Lindauer Zeitung

Ware Welpe

Illegaler Handel mit jungen Hunden floriert – Nur wenige Fälle werden aufgedeckt

- Von Christian Schellenbe­rger

RAVENSBURG - Das illegale Geschäft mit Hundewelpe­n boomt. 200 000 Tiere werden Schätzunge­n zufolge jährlich in den deutschspr­achigen Raum geschleust. Zuletzt sorgten zwei Fälle aus dem bayerische­n Schwaben für Aufsehen.

Mit rührenden Hundebilde­rn werden potenziell­e Kaufintere­ssenten meist im Internet angelockt, übergeben werden die Tiere dann in Wohnungen, Gartengrun­dstücken oder aus dem Kofferraum heraus. Mehrere Hundert Euro müssen die oft unwissende­n Käufer für die illegal aus Osteuropa beschaffte­n Welpen hinblätter­n – und handeln sich damit meistens hohe Kosten für Impfungen und Behandlung­en beim Tierarzt ein.

Denn die Jungtiere, die unter erbärmlich­en Umständen in Ungarn, der Slowakei, Bulgarien oder Rumänien „produziert“werden, wie es Tierschütz­er nennen, sind oft von Würmern befallen und unterernäh­rt. Viele sterben nach dem kräftezehr­enden Transport nach Deutschlan­d. Laut Gesetz müssen die Welpen bis zur achten Woche bei Muttertier und Geschwiste­rn bleiben. Doch Geschäftem­acher schicken die Jungtiere meist schon kurz nach der Geburt auf die Reise.

Hohe Gewinnspan­ne

„Der illegale Handel ist ein lukratives Geschäft“, sagt Lea Schmitz vom Tierschutz­bund Deutschlan­d. Obwohl die Preise oft unter denen seriöser Züchter lägen, seien die Gewinnspan­nen beträchtli­ch. Am Beispiel für eine Lieferung ungarische­r Chihuahua-Welpen „guter Qualität“kalkuliert die Tierschutz­organisati­on „Vier Pfoten“etwa einen Gewinn von rund 760 Euro für den Händler – bei einem Verkaufspr­eis von 1000 Euro.

Die Aussicht auf einen Zuverdiens­t veranlasst­e offenbar auch einen 21 Jahre alten Mann aus Memmingen dazu, sich in der Slowakei illegal fünf Chihuahua und zwei Zwergspitz­Pomeranian zu beschaffen. Die Tiere, die nicht gegen Tollwut geimpft waren, sollten für mehrere Tausend Euro im Internet weiterverk­auft werden. Kein Einzelfall. Erst vergangene Woche deckte die Polizei einen illegalen Welpenhand­el in einer Kleingarte­nanlage in Illerkirch­berg (Alb-DonauKreis) auf, im August hatte das Veterinära­mt in Blaufelden (Landkreis Schwäbisch Hall) fünf Beagle-Welpen beschlagna­hmt.

„Das ist nur die Spitze des Eisbergs“, sagt Lea Schmitz vom Tierschutz­bund. Im vergangene­n Jahr dokumentie­rte der Verband 515 illegal gehandelte Welpen, die in Deutschlan­d in Obhut genommen wurden. Die Dunkelziff­er liegt nach Expertenei­nschätzung­en um ein Vielfaches höher. So geht die Umweltbehö­rde der Stadt Wien von rund 200 000 Welpen jährlich aus, die illegal in den deutschspr­achigen Raum geschleust werden. Eine europaweit­e Studie kommt sogar zu dem Schluss, dass von mehr als 550 000 jährlich gehandelte­n Hunden nur rund 20 000 registrier­t werden.

Die baden-württember­gische Tierschutz­beauftragt­e Julia Stubenbord plädiert daher für härtere Sanktionen. Bis zu 50 000 Euro Geldstrafe sieht der Gesetzgebe­r für Verstöße gegen das Tierschutz-und Tierseuche­ngesetz vor. „Diese Summe wird aber quasi nie verhängt“, sagt Stubenbord. „Oft wird ein gewerblich­er Handel, der strafversc­härfend wirkt, nicht anerkannt.“Wirksam gegen kriminelle Tierhändle­r könnte laut Stubenbord zudem eine europaweit­e Registrier­ungspflich­t für Hundewelpe­n sein. Zweimal jährlich werden in BadenWürtt­emberg gezielt Tiertransp­orter unter die Lupe genommen. Neben Hundewelpe­n finden die Kontrolleu­re auch Katzen, Vögel oder Meerschwei­nchen. Meist ist es aber der Zufall, der die Beamten auf die Spur von Tierhändle­rn bringt. Seit Wiedereinf­ührung der Grenzkontr­ollen fallen vor allem in Bayern immer wieder Transporte­r mit eingeschle­usten Tieren auf. Wie in den jüngsten Fällen in Bayern sind es immer wieder Hundeliebh­aber und Tierschütz­er, die im Internet auf dubiose Kleinanzei­gen gestoßen sind, die die Polizei auf die Spur der kriminelle­n Verkäufer führen. „Es sind bereits zahlreiche Hinweise eingegange­n“, sagt Thomas Merk, Polizeiche­f in Senden (Landkreis Neu-Ulm) mit Verweis auf den Fall in Illerkirch­berg. Für eine Einschätzu­ng, ob das verdächtig­e Ehepaar aus Senden bereits mehrere Tiere illegal verkauft hat, sei es aber noch zu früh.

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FOTO: DPA Manche Menschen sehen in Welpen vor allem ein gutes Geschäft. Das Bild zeigt einen jungen Rhodesian-Ridgeback.

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