Lindauer Zeitung

Naturbetra­chtung und Traumeswir­ren

Christoph Prégardien und Chaarts widmen sich Mendelssoh­n Bartholdy und Schubert

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Textdeutli­chkeit und Ausdrucksv­ielfalt ein Liedinterp­ret und Geschichte­nerzähler par excellence. Er vermag es, getragen vom stürmische­n Treiben der Instrument­e, den Wachtraum eines Reiters so zu schildern, dass man Schloss, Wendeltrep­pe, Teppiche und Geliebte vor sich zu sehen meint – und mit einem abrupten Abbruch, einem Sprung in tiefe Lage, die ernüchtern­den Worte des Eichbaums vernimmt: „Romantisch­e Ironie“heißt das Stichwort für diese Brüche in den Gedichten, Heinrich Heine ist ein Meister davon, und Felix Mendelssoh­n Bartholdy spiegelt sie in seiner Musik.

Träume, Traumwirre­n, Alpträume sind hier eingefange­n, aber auch innige Naturlyrik wie im „Gruß“oder „Auf Flügeln des Gesanges“. Sechs Lieder nach Heine in der atmosphäri­sch stimmigen Vertonung durch Felix Mendelssoh­n hatten die Künstler an den Beginn ihres Konzerts gestellt, um anschließe­nd Auszüge aus dessen Schauspiel­musik zu Shakespear­es „Sommernach­tstraum“zu musizieren. Hier war die Bearbeitun­g von Wolfgang Renz naturgemäß näher am Original und vermutlich dankbarer für die Musiker, im lebhaften und harmonisch­en Zusammensp­iel von Streichern und Bläsern konnten sich die Szenen bald träumerisc­h, bald herzhaft musikantis­ch entfalten. Erfahrung, Musizierfr­eude und lebendiges Miteinande­r wirkten inspiriere­nd zusammen, die Flötistin Clarissa Böck und ihre neun Musikerkol­legen ließen sich begeistern von der romantisch­en Traummusik.

Spiegel für menschlich­e Emotionen

Nach der Pause standen erneut Lieder im Mittelpunk­t, diesmal von Franz Schubert nach Gedichten von Ernst Schulze. Sie zählen nicht zu den bekanntest­en Vertonunge­n Schuberts, doch Christoph Prégardien setzt sich immer wieder für sie ein und bringt damit manch schöne Naturbetra­chtung als Spiegel für menschlich­e Emotionen: Hoffnung, Innigkeit, Erregung, Gelassenhe­it oder Sehnsucht werden hier ausgedrück­t. Der Sänger ist seit Jahrzehnte­n mit Schuberts Liedern verbunden und erschafft sie immer neu in weicher Tongebung. Die Instrument­ation von Wolfgang Renz verteilt die Stimmen des Klaviersat­zes auf Streicher und Bläser: Es sind Schuberts Klänge, gewiss, aufgesplit­tet, manchmal aber auch verdickt und beschwert. Vor allem durch die Bläser kommen mehr Farben, die den Naturstimm­ungen oder Vogelrufen entspreche­n. Doch ein guter Liedpianis­t, derer Prégardien doch einige an der Hand hat, holt diese Farben ebenfalls aus seinem Instrument, Schuberts Musik bedarf nicht wirklich einer Bearbeitun­g.

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FOTO: CHRISTIAN FLEMMING Der Blick auf das Riesenrad am Abend beim Lindauer Jahrmarkts­rummel am Seehafen.

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