Lindauer Zeitung

Erste Schritte auf dem Weg zur Koalition

Union sondiert mit FDP und Grünen – Unruhe in der grün-schwarzen Landesregi­erung

- Von Kara Ballarin und unseren Agenturen

BERLIN/STUTTGART - Dreieinhal­b Wochen nach der Bundestags­wahl haben in Berlin die Gespräche zur Bildung einer Jamaika-Koalition begonnen. Die Verhandlun­gsführer von CDU und CSU kamen am Mittwoch zunächst mit Spitzenver­tretern der FDP und dann mit jenen der Grünen zusammen. Vor allem das Treffen von Union und Liberalen verlief nach Angaben aller Teilnehmer in konstrukti­ver und angenehmer Atmosphäre. „Nach diesem ersten Gespräch haben wir ein gutes Gefühl“, sagte CDU-Generalsek­retär Peter Tauber. Seine FDP-Kollegin Nicola Beer ergänzte, zwischen Berlin und Jamaika lägen etwa 8500 Kilometer. Erste Schritte seien geschafft worden. Für die CSU betonte Generalsek­retär Andreas Scheuer, das Treffen mit den Freidemokr­aten sei „vom gegenseiti­gen Verständni­s und vom Miteinande­r“geprägt gewesen.

Die Gespräche mit den Grünen hatte Scheuer im Vorhinein als „ein größeres und härteres Werkstück“bezeichnet. Anschließe­nd sagte er, dass die Marschrich­tung stimme. Grünen-Bundesgesc­häftsführe­r Michael Kellner sprach von einem guten und konstrukti­ven Treffen. Differenze­n zwischen den beiden Parteien gibt es unter anderem in der Flüchtling­spolitik. Die Grünen pochen auf schärfere Vorgaben für die Landwirtsc­haft und die Massentier­haltung sowie in der Klima- und Energiepol­itik. Am Freitag beginnen die Gespräche in großer Runde.

Derweil knirscht es gewaltig im grün-schwarzen Regierungs­bündnis in Baden-Württember­g. Die CDUFraktio­n fühlt sich übergangen und ihre politische­n Ziele ignoriert – vom grünen Koalitions­partner, aber auch von der eigenen Führungssp­itze. Die Stimmung in der Fraktionss­itzung am Dienstag war nach Aussagen von Teilnehmer­n entspreche­nd geladen. „Das ist kein Tag, der Lust auf Jamaika macht“, erklärte ein Abgeordnet­er. Zu den thematisch­en Streitpunk­ten, etwa um die Reform des Landtagswa­hlrechts und um Tempolimit­s auf der A 81, kommt eine persönlich­e. Der Wechsel von Thomas Hornung von den Grünen zur CDU hat die Grünen-Fraktion geschockt – bis vor Kurzem war er ihr Pressespre­cher.

LINDAU - Bis zum Jahresende soll nun endgültig geklärt werden, wie der Rhein vor seiner Mündung in den Bodensee künftig aussehen wird. Eine Entscheidu­ng hat sich seit Jahren verzögert. Bei diesem ehrgeizigs­ten Flussbaupr­ojekt in Zentraleur­opa reden viele mit. Gegenwärti­g müssen noch Fragen mit den Besitzern landwirtsc­haftlicher Gebiete geklärt werden. Zudem ist noch unklar, was mit einigen Trinkwasse­rbrunnen im Bereich des Rheins geschehen soll.

Hochwasser­schutz verbessern

„Uns liegt viel daran, dass dieses Jahrhunder­tprojekt so rasch wie möglich umgesetzt wird“, sagt Vorarlberg­s Landeshaup­tmann Markus Wallner (ÖVP). Es betrifft den Rhein von Feldkirch bis zum Bodensee. Knapp 30 Kilometer sind dies. Auf dieser Strecke bildet der vor über 100 Jahren kanalisier­te Fluss meist die Grenze zwischen Österreich und der Schweiz. Bei den Plänen geht es darum, den Hochwasser­schutz zu verbessern und gleichzeit­ig den Rhein ein Stück weit zu renaturier­en. Das Projekt hat dafür den malerische­n Namen Rhesi bekommen. Er steht für Rhein, Erholung und Sicherheit.

Die Rhesi-Kosten wurden bereits vor gut zehn Jahren auf rund eine halbe Milliarde Euro geschätzt. Flussbauex­perten gehen inzwischen aber von weitaus höheren Summen aus – zumal sich die Arbeiten wohl über 20 Jahre hinziehen werden und schon deshalb ein Abschätzen der Preisentwi­cklung schwer ist.

Erste ernsthafte Überlegung­en hatte es 2005 gegeben. Auslöser waren die damaligen Hochwasser­ereignisse. Sie trafen die Region schwer. Um Hochwasser­gefahren am Rhein besser bewältigen zu können, sollte die Wasser-Abflussmen­ge von 3100 Kubikmeter in der Sekunde auf 4300 Kubikmeter in der Sekunde erhöht werden. Nachdem aber auch ökologisch­e Gedanken in das Projekt mit einflossen, stockte es. Letztlich geht es darum, ob die Dämme mancherort­s weiter ins Hinterland zurückgese­tzt werden können. So hätte der einst wild durchs Tal mäandernde Fluss wieder mehr Platz.

Die Öko-Ideen führten zu Protesten der Anliegerge­meinden, der Bauern sowie der Gewerbever­bände. Sie sorgten sich darum, dass dem Rhein womöglich zu viel Raum gegeben werden könnte. Im dichtbesie­delten Tal ist unbebauter Boden knapp.

Landeshaup­tmann Wallner will nun den Druck erhöhen, damit es noch vor dem Jahreswech­sel eine Einigung über die Umbauvaria­nte gibt. „Rhesi ist das wichtigste Hochwasser­schutzproj­ekt für Vorarlberg und das Alpenrhein­tal“, betont der konservati­ve Politiker. In der Landesregi­erung herrscht indes Zuversicht, dass sich die letzten Hinderniss­e rasch beseitigen lassen. Demnach laufen die Gespräche mit Grundeigen­tümern bei Lustenau und Meiningen positiv. Hierbei geht es darum, inwieweit die Bodenbesit­zer bei einer Ausweitung des Rheins entschädig­t werden – oder ob es für sie Ersatzfläc­hen gibt. Etwas heikler scheinen nach den Erfahrunge­n der vergangene­n Jahre die Verhandlun­gen mit Anliegerge­meinden im eidgenössi­schen Kanton St. Gallen zu sein. Nach den anvisierte­n Plänen würden einige ihrer Trinkwasse­rbrunnen künftig im Überschwem­mungsgebie­t des Rheins liegen. Sie wären dann nicht mehr nutzbar. Die Idee ist nun, diese Brunnen zu verlegen. Hier muss noch geklärt werden, wer letztlich die Kosten trägt.

2020 erste Bagger am Fluss

Projektträ­ger ist die Internatio­nale Rheinregul­ierung. Unter ihrem Dach koordinier­en Österreich und die Schweiz Arbeiten an entspreche­nden Rheinabsch­nitten. Die Internatio­nale Rheinregul­ierung muss auch die Umbauvaria­nte erarbeiten. Auch dort ist man inzwischen zuversicht­lich, noch in diesem Jahr einen entspreche­nden Plan vorlegen zu können.

Österreich­s gegenwärti­g noch amtierende­r Landwirtsc­haftsminis­ter Andrä Rupprechte­r (ÖVP) hat kürzlich bei einem Besuch in Vorarlberg betont, dass unbedingt im kommenden Jahr ein Staatsvert­rag mit der Schweiz abgeschlos­sen werden müsse. Da die Arbeiten am Rhein grenzübers­chreitend erfolgen, ist dies zwingend nötig. Eventuell könnten die ersten Bagger dann 2020 am Fluss arbeiten.

 ?? FOTO: IRKA/ALPENRHEIN.NET ?? Der Rhein an seiner Mündung in den Bodensee: Das Jahrhunder­tprojekt soll so rasch wie möglich umgesetzt werden.
FOTO: IRKA/ALPENRHEIN.NET Der Rhein an seiner Mündung in den Bodensee: Das Jahrhunder­tprojekt soll so rasch wie möglich umgesetzt werden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany