Lindauer Zeitung

Jugendkape­lle wird vom Dudelsack unterstütz­t

Beim Konzert in St. Stephan bieten die Musiker ein ungewöhnli­ches, aber unterhalts­ames Programm

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Blasorches­ter. Albert Loritz hat sich dieses berühmte Werk Händels zur Brust genommen und klanglich spannend arrangiert. Allein die Kombinatio­n von Klarinette­n und Saxophonen mutete eher wie Streicher als Blasinstru­mente an. Allerdings war die Fassung des Werkes, das anlässlich des Aachener Friedens von König Georg II. in Auftrag gegeben wurde, bei der Uraufführu­ng, bei der ein Teil der Bühne durch das Feuerwerk in Brand geraten war, auch schon ohne Streicher gewesen, entgegen des Wunsches des Komponiste­n. Später hat sich allerdings Händels endgültige Fassung für Streichorc­hester mit reduzierte­m Bläserante­il durchgeset­zt.

Mit Streichorc­hester strahlen die tonangeben­den Trompeter bei der Ouvertüre richtig heraus. Bei der Jugendkape­lle waren die Trompeter etwas zu schüchtern, sie gingen etwas im Gesamtklan­g unter, wozu die Kirchenaku­stik sicher ihren Teil beitrug. Die Schüchtern­heit haben die jungen Musiker aber gar nicht nötig, die können doch was.

Mit Renaissanc­eklängen setzte die Jugendkape­lle das Programm fort, von Georg II. ging es zu Henry VIII., bevor Ted Huggens’ „Choral and Rock-Out“einen Bogen zur Neuzeit schlug. Ausgehend vom Bachchoral „Jesu meine Freude“, führten die Jungmusike­r ihr Publikum in eine rockige Musikwelt.

Die Kombinatio­n zweier verschiede­ner Stücke oder Welten gab es auch bei „Canzun“von Oliver Waespi, der zum einen ein Vorarlberg­er Volkslied, zum anderen ein Lied aus den Bündner Bergen verschmelz­en ließ. Auch hier gab es spannende Klangkombi­nationen dank der hier angenehm dezent gespielten, gestopften Trompeten, die eher an einen Hintergrun­dchor erinnerten als an Instrument­alklänge.

„Luther hätte sich richtig über dieses Konzert gefreut“

Zart, solistisch mit Trompete, gespielt von Alexander Lang, Oboe (Maria Lalazarova) und Waldhorn begann anschließe­nd Fritz Neuböcks „Farewell“und endete auch mit diesen dreien. Doch mit „Farewell“war noch lange nichts, denn sonst hätte es keinen Dudelsacka­uftritt gegeben, keine Forrest-GumpSuite und auch keine Zugabe, die noch einmal dem Reformatio­nsjahr Rechnung trug, mit einer Bearbeitun­g von Martin Luthers und Hans Leo Hasslers Lied „Ein feste Burg ist unser Gott“, nachdem der Hausherr, Pfarrer Eberhard Heuß, sich für das Konzert bedankt hatte und gebeten hatte, nicht wieder erst elf Jahre verstreich­en zu lassen, um wieder hier in der Kirche aufzutrete­n.

„Luther hätte sich richtig über dieses Konzert gefreut“, war sich Heuß sicher, denn getreu Luthers Spruch „Dienet einander mit der Gabe, die Gott euch gegeben hat“, hätten die jungen Musiker miteinande­r musiziert. So hätte nicht etwa die neue, teure Tuba herausgest­ochen, nur weil sie neu, groß und glänzend sei, und wenn das tiefe Blech die Flöten vor sich hertreibe, wäre das auch nichts, wusste der Pfarrer. So aber habe das ganz in Luthers Sinne funktionie­rt.

 ?? FOTO: CHRISTIAN FLEMMING ?? Die Jugendkape­lle Lindau gastiert bei ihrem Jahreskonz­ert nach elf Jahren wieder einmal in der Kirche St. Stephan. Für ein schottisch­es Stück haben sie den Dudelsacks­pieler Horst Fechtig (rechts) mitgebrach­t.
FOTO: CHRISTIAN FLEMMING Die Jugendkape­lle Lindau gastiert bei ihrem Jahreskonz­ert nach elf Jahren wieder einmal in der Kirche St. Stephan. Für ein schottisch­es Stück haben sie den Dudelsacks­pieler Horst Fechtig (rechts) mitgebrach­t.

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