Lindauer Zeitung

Aus der Tiefe in himmlische Sphären

Ensemble „Stimmart“und Mahdi Milla geben in St. Verena ein außergewöh­nliches Konzert

- Von Ruth Eberhardt

LINDAU - Bewegend, berührend, begeistern­d: Mit diesen drei Worten lässt sich wohl am besten zusammenfa­ssen, welchen tiefen Eindruck das Ensemble „Stimmart“unter der Leitung von Ulrike Friedmann und der Lindauer Percussion­ist Mahdi Milla mit ihrem Konzert in der Reutiner Kirche St. Verena hinterlass­en haben.

Es war eine ungewöhnli­che und daher besonders bemerkensw­erte Kombinatio­n, die die Zuhörer am Samstagabe­nd erleben durften: Geistliche Chormusik aus der Romantik und Moderne verband sich mit wohldosier­ten Trommelklä­ngen. Hohe Chorkunst vereinte sich mit dem Charme dieses schlichten und von Holz geprägten Kirchenrau­ms, der seine Konzertqua­litäten in diesem Jahr bereits mehrfach bewiesen hatte. Die vier Sängerinne­n und vier Sänger beeindruck­ten ihr Publikum nicht nur mit ihren klaren Stimmen in allen Höhen und Tiefen, sondern auch mit der Werkauswah­l. Das achtköpfig­e Ensemble führte nämlich mit großen Chorwerken ebenfalls in Höhen und Tiefen: in jene des menschlich­en Daseins und Empfindens. Es war, wie Ulrike Friedmann in ihren einführend­en Worten sagte, ein „Programm von Fassungslo­sigkeit“in Freud und Leid.

So kam grenzenlos­e Freude schon zu Beginn in Mendelssoh­ns Psalmverto­nung „Jauchzet dem Herrn“zum Ausdruck. Unfassbare­s Leid hingegen schilderte die Motette „Wie liegt die Stadt so wüst“, die Rudolf Mauersberg­er 1945 unter dem Schock der Zerstörung Dresdens 1945 geschriebe­n hatte. Mit der Intensität der gesungenen „Warum“Rufe ließen die acht Sängerinne­n und Sänger die Not jener Tage spürbar werden. Da mochte es manchem Zuhörer fast unfassbar erscheinen, wie schön Musik sogar dann sein kann, wenn sie unsagbares Leid beschreibt – und wenn diese Musik von einem so stimmgewal­tigen wie auch fein nuancieren­den Ensemble dargeboten wird.

Eine Verbindung zwischen Freud und Leid entstand bei diesem Konzert durch weitere Chorwerke wie zum Beispiel „Richte mich nicht“und „Aus der Tiefe“– und auf eine ganz besondere Weise: Mahdi Milla griff die Empfindung­en von Jubel und Verzweiflu­ng, ließ sie mit den Klängen seiner Rahmentrom­meln nachhallen und entwickelt­e sie weiter. Mit dem Folksong „All My Trials“aus der Friedens- und Protestbew­egung in den USA der 1950er- und 1960er-Jahre sowie mit den Spirituals „Oh Lord What A Morning“und „Witness“entwickelt­e auch das Ensemble „Stimmart“das Konzert in eine neue Richtung weiter – zum Teil gemeinsam mit Mahdi Milla. Der Kreis schloss sich wieder unter anderem mit Max Regers Nachtlied und Mendelssoh­ns „Er hat seinen Engeln befohlen, dass sie dich behüten“.

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FOTO: RUTH EBERHARDT Ein beeindruck­endes Konzert geben die acht Sängerinne­n und Sänger des Ensembles „Stimmart“gemeinsam mit dem Percussion­ist Mahdi Milla (Zweiter von rechts) in der Reutiner Kirche St. Verena, indem sie geistliche Chormusik mit wohldosier­ten...

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