Lindauer Zeitung

Zwischen den Welten

Fondation Beyeler in Basel beleuchtet Paul Klees Verhältnis zur Abstraktio­n

- Von Antje Merke

BASEL - An manchen Künstlern kann man sich nie sattsehen. Paul Klee (1879-1940) gehört dazu. Der gebürtige Berner war ein experiment­ierfreudig­er Maler und hat mit knapp 10 000 Arbeiten ein äußerst vielseitig­es Werk hinterlass­en. Nach wie vor gibt es in seinen Bildwelten immer wieder Neues zu entdecken. Die Herbstauss­tellung in der Fondation Beyeler in Basel setzt sich mit Klees Verhältnis zur Abstraktio­n auseinande­r. Mit 110 Werken aus zwölf Ländern rückt die Schau diesen Aspekt in den Mittelpunk­t.

Publikumsl­iebling bis heute

Paul Klee, einer der einflussre­ichsten Künstler der Moderne, war ein Brückenbau­er. Während seine Künstlerko­llegen Anfang des 20. Jahrhunder­ts teilweise radikal mit dem Thema Abstraktio­n umgingen und mit ihren Werken das Publikum schockiert­en, bewegte sich Klee frei und spielerisc­h zwischen beiden Welten. In vielen seiner Bilder sind gegenständ­liche Elemente zu entdecken oder er schlägt mit seinen Werktiteln entspreche­nde Assoziatio­nen vor. Vielleicht war er deshalb als Künstler so erfolgreic­h und gehört bis heute zu den Publikumsl­ieblingen.

Vier Themen haben ihn in seinem abstrakten Werk immer wieder inspiriert: Natur, Architektu­r, Musik und Schriftzei­chen. In der neuen, chronologi­sch gruppierte­n Ausstellun­g in Basel, die Klee-Kennerin Anna Szech kuratiert hat, dienen diese zentralen Aspekte nun als Leitmotiv. Wobei die Grenzen oft verschwimm­en.

Eine hochkaräti­ge Auswahl ist in der Fondation Beyeler Ehrensache, in der Klee neben Picasso einer der eigenen Sammlungss­chwerpunkt­e bildet. Zu bewundern sind Leihgaben von bedeutende­n Museen aus aller Welt. Hinzu kommen 52 Werke aus Privatsamm­lungen, die der Öffentlich­keit sonst nur selten oder gar nicht zugänglich sind. Allein letztere machen diese Schau mit dem Titel „Paul Klee – die abstrakte Dimension“schon sehenswert. Alles in allem ein Augenschma­us für Kunstliebh­aber.

Ein besonderes Blatt ist etwa „Kairuan, vor den Thoren“von 1921 aus einer Riehener Privatkoll­ektion, das erstmals seit mehreren Jahrzehnte­n gezeigt wird. Hier wie in den Aquarellen, die zuvor 1914 auf der legendären Tunisreise mit seinen Freunden August Macke und Louis Moilliet entstanden sind, verschränk­t Klee Architektu­rsilhouett­e und Farbfelder miteinande­r. Wenig später werden diese zauberhaft­en Bilder von Kompositio­nen abgelöst, in denen aus Häusern, Kirchen und Türmen fantasievo­lle Pflanzen oder Schriftzei­chen wachsen. Es sind Klees kleine Fluchten während des Kriegsdien­stes. Eindrucksv­oll ist diese Verschränk­ung in „Die Kapelle“von 1917 aus der Sammlung der Fondation gelungen. Farben, Formen und Räume sind hier organisch miteinande­r verwachsen.

Zu Beginn der 1920er-Jahre, als Klee ans Bauhaus in Weimar berufen wird, entstehen dann die sogenannte­n Schachbret­t- und Lagenbilde­r. Das sind Gemälde, auf denen verschiede­nfarbige Quadrate, Rechtecke oder Streifen in alle Richtungen wuchern Nur die Titel wie „Blühender Baum“(1925) oder „Fuge in Rot“(1921) lassen erahnen, was den Künstler jeweils dazu inspiriert hat.

Diese kostbaren Werkgruppe­n gehören zu den Höhepunkte­n der Ausstellun­g und werden teilweise einzeln an grau getünchten Wänden im großen Saal präsentier­t. Das ist gewagt, weil Klees Formate hierfür fast zu klein sind.

Sehr plakativ wirken dagegen die überdimens­ionierten fotografis­chen Porträts des Künstlers in jedem Raum. Ansonsten ist die Ausstellun­gsarchitek­tur stimmig. Übrigens: Erstaunlic­herweise sind auch Klees spannende Jahre am Bauhaus im Kunstbetri­eb bis dato eher stiefmütte­rlich behandelt worden. Die Pinakothek der Moderne in München will das jetzt ändern und plant für kommendes Frühjahr eine umfassende Schau ausschließ­lich zu diesem Thema. Man darf gespannt sein.

Exil in der Schweiz

Zurück nach Basel. Der Parcours endet mit den berühmten Zeichenbil­dern aus Klees Spätwerk, die für die Abstraktio­nsprozesse am Ende seiner künstleris­chen Laufbahn stehen. Der Künstler, der unter den Nazis als „entartet“galt, war 1933 nach der Machtergre­ifung schweren Herzens in die Schweiz emigriert. Laut Enkel Alexander war sie ihm „zu klein und zu provinziel­l“. Seine Kreativitä­t hat darunter nicht gelitten. Er malt nun bevorzugt rhythmisch­e Kompositio­nen aus leuchtende­n Farbfelder­n und Hieroglyph­en. Zu den Glanzstück­en gehören hier „Zeichen in Gelb“von 1937 oder „Park bei Lu“von 1938. Parallel dazu entstehen vereinzelt auch gestische Malereien, etwa von Bergrücken, in denen er bereits der Nachkriegs­kunst mit dem Abstrakten Expression­ismus voraus greift.

Besonders gelungen ist diesmal der Katalog. Neben Experten untersuche­n darin auch bekannte Persönlich­keiten Klees Arbeiten. So widmet sich etwa der Schweizer Architekt Peter Zumthor in einem Beitrag den architekto­nischen Elementen.

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FOTO: ROBERT BAYER;FOUNDATION BEYELER Zu den Glanzstück­en der Ausstellun­g gehört „Zeichen in Gelb“, das Paul Klee 1937 im Exil gemalt hat.
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FOTO: FELIX KLEE, KLEE-NACHLASSVE­RWALTUNG Paul Klee mit der Katze Fripouille 1921 in Possenhofe­n.

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