landshut“ab?

Wer nach 8 Uhr morgens zum Flughafen kam, der musste schon mit ein bisschen Stau rechnen. Ungefähr 4000 Besucher hat das Dornier-Museum gezählt, etwa 2000 Würstchen gingen über die Tresen. Um 9.21 Uhr landete die Antonow mit Rumpf und Tragfläche­n der „Landshut“an Bord, begleitet von Applaus und dem Klicken zahlreiche­r Fotoappara­te. Langsam und mit ohrenbetäu­bendem Lärm rollte die Maschine auf ihre Parkpositi­on. Zeitzeugen, Mitarbeite­r von Flughafen und Museum sowie etwa 100 Journalist­en hielt es nicht lange hinter der Absperrung vor dem Tower. Um 11.49 Uhr öffnete sich die Ladeklappe: die „Landshut“kam ganz langsam zum Vorschein. Eine Rampe wurde gebaut, zwei riesige Kräne hievten das Wrack auf einen Tieflader, der den Flugzeugru­mpf später vor die Schaulusti­gen am Museumszau­n fuhr.

Um 13.02 Uhr kam die Iljuschin mit weiteren Teilen. Erst danach und viel später als vorgesehen begannen Gespräche mit Zeitzeugen auf einer Bühne im Museums-Hangar. Um 17 Uhr war der Tag der offenen Tür vorbei. In den Spendenbox­en lagen laut Museum ungefähr 10 000 Euro.

Wer war dabei – und wer nicht?

Die Bundespoli­tik glänzte am Tag vor der Wahl komplett, die regionale Politpromi­nenz weitgehend durch Abwesenhei­t. Landrat Lothar Wölfle (CDU) war vor Ort, ebenso der Vorsitzend­e der SPD im Kreistag, Norbert Zeller, und die beiden CDU-Gemeinderä­te Norbert Fröhlich und Bruno Kramer. Friedrichs­hafens Oberbürger­meister Andreas Brand hatte andere Termine, hieß es.

Wer hat die „Landshut“gebracht?

Sie wurde sicher genauso oft fotografie­rt wie der „Landshut“-Rumpf: die Antonow AN 124, eines der größten Frachtflug­zeuge der Welt. 69 Meter lang, 173 Tonnen schwer, Flügelspan­nweite 73 Meter. Auch der zweite Frachter war kein kleiner. Die Iljuschin 76 ist 50 Meter breit. Sie flog am Sonntag um 13.30 Uhr wieder ab, die AN 124 um 16 Uhr.

Wie war die Stimmung?

Fröhlich, interessie­rt, klar pro „Landshut“. Bei den Besuchern des Bürgerfest­es hat das Projekt sicher eine Mehrheit. Manchmal hatte der Tag ein paar Längen, aber wer wollte das kritisiere­n angesichts der großen logistisch­en Aufgabe, ein Flugzeug mit einem Flugzeug um den halben Globus zu fliegen. 15 Experten der Lufthansa-Technik hatten den historisch­en Vogel in Brasilien demontiert. Arbeitszei­t: 4000 Stunden.

Und was passiert jetzt?

Bisher war das Außenminis­terium beim „Landshut“-Projekt federführe­nd, jetzt ist es die Staatsmini­sterin für Kultur und Medien, Monika Grütters (CDU). Sie wird einen wissenscha­ftlichen Beirat einberufen und die Erarbeitun­g eines Ausstellun­gskonzepte­s in die Wege leiten. Die „Landshut“wird in einem eigenen Trakt beim Dornier-Museum zu sehen sein, der separat zugänglich sein soll. Geplante Eröffnung: 2019. Bis dahin wird die „Landshut“im Hangar Whiskey eingelager­t und dann restaurier­t, wenn das Ausstellun­gskonzept steht. JOURNAL

 ?? FOTO: JULIAN PAWLOWSKI ?? Dagegen ist der Zeppelin NT ein Zwerg: die Antonow AN 124 mit der „Landshut“an Bord. Die Entladung wird vorbereite­t.
FOTO: JULIAN PAWLOWSKI Dagegen ist der Zeppelin NT ein Zwerg: die Antonow AN 124 mit der „Landshut“an Bord. Die Entladung wird vorbereite­t.
 ?? FOTO: JULIAN PAWLOWSKI ?? Platz in der ersten Reihe: Zaungäste mit bestem Blick.
FOTO: JULIAN PAWLOWSKI Platz in der ersten Reihe: Zaungäste mit bestem Blick.

Newspapers in German

Newspapers from Germany