Literaturkreis in Lindau wird 30 Jahre alt
Bei den gemeinsamen Bücherdiskussionen steht immer die Begegnung im Vordergrund
LINDAU - Thomas Mann, Fernando Pessoa oder Gert Heidenreich: Für die diesjährige Saison des Literaturkreises im Hospiz haben sich Sabine Kaiser und ihr Team ganz besondere Autoren ausgesucht. Denn seit 30 Jahren setzen sich Literaturbegeisterte zusammen, um miteinander zu lesen und um über Bücher zu diskutieren.
Vor 30 Jahren hat alles begonnen. „Die ursprüngliche Idee stammt von Erhard Müller, einem ehemaligen Kollegen meines Mannes“, sagt Carin Föhr, eine der Organisatorinnen des Kreises. Mitte der 80er habe dieser vorgeschlagen, sich zu treffen, um gemeinsam zu lesen. Mit dem ehemaligen Stadtrat Rudi Winkler und dem ehemaligen Pfarrer Georg Kugler habe er den Literaturkreis ins Leben gerufen. „Wir haben die interessanten Gespräche sehr genossen“, sagt Kaiser. Vor allem Winkler habe die Teilnehmer sehr dazu animiert, sich bei der Organisation einzubringen. Deshalb würden mittlerweile die Teilnehmer selber die Bücher aussuchen, die sie im Literaturkreis lesen.
Und die sind immer bunt gemischt. „Im Vorbereitungskreis schlagen wir Bücher vor und legen das Programm fest“, sagt Kaiser. Bei der Auswahl der Bücher seien keine Grenzen gesetzt: Die Teilnehmer des Kreises lesen zum Beispiel moderne Literatur oder internationale Bücher. Eine Teilnehmerin habe einmal einen finnischen Autor vorgeschlagen. Das sei der große Vorteil am Literaturkreis: Die Leute würden an Bücher kommen, die sie sonst nie kennengelernt hätten. „Niemand würde einfach so einen finnischen Satiriker lesen“, sagt Kaiser. Das Programm folge aber in jeder Saison einem Motto. Einmal im Jahr besprechen die Teilnehmer des Literaturkreises, welche Bücher sie im kommenden Jahr lesen wollen. Die Programme würden sie dann in Bibliotheken und Bücherläden auslegen.
Der Literaturkreis trifft sich dann ungefähr alle sechs Wochen, um eines der Bücher im Programm zu besprechen. Jeder ist dazu eingeladen, es können auch Leute dazu kommen, die das Buch nicht vorher gelesen haben. „Die Begegnung steht bei den Treffen im Vordergrund“, sagt Kaiser. Es gehe darum, Leute zu treffen, die eine andere Perspektive haben. Darum, mit anderen seine Gedanken auszutauschen.
Träger des Literaturkreises ist die evangelische Gemeinde. Deshalb treffen sich die Teilnehmer auch im evangelischen Gemeindehaus Hospiz zum Lesen. „Viele bringen uns mit Sterbehilfe in Verbindung“, sagt Kaiser. „Das hat aber damit gar nichts zu tun.“Manchmal würden sie auch Literaturgottesdienste abhalten. Dann, wenn sich ein Thema des Kreises mit Religion verbinden lasse. Einmal hätten sie das Motto „Unvergessen“gehabt und unter anderen das Buch „Der alte König in seinem Exil“gelesen, das sich mit dem Thema Demenz auseinandersetzt. Kaiser sagt: „Mit dem Gottesdienst, der daraus entstanden ist, sind wir sogar zu den Kirchentagen eingeladen worden.“
Der Literaturkreis im Hospiz feiert sein 30-jähriges Bestehen am Freitag, 6. Oktober, um 19 Uhr in den Räumen der evangelischen Gemeinde Hospiz am Paradiesplatz 1 auf der Insel in Lindau. Um Anmeldung wird gebeten bei Sabine Kaiser unter der Telefonnummer 08382 / 745 17 oder bei Carin Föhr erreichbar per E-Mail an Carin.Foehr@gmx.de