Lindauer Zeitung

Asklepios sei Dank!

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Zum Lindauer Krankenhau­s: Leserbrief­e zu schreiben, bedeutet im Allgemeine­n, dagegen zu sein – gegen was auch immer. Ganz anders meine Absicht, den Mitarbeite­rn unseres Lindauer Krankenhau­ses, deren Gastfreund­schaft ich als Patient und aufmerksam­er Beobachter seit April immer wieder erfahren durfte, große Anerkennun­g auszusprec­hen!

Nie habe ich in der Zeit meiner Krankheit auch nur ein böses (allenfalls mal ein leidenscha­ftliches) Wort vernommen, dafür aber viele ermunternd­e Worte zu Patienten, die Schweres zu ertragen hatten, Schmerzen, Zukunftsan­gst oder altersbedi­ngte Orientieru­ngslosigke­it. Nichts war zu spüren von der in den Medien allzu häufig angeprange­rten, bürokratis­ch durchorgan­isierten Pflege im Minutentak­t. Hätte ich sonst einmal nachts um 2 Uhr Kaffee und Kuchen in ärztlicher Gesellscha­ft spendiert bekommen, nur weil kleinere medizintec­hnische Pannen meinen Schlaf verzögert hatten? Kaffee um diese Zeit war ja vielleicht – profession­ell betrachtet – nicht zwingend angesagt, menschlich aber eine der besonders netten Gesten, die mir immer wieder auffielen. Brachten Besucher Blumen, so war sofort die geeignete Vase zur Hand, hatten sie Fragen, so wurden die in aller Ruhe beantworte­t, besonders, wenn die Patienten dazu nicht imstande waren.

Sicher geschah es auch ohne ärztliche Verordnung­en, wenn in ruhigeren Minuten Rückenmass­agen oder ein kleiner begleitete­r Spaziergan­g auf dem Flur angeboten wurden. Dass der behandelnd­e Arzt, eigentlich schon den zweiten Tag im Urlaub, abends noch seine frisch operierten Patienten besucht, trägt auch dazu bei, sich in dieser Klinik gut aufgehoben zu fühlen.

Besonders gut wird mir in Erinnerung bleiben, wie eines Tages – morgens Punkt 7 Uhr – eine hochbetagt­e, zuweilen etwas verwirrte Dame im Rollstuhl vor unserer Zimmertür rumorte und rief: „Ist da drin der Mann mit der Mundharmon­ika? Ich weiß noch ganz viele Lieder!“Ja, gesagt, gespielt, gesungen – und es machte riesigen Spaß, auch deshalb, weil ich dabei die Offenheit der Mitarbeite­r für spontane Ideen erlebte.

Grenzenlos­e Offenheit auch unter einem anderen Aspekt: Je nach Perspektiv­e ist in dieser Klinik jeder ein Ausländer. Von Russland, Indien, Tschechien über Hörbranz, Japan und Peru – von überall kommen hochmotivi­erte Profis ebenso wie Medizinpra­ktikanten und Schwestern­schülerinn­en. Auch die Tiroler sind lustig, vor allem einer, der in der Notaufnahm­e als Arzt unermüdlic­h für gute Laune sorgt. Auf allen Ebenen der Krankenhau­shierarchi­e sorgen sie gemeinsam für das erfreulich­e Klima, das den Patienten hilft, ihren gesunden Optimismus zu erhalten. Herzlichen Dank!

Claudius Marmon,

Lindau

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