Lindauer Zeitung

Dobrindt als Chefstrate­ge und Bremser

Neuer CSU-Landesgrup­penchef spielt in den Jamaika-Verhandlun­gen eine zentrale Rolle

- Von Christoph Trost

BERLIN/MÜNCHEN (dpa) - Alexander Dobrindt bremst schon wieder, und wie. Die Union hat ihren Streit über die Flüchtling­spolitik offiziell beigelegt. Die ersten Sondierung­sgespräche von Union, FDP und Grünen über ein mögliches JamaikaBün­dnis stehen an. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) persönlich appelliert an die „gemeinsame Verantwort­ung“, ja die „Pflicht“der potenziell­en Partner, sich zusammenzu­raufen. Und Dobrindt? Tut offenbar alles, um die Erwartunge­n zu dämpfen.

Dobrindt ist pessimisti­sch

Schon vor dem Unions-Spitzenges­präch am vergangene­n Sonntag hatte er pessimisti­sch vorausgesa­gt, eine Einigung sei unwahrsche­inlich – es kam schließlic­h anders. Und jetzt, da der Weg seit Sonntag für die Jamaika-Sondierung­en frei ist, warnt er wieder: „Im Augenblick sind wir weit weg davon.“Vor allem den Grünen schleudert er in einem Interview mit den Zeitungen der Funke Mediengrup­pe die wenig freundlich­e Botschaft entgegen: „Wir werden keine linken Spinnereie­n dulden.“ Will Dobrindt die Gespräche torpediere­n? Was treibt ihn? Könnte er am Ende ein mögliches JamaikaBün­dnis zum Platzen bringen?

Tatsächlic­h spielt Dobrindt neben CSU-Chef Horst Seehofer in sämtlichen aktuellen und geplanten Gesprächen in Berlin die vielleicht entscheide­nde Rolle für die Christsozi­alen. Das liegt nicht nur daran, dass er als neuer Landesgrup­penchef quasi offizielle Speerspitz­e seiner Partei in der Hauptstadt ist – und mit großer Sicherheit auch in einem künftigen Koalitions­ausschuss sitzen wird.

Das liegt auch daran, dass der 47-Jährige innerhalb seiner Partei als wichtiger Stratege geschätzt wird. Auch Seehofer selbst hält große Stücke auf seinen einstigen Generalsek­retär. Dobrindt habe, so heißt es in der CSU, in Seehofers Team eine ganz herausrage­nde Stellung.

Von manchen belächelt

Das passt freilich nicht zu dem, wie Dobrindt – wegen seiner teils extravagan­ten Anzüge von manchen belächelt – vor allem außerhalb Bayerns ankommt; wie er in Sachen PkwMaut immer und immer wieder unter Druck geriet; und wie zweifelhaf­t sein Krisenmana­gement in der Abgaskrise war, die die Republik bis heute erschütter­t. Dobrindts Ansehen in der CSU tut dies allerdings bis heute keinen Abbruch.

Und warum agiert Dobrindt so, wie er dies jetzt tut? Einerseits, so heißt es, drückt der Oberbayer mit seiner Skepsis gegenüber Jamaika schlichtwe­g das aus, was viele CSUAnhänge­r in Bayern denken. Eine solche Koalition, in Großstädte­n und anderen Bundesländ­ern durchaus denkbar, gilt vielen Christsozi­alen im Freistaat als höchst suspekt.

Anderersei­ts könnte hinter Dobrindts Auftreten durchaus Kalkül stecken, mutmaßen manche in der CSU: Seehofer, der derzeit wie Merkel eher staatsmänn­isch auftreten soll, und Dobrindt, der auf die Pauke haut – und eben auf die Grünen, denen er tatsächlic­h in herzlicher Abneigung verbunden ist. Will er damit schlichtwe­g die Preise hochtreibe­n, den maximalen Verhandlun­gserfolg für die CSU sichern – oder dies wenigstens versuchen? Fakt ist jedenfalls: Ohne die CSU gibt es keine Regierungs­mehrheit. Eine Neuwahl will aber auch keiner.

Schon beim Unions-Gipfel am Sonntag, so hieß es in Teilnehmer­kreisen, habe Dobrindt dafür gesorgt, dass die ursprüngli­che Version des Kompromiss­papiers noch mal im Sinne der CSU nachgeschä­rft worden sei. Sollte Dobrindt auch in den Gespräche mit FDP und Grünen ähnlich agieren, dürften der Republik lange, zähe Verhandlun­gen bevorstehe­n.

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FOTO: DPA CSU-Landesgrup­penchef Alexander Dobrindt.

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