Barça streikt, Piqué weint, Guardiola schimpft
Das Referendum zur Unabhängigkeit Kataloniens hat auch beim FC Barcelona Spuren hinterlassen
BARCELONA (SID) - Am Dienstag machte der FC Barcelona für einen Tag dicht. Aus Protest gegen die Polizeigewalt beim katalanischen Unabhängigkeitsreferendum schloss sich Barca einem Generalstreik an. Im Hinterkopf waren da aber immer noch die Tränen von Gerard Piqué.
Weinend hatte Piqué am Sonntag im Bauch des Nou Camp über die erschütternden Ereignisse gesprochen. „Ich bin und ich fühle mich katalanisch, und ich bin mehr denn je stolz auf das katalanische Volk“, sagte der Barça-Verteidiger, der im Lichte der Eskalationen rund um das Referendum quasi zu einer Symbolgestalt wurde. Piqué hatte sich von Kameras begleiten lassen, als er am Sonntagvormittag seine Stimme abgab – und er verlieh später nach all den bedenklichen Bildern seinen Gefühlen in bemerkenswerter Weise Ausdruck. Ja, das Referendum war nicht verfassungskonform, das Einschreiten der Behörden gleichwohl völlig überzogen. „Es gab keine Gewalttaten, und die nationale Polizei und der Zivilschutz kamen hierher, um das zu tun, was sie getan haben“, sagte Piqué. Als Piqué fassungslos über die Ereignisse mit mehr als 800 Verletzten sprach, hatte Barça gerade das Meisterschaftsspiel gegen UD Las Palmas 3:0 gewonnen, es war aus Sicherheitsgründen ohne Zuschauer ausgetragen worden.
All das rief in England auch Pep Guardiola auf den Plan, der seit Jahren als Verfechter der katalanischen Separatismusbewegung bekannt ist. Barças Ex-Coach zeigte sich ebenfalls erschüttert von den staatlich orchestrierten Gewaltexzessen und kritisierte die Umstände, in denen das Spiel stattfand. „Ich hätte es gar nicht ausgetragen, aber wenn man sich dafür entscheidet, dann mit Zuschauern und allen möglichen Konsequenzen“, befand der Teammanager von Manchester City. Guardiola war zumindest froh darüber, dass die Welt wahrnahm, wie mit den Bürgern umgegangen wurde: „Spanien wird seine Realität verbergen, aber der Rest der Welt wird sie zeigen.“
Es ging Guardiola wie Pique vordergründig nicht darum, ob die Wahl letztlich zur Abspaltung Kataloniens von Spanien führt. Es ging ihnen vor allem darum, dass es die Menschen selbst entscheiden können. Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy nannte die Abstimmung jedoch einen „Angriff auf den Rechtsstaat“.
Piqué, der sogar die Fortsetzung seiner Nationalmannschaftskarriere infrage stellte und beim ersten Training mit der Furia Roja von Fans der Iberer einmal mehr massiv attackiert wurde („Piqué – hau ab!“), hielt dem entgegen: „In den vielen Jahren unter Francos Diktatur konnten wir nicht wählen, und ich denke, das ist ein Recht, das wir mit jedem möglichen Gesetz verteidigen müssen.“