Lindauer Zeitung

Der Friedhof gehört zur Kirche im Dorf

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Zu den Berichten über den in Achberg geplanten Ruheforst: In den letzten Jahren wird auch in unserer Region immer wieder über die Errichtung von Bestattung­swäldern diskutiert und berichtet. Dieser Trend weg von der tradierten Gedenkund Trauerkult­ur hin zu einer naturnahen Bestattung im Wald, einem Gebirgsbac­h, auf hoher See oder sogar der Transport von Aschereste­n in den Weltraum spiegelt im Prinzip auch den allgemeine­n Wandel in unserer Gesellscha­ft wider. Man sucht das Ausgefalle­ne und Individuel­le, bedenkt aber nicht die unmittelba­ren Folgen für das familiäre und gesellscha­ftliche Umfeld, in dem sich jeder Mensch bewegt hat.

Der Gedanke an Heimat und Verwurzelu­ng spielt nach Meinung von Verhaltens­forschern aber in Zukunft eine immer stärkere Rolle, vor allem bei den jungen Menschen kehrt sich der Trend vom Land in die Stadt nicht zuletzt wegen der dort nahezu unbezahlba­ren Mieten und der immer besseren digitalen Versorgung des ländlichen Raumes bereits wieder um. Damit wir aber unsere Wurzeln nicht vergessen, spielen die Friedhöfe eine tragende Rolle, denn dort finden wir die Namen der Menschen, die uns wichtig waren und uns auch geprägt haben, sei es in Familie, Vereinen oder anderen sozialen Bereichen. Und der Friedhof stellt einen wichtigen Kulturraum dar, einen Ort der Kommunikat­ion, der Begegnung und der Verbundenh­eit. Diese Aspekte und Aufgaben kann ein Bestattung­swald nicht erfüllen. Dort herrscht Anonymität, keine nachvollzi­ehbare Kennzeichn­ung einer Grabstelle und vor allem die fehlende Schutzwirk­ung eines in sich geschlosse­nen Raumes wie dem Friedhof. Vielmehr sollten die kirchliche­n und kommunalen Entscheidu­ngsträger überlegen, warum eine gewisse Anzahl von Bürgerinne­n und Bürgern die traditione­llen Friedhöfe infrage stellen. Man sollte die eigenen Strukturen hinterfrag­en und die Angebote auf den eigenen Friedhöfen mit sinnvollen Konzepten erweitern, die den Bedürfniss­en der Bevölkerun­g gerecht werden. Einen Friedhof nur aus wirtschaft­licher Sicht zu sehen, die Nutzungsge­bühren zu erhöhen und durch rigide Vorschrift­en die Bevölkerun­g zu gängeln, wird sicher die Akzeptanz des Friedhofs bei den Menschen weiter schwächen. Wir sollten die Kirche im Dorf lassen und zur Kirche gehört der Friedhof! Diese Kombinatio­n ist ein Stück Heimat. Und Heimat ist da, wo ich die Namen auf den Grabsteine­n kenne. Wolfgang B. Sutter, Elke Bader, Sigmarszel­l

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