„Stuttgart 21 wird nicht zu Ende gebaut“
Linker Verkehrsexperte zu Gast bei der Bunten Liste
LINDAU (lz) - Über das Großprojekt Stuttgart 21 der Bahn AG hat der linke Verkehrsexperte Winfried Wolf auf Einladung der Bunten Liste gesprochen. Er sieht das Großprojekt als gescheitert an: „Stuttgart 21 wird nicht zu Ende gebaut werden.“
Wolf skizzierte dem erstaunten Publikum anhand der in seinem neuesten Buch aufgeführten Fakten, warum er davon ausgeht, dass die geplante Verlegung des Stuttgarter Hauptbahnhofs unter die Erde scheitern wird. Erstens liege die Neigung der Gleise im geplanten Tiefbahnhof mit 15 Promille beim sechsfachen Wert der gesetzlich zugelassenen Neigungswerte von Gleisen in einem Bahnhof. Zweitens würde der Bahnhofsneubau die derzeitige Zugkapazität in den Stunden mit der größten Verkehrsdichte etwa ein Drittel verringern.
Drittens sei „Stuttgart 21“für die Steuerzahlerinnen ein finanzielles Fiasko. Es startete im Jahre 1995 mit veranschlagten 2 Milliarden. Bei der Volksabstimmung 2011 sprach man von 4,5 Milliarden Euro. Seit Oktober 2016 rechnet der Bundesrechnungshof mit zu erwartenden Kosten von bis zu 10 Milliarden Euro.
Viertens sei der Stuttgarter Untergrund stark mit Anhydrit (Gipskeuper) durchmischt. Dieser quelle bei Berührung mit Wasser über Jahrzehnte hin auf. Für „Stuttgart 21“sollen allein 16,7 Kilometer der geplanten neuen Tunnels durch Anhydritböden gebaut werden, ein technisch unkontrollierbares Risiko für alle Gebäude oberhalb, sagte Wolf. In der anschließenden, lebhaften Diskussion kritisierte ein Veranstaltungsgast, dass Wolf die Gefährdung der Stuttgarter Grundwasservorräte durch das Bauprojekt nicht erwähnt habe.
Wolf gab bekannt, dass er sich einer Klage gegen Verkehrsminister Dobrindt und andere angeschlossen habe, wegen des fahrlässigen Baus des Tunnels unter die europäische zentrale Nord-Süd-Bahnstrecke bei Rastatt, die im Sommer zu Gleisverformungen geführt hatte. Dabei hätten Bundesverkehrsministerium und Deutsche Bahn AG bisher verschwiegen, dass zwischen Entdeckung der Gleisverformungen und Stopp des Zugverkehrs 13 Minuten vergangen seien, in denen nachweislich noch drei Züge den gefährlichen Bereich durchfuhren, darunter ein ICE.