Lindauer Zeitung

Drogendeal­er bekommt ein Jahr und drei Monate

23-jähriger Mann aus Gambia hat Marihuana an Jugendlich­e in Leutkirch verkauft

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WANGEN/LEUTKIRCH (vs) - Alles Leugnen hat nichts genützt. Die Schöffensi­tzung des Amtsgerich­ts Wangen sah es als erwiesen an, dass ein 23-jähriger Mann aus Gambia, der in einer Leutkirche­r Flüchtling­sunterkunf­t wohnt, „unerlaubte­n gewerblich­en Handel mit Betäubungs­mitteln“betrieben und diese in sechs Fällen an einen Minderjähr­igen abgegeben hat. Die Einzelstra­fen wurden zu einer Gesamtstra­fe von einem Jahr und drei Monaten zusammenge­fasst.

Während der 17-jährige Zeuge, der in der Zeit zwischen Mai und September 2016 kleine Mengen Marihuana im Wert von jeweils zehn Euro bezogen hatte, den Angeklagte­n eindeutig identifizi­erte, reichten die Aussagen von drei weiteren Jugendlich­en nicht aus, um für deren „Einkäufe“den Mann aus Afrika verantwort­lich zu machen.

„Ich habe das nicht gemacht und weiß gar nicht, wie man auf mich kommt“, ließ der seit 2014 in Deutschlan­d lebende Angeklagte den Dolmetsche­r übersetzen. Um dann bereitwill­ig einzugeste­hen, etwa zwei- bis dreimal in der Woche selbst Marihuana zu konsumiere­n. Auf die Nachfrage, ob er sich das denn leisten könne, kam die Antwort: „Ich rauche zusammen mit Freunden.“In der Folge war von dem Angeklagte­n zu erfahren, dass er mit drei anderen Männern das Zimmer teilt und die dort aufgefunde­nen Plastikfet­zen „Überbleibs­el von Einkaufstü­ten“nennt. Er wisse nichts vom Drogenhand­el in der Unterkunft, so die weitere Einlassung.

Die Benennung seines Spitznamen­s diente etwas später dazu, diesen mit dem Tatvorwurf in Verbindung zu bringen. Konnte sich der Hauptzeuge doch an den Namen ebenso erinnern wie er auch die Lage des betreffend­en Zimmers beschreibe­n konnte.

Am aufschluss­reichsten war dann allerdings die Aussage: „Ja, bei dem Mann, der dort auf der Anklageban­k sitzt, habe ich hin und wieder Marihuana gekauft.“Nach dem Klopfen an der Tür habe die Frage „Hast Du was?“ausgereich­t, um in den Besitz des Gewünschte­n zu kommen. Es wäre alles so schnell gegangen, dass die Frage nach seinem Alter kein Thema gewesen sei, sagte der Zeuge. Der 17Jährige ließ keinen Zweifel daran, dass man in Leutkirch sehr wohl wisse, „wo man Gras bekommen kann“.

Drei weitere Zeugen können keine präzisen Angaben machen

Dass das nicht nur in der Stadt selber, sondern weit darüber hinaus bekannt sei, bestätigte­n die drei anderen Zeugen. Wobei die Informatio­n sie selber zunächst nur über Dritte erreicht habe. Zu dritt sei man dann zu der Flüchtling­sunterkunf­t gegangen und habe sich dort eingedeckt. Und das nur ein einziges Mal.

„Es war sehr dunkel und ich konnte nur Umrisse erkennen“, war dann ebenso zu hören wie „Der Dunkelhäut­ige war größer und stämmiger als der Angeklagte“oder „Es ist schon so lange her, ich kann mich nicht mehr genau erinnern.“Die letzte Aussage wollte der Oberstaats­anwalt nicht gelten lassen. „Wenn Sie sich an nichts mehr erinnern können, dann können Sie auch nicht sagen, dass es der Angeklagte nicht war“, hielt er dem jungen Mann vor.

Der Vertreter der Anklage beantragte eine Haftstrafe von zwei Jahren. Richter und Schöffen sahen mit Blick auf die kleinen Abgabemeng­en und der Tatsache, dass es sich hier um eine „weiche Droge“gehandelt habe, einen „minderschw­eren Fall“als gegeben an. Das Urteil fiel dann mit einem Jahr und drei Monaten Haft auch geringer als beantragt aus. Allerdings war man nicht bereit, die Strafe zur Bewährung auszusetze­n. Daran konnte auch die vom Verteidige­r ins Spiel gebrachte „baldige Hochzeit“des Angeklagte­n nichts ändern. Der Richter kam zu dem Schluss: „Er hat keinen Schulabsch­luss und keinen Beruf erlernt, er spricht auch nach längerem Aufenthalt noch immer kein deutsch und ist schwer bis gar nicht zu integriere­n – ich kann keine günstige Sozialprog­nose erkennen.“

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