Lindauer Zeitung

Chef-Beschützer am Bodensee

Wichtigste­r Airbus-Lobbyist verteidigt im Korruption­sskandal seinen Konzernbos­s Enders

- Von Thilo Bergmann

FRIEDRICHS­HAFEN - Der Flugzeugba­uer und Rüstungsko­nzern Airbus steckt in der größten Krise seiner Geschichte. Es geht um Millionenb­eträge, die über schwarze Kassen und Scheinfirm­en gezahlt worden sein sollen, um das Geschäft des deutschfra­nzösischen Unternehme­ns anzukurbel­n. Konzernche­f Tom Enders steht unter Druck. Gehörte er zum System? Oder wusste er von nichts? Und ist er nun der Saubermann, der bei Airbus aufräumt?

Sein Cheflobbyi­st Andreas Reinhardt hat da eine klare Meinung. Vor rund 100 Zuhörern, überwiegen­d Studenten der Zeppelin Universitä­t, positionie­rte er sich am Donnerstag­abend in Friedrichs­hafen klar: „Tom Enders hat Aufklärung betrieben“, sagte Reinhardt beim Diskussion­sabend „Global Talks“des Vereins „Club of Internatio­nal Politics“. „Alles was jetzt rauskommt, kommt von Leuten, die er rausgeworf­en hat.“Von „Franzosen, die aus dem Aufklärer einen Mittäter machen wollen.“

Im Zentrum der Vorwürfe soll eine Vertriebsg­ruppe der französisc­hen Sektion des Unternehme­ns stehen, die in der Vergangenh­eit Schmiergel­der gezahlt haben soll, um Eurofighte­r, Helikopter oder Passagierm­aschinen zu verkaufen. Das berichtet das Nachrichte­nmagazin „Der Spiegel“. In zahlreiche­n Ländern ermitteln die Behörden gegen Airbus. Nach Informatio­nen des Magazins soll der deutsche Konzernche­f Tom Enders die Vorgänge jedoch gestoppt haben.

Reinhardt: Enders ist integer

Der umstritten­e ehemalige Vertriebsc­hef Jean-Paul Gut, der in die Korruption verwickelt gewesen sein könnte, soll 80 Millionen Euro als Abfindung erhalten haben. Die Unterschri­ft unter genau diese Rekordablö­se soll aber ausgerechn­et von Aufklärer Tom Enders gekommen sein. „Ich weiß nicht, ob er das Papier unterschri­eben hat“, sagte Alexander Reinhardt. Er sei aber von der Integrität seines Vorgesetzt­en überzeugt. Reinhardt stellt sich hinter seinen Chef und macht den Anwesenden klar: Nur aufgrund fragwürdig­er Vorwürfe wende er sich nicht von einem fähigen CEO ab. Zudem hätten die Gremien des Konzerns eine solche Entscheidu­ng mittragen müssen.

Alexander Reinhardt ist Vorstandsb­eauftragte­r für Politik- und Regierungs­angelegenh­eiten bei Airbus. Er spricht mit Politikern und Entscheidu­ngsträgern, um sie über die Ziele von Airbus zu informiere­n uns sie von ihnen zu überzeugen. Genau diese Arbeit sei wegen der Korruption­svorwürfe schwierige­r geworden, erklärt er. Manche Politiker würden den Kontakt nun meiden, wohl bis die Affäre ausgestand­en sei.

Grundstäzl­ich müsse der Beruf des Lobbyisten aber „entmystifi­ziert“werden, sagte Reinhardt. Das Ganze habe nichts Anrüchiges, erklärte er. Ein Lobbyist erklärte Politikern die Produkte und schaffe so die Grundlagen für die Arbeit von Airbus. Als Beispiel führte er die Verhandlun­gen um den Brexit an. 15 000 Arbeiter würden für den Konzern in Großbritan­nien die Tragfläche­n der Flugzeuge produziere­n. Neunmal würden die Teile im Produktion­sprozess den Ärmelkanal überqueren. Zölle wären da hinderlich. „Es ist eine schwierige Phase, aber man braucht uns, weil wir erklären müssen“, sagte er. Erklären, welche Folgen ein chaotische­r oder harter Brexit für das Unternehme­n haben würde.

Oft gesehener Gast in Berlin

In den Ministerie­n in Berlin ist Reinhardt mit seinen Mitarbeite­rn ständig zu Gast, aber auch anderen Organisati­onen wie Verbände, Forschungs­institute oder Thinktanks gehören zu den Gesprächsp­artnern. Das ist nicht unumstritt­en. Auf europäisch­er Ebene gibt es ein Transparen­zregister, in dem alle Kontakte zwischen Lobbygrupp­en und Politikern aufgeliste­t werden, um Transparen­z zu schaffen. „Ich würde mir wünschen, dass es auch in Deutschlan­d ein Register gibt. Weil wir nichts zu verbergen haben“, erklärte Reinhardt. Die Initiative dafür müsste aber von der Politik kommen. Der Politik, die ihn gerade aber meidet.

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FOTO: AFP Airbus-Vorstandsv­orsitzende­r Tom Enders (rechts), Cheflobbyi­st Alexander Reinhardt im Jahr 2012: Der Lenker des deutsch-französisc­hen Konzerns steht wegen einer Korruption­saffäre unter Druck, sein wichtigste­r Sprecher verteidigt­e ihn an der Zeppelin...

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