Zeitspiel zulasten der Verbraucher
Die meisten vom Abgasskandal betroffenen Besitzer von VW-Autos können ihre Hoffnungen auf eine Entschädigung für die Verfehlungen des Konzerns begraben. Sie müssten bis zum Jahresende selbst vor Gericht ziehen und etwaige Ansprüche einklagen. Das finanzielle Risiko ist dabei beträchtlich. Bislang hat VW drei von vier Klagen erfolgreich abwehren können. Die Kläger bleiben dann auf den Kosten sitzen und sind doppelt geschädigt. Die bestehende gesetzliche Lücke im Verbraucherschutz ist offensichtlich. In den USA entschädigen die Wolfsburger die Käufer der mit einer illegalen Abschalteinrichtung ausgerüsteten Fahrzeuge großzügig.
Daran ändert auch die Möglichkeit einer Massenklage durch einen Prozessfinanzierer nichts. Zwar ist der Kunde das Kostenrisiko los, wenn er seine Ansprüche – echt oder vermeintlich – an Dienstleister wie Myright überträgt. Doch auch deren versierte Anwälte müssen erst einmal ein höchstrichterliches Urteil zu ihren Gunsten erwirken. Immerhin gibt es diese Chance, auch wenn sie im Erfolgsfall eine ansehnliche Erfolgsbeteiligung für die Anwälte kosten würde.
Schuld an dieser unbefriedigenden Rechtslage trägt die noch amtierende Bundesregierung, genauer gesagt, die Union. SPD-Verbraucherminister Heiko Maas hatte einen Gesetzentwurf für eine Musterfeststellungsklage vorgelegt, war damit aber am großen Koalitionspartner gescheitert. Es war wohl weniger eine inhaltlich begründete Ablehnung der CDU als vielmehr ein Zeitspiel zulasten der Verbraucher.
Dieses verbraucherfreundliche Klagerecht soll erst nach dem Ende der Verjährungsfrist im Falle VW kommen. Es sieht vor, dass ein Verbraucherverband stellvertretend für alle geschädigten Kunden ein Urteil erwirken kann, das dann für alle Betroffenen gilt. Damit könnten auch im Einzelfall vergleichsweise geringe Schäden geltend gemacht werden, was bisher in der Praxis am unverhältnismäßig großen Aufwand für die Kunden scheitert. Die nächste Regierung sollte die Regelungslücke schnell schließen.