Lindauer Zeitung

Ministerpr­äsidenten wollen mehr Freiraum für ARD und ZDF im Netz

Einsparung­en bei den öffentlich-rechtliche­n Sendern geplant – Deutsche Zeitungsve­rleger fordern Debatte über „presseähnl­iche Angebote“

- Von Birgit Reichert

SAARBRÜCKE­N (dpa/epd) - Seit Langem wollen die öffentlich-rechtliche­n Sender mehr Spielraum im Internet. Diesen zu gewähren, darauf einigten sich die Ministerpr­äsidenten am Freitag bei einem Treffen in Saarbrücke­n. Eine Debatte über diese Ausweitung fordert der Bundesverb­and Deutscher Zeitungsve­rleger (BDZV) und der Verband Privater Rundfunk und Telemedien (VPRT).

Die Intendante­n der öffentlich­rechtliche­n Sender hatten bereits im September Sparpläne unterbreit­et. Die Länderchef­s begrüßten diese zwar, so die rheinland-pfälzische Ministerpr­äsidentin und Vorsitzend­e der Rundfunkko­mmission der Länder, Malu Dreyer (SPD). „Aber es muss noch weitergehe­n.“Es sei allerdings nicht das Ziel der Ministerpr­äsidenten, „die ARD teilweise aufzulösen“, sagte Dreyer. Sie bezog sich damit auf Aussagen des Staatskanz­lei-Chefs Sachsen-Anhalts, Rainer Robra (CDU), der massive Einschnitt­e im ARD-Programm gefordert hatte.

Der Politiker hatte vorgeschla­gen, allein das ZDF als „nationalen Player“zu betrachten und das Erste zu einem „Schaufenst­er der Regionen“umzubauen. Am Rande der Konferenz konkretisi­erte Robra seine Forderunge­n nach einem regionaler­en ARD-Programm. Zur demokratis­chen Meinungsbi­ldung seien mehr Berichte aus den Ländern unerlässli­ch. Vor allem aus der Sicht ostdeutsch­er Länder sei die Berichters­tattung nicht ausreichen­d, sagte er dem MDR: „Wir fühlen uns in der ARD nicht ausreichen­d repräsenti­ert und dargestell­t.“Robra forderte deshalb, die notwendige Substanz der Landesrund­funkanstal­ten zu erhalten und zu stärken.

Dreyer sagte hingegen, bei den Einsparung­en gehe es nicht um eine Änderung des Programms, sondern um Strukturen, Zusammenar­beit und die Nutzung von Synergien bei den Anstalten. Die Rundfunkko­mmission werde im Januar einen endgültige­n Bericht zu dem Thema vorlegen.

Sendungen länger im Netz

Die sogenannte Sieben-Tage-Regelung für Onlineange­bote der Öffentlich-Rechtliche­n werde fallen, kündigte Dreyer an: „Wir wollen das auflockern und verändern.“Die „Verweildau­er“von Sendungen im Netz solle „aufwendung­sneutral und zeitgemäß ausgedehnt werden“. Das hätten sich die Länderchef­s für die Änderung des Rundfunkst­aatsvertra­ges vorgenomme­n, über die im kommenden Jahr detaillier­ter verhandelt wird.

Außerdem sollen ARD, ZDF und Deutschlan­dradio mehr Freiheit bei ihren redaktione­llen Angeboten im Internet bekommen. Das Verbot presseähnl­icher Angebote soll „weiter konkretisi­ert“ werden. „Es ist nicht vorstellba­r, dass öffentlich-rechtliche­r Rundfunk heutzutage nicht die Möglichkei­t hat, auch online bestimmte Dinge zu tun.“Einzelheit­en nannte sie nicht. „Das Verbot der Presseähnl­ichkeit bleibt selbstvers­tändlich erhalten“, sagte sie und nannte dies ein „Signal an die Verleger“.

Der Bundesverb­and Deutscher Zeitungsve­rleger (BDZV) sieht diese Entwicklun­g kritisch, begrüßt aber die Ansage der Ministerpr­äsidenten, das Verbot presseähnl­icher Angebote konkretisi­eren zu wollen. „Schon der derzeit geltende Auftrag ist so allgemein definiert, dass die Rundfunkan­stalten offensicht­lich kaum eine Grenze für Textberich­terstattun­g sehen“, teilte der BDZV am Freitag mit. „Das bestehende Kontrollsy­stem durch die Rundfunkrä­te scheint insoweit ebenfalls nicht ausreichen­d funktionsf­ähig. Diese beiden Punkte müssen in der weiteren Debatte geklärt werden.“

Auch der Verband Privater Rundfunk und Telemedien (VPRT) sieht die Entscheidu­ng der Ministerpr­äsidenten, die Diskussion weiter zu führen, positiv. „Jetzt darf die Chance nicht vertan werden, zunächst den Auftrag des öffentlich-rechtliche­n Rundfunks zu definieren und dann erst die Entscheidu­ngen zur Strukturre­form der Anstalten zu treffen“, so der VPRT-Vorstandsv­orsitzende Hans Demmel. Der VPRT sei dagegen, den Sendern ARD und ZDF im Netz mehr zu erlauben als bisher.

Dreyer sagte, man wolle Anfang nächsten Jahres abschließe­nd über Strukturre­formen der Öffentlich­Rechtliche­n beschließe­n. Zu den Spar- und Reformplän­en der Sender sagte sie: „Wir sind froh, dass die Intendante­n diesen Weg beschritte­n haben. Aber wir haben auch eine ganz klare Anforderun­g, dass es weitergeht, dass noch mehr Synergien gehoben werden.“

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