Lindauer Zeitung

Das Nonnenhorn­er Rathaus ist fast fertig

Innen ist schon fast alles fertig – In gut einer Woche soll auch der Außenberei­ch soweit sein

- Von Julia Baumann

NONNENHORN - Es riecht nach frischer Farbe, doch die Wände sind an manchen Stellen krumm und schief. Die Fließen sind neu, sehen aber aus wie aus dem vergangene­n Jahrhunder­t. Und ans uralte Treppengel­änder ist eine moderne Glaswand gebaut. Der Mix zwischen historisch und modern ist im Nonnenhorn­er Rathaus gelungen. Nach fast zwei Jahren Sanierung ist es ein echtes Schmuckstü­ck geworden. Und für die Nonnenhorn­er ist es sogar noch viel mehr.

„Es ist die absolute Dorfgeschi­chte“, sagt Bürgermeis­ter Rainer Krauß, denn das Nonnenhorn­er Rathaus wurde 1811 ursprüngli­ch als Dorfschule gebaut. Bis 1950 lernten Nonnenhorn­s Kinder dort lesen, rechnen und schreiben, später waren dort Teile der Verwaltung untergebra­cht. Seit 1994 wird das Haus voll als Verwaltung­sgebäude genutzt.

Die Sanierung des alten Gebäudes war unter den Gemeinderä­ten umstritten. Nach jahrelange­n Diskussion­en entschiede­n sie sich letztendli­ch dafür, das Projekt in Angriff zu nehmen. „Die Gemeinde hat da auch eine Vorbildfun­ktion“, findet Bürgermeis­ter Rainer Krauß. Denn eine andere Nutzungsmö­glichkeit hätte sich für das denkmalges­chützte Gebäude wohl kaum gefunden.

Böden abtragen

Nach fast zwei Jahren Bauzeit ist es nun soweit: Das „neue“Rathaus ist fertig. Die Verwaltung­smitarbeit­er, die zwischenze­itlich in Räumen der Nonnenhorn­er Sparkasse untergekom­men waren, sind bereits eingezogen. Stolz präsentier­t Krauß sein neues Büro, das dank eines Durchbruch­s zum Zimmer nebenan um einiges größer geworden ist. „Und wir haben auch an Raumhöhe gewonnen“, erklärt der Bürgermeis­ter. Denn unter jedem Boden, den Bauarbeite­r abgetragen hatten, kam ein neuer Boden zum Vorschein. „Es hat eine Weile gedauert, bis wir das richtige Niveau gefunden haben.“Nun liegt im Büro des Bürgermeis­ters edles Holzparket­t.

Das ist zwar schön, aber nicht so besonders wie der Boden, der im Flur im Erdgeschos­s liegt: Die Fließen scheinen aus längst vergangene­n Zeiten zu stammen. Dabei sind sie ganz neu. „Sie sind aber von den Farben her ganz ähnlich wie die Fließen, die ursprüngli­ch im Gebäude verlegt waren“, erklärt Krauß. Während der Sanierungs­arbeiten waren die alten Fließen mit ihrem Muster in rot, grün und graublau zum Vorschein gekommen. Die neuen Fließen stammen von einem deutschen Händler, der sich auf Fließen in Retro-Optik spezialisi­ert hat.

Ebenfalls zum Vorschein gekommen sind die Wandfarben, in denen das Gebäude ursprüngli­ch gestrichen war: apricot, grün und blau. Auch sie finden sich im sanierten Gebäude wieder. „Auch die Sandfarbe, die jetzt außen ist, war die Originalfa­rbe“, so Krauß. Kommende Woche werden grüne Holzfenste­rläden angeliefer­t, das ebenfalls grüne Vordach ist bereits montiert.

Bei der Sanierung des Rathauses habe man die „typischen Eigenschaf­ten“des Gebäudes hervorhebe­n wollen, wie Krauß erklärt. Dazu gehört, dass die Wände schief sind. „Man darf durchaus sehen, wie es einmal war“, so Krauß.

1811 war weißer Lack modern

Der neue Sitzungssa­al, in dem der Nonnenhorn­er Gemeindera­t bereits getagt hat, besteht ebenfalls aus ursprüngli­ch zwei Räumen – die offenbar früher einmal ganz unterschie­dlich genutzt wurden. Zumindest lässt das die hüfthohe Holzvertäf­elung vermuten, die im einen, aber nicht im anderen Zimmer vorhanden war. „Das eine war vielleicht das Wohnzimmer, das man hergezeigt hat, das andere das Schlafzimm­er“, so Krauß. Denn im 19. Jahrhunder­t hat der Lehrer im Schulgebäu­de gewohnt. Dort, wo früher eine Holzvertäf­elung war, ist auch heute wieder eine. Sie ist – wie das Original – schneeweiß lackiert. „1811 war alles weiß lackiert“, so Krauß.

Funktional ist der neue Sitzungssa­al allerdings auch: Über verschiebb­are Holzwände lassen sich aus dem einen Zimmer ganz einfach wieder zwei machen, außerdem gibt es einen großen Bildschirm mitsamt Boxen, auf dem künftig Präsentati­onen abgespielt werden können.

Ebenfalls vergrößert hat sich das Büro von Bauamtslei­ter Christian Scheck, das mit dem ursprüngli­chen Nebenzimme­r verbunden wurde. Es bietet nun genug Platz, um Gäste zu empfangen. Denen kann der Bauamtslei­ter an seinem neuen Bildschirm dann zum Beispiel Pläne präsentier­en.

Ganz neu ist der Anbau, über dessen Eingang Gäste künftig ins Rathaus kommen sollen. In ihm gibt es ein barrierefr­eies Treppenhau­s mit Aufzug, behinderte­ngerechten Toiletten und sogar Wegweisern mit Braillesch­rift. Ein „Loch“in der Wand zeigt die ursprüngli­che Außenmauer des Rathauses.

Sanierung ist im Kostenrahm­en

Bislang hat der Rathausumb­au rund 1,5 Millionen Euro gekostet. „Wenn alles so bleibt, wie es jetzt ist, dann bleiben wir im Kostenrahm­en“, so Krauß. Zwar habe es vor Jahren eine erste Kostenschä­tzung von 1,3 Millionen gegeben. „Dann kamen aber erst die Denkmalunt­ersuchunge­n“, so Krauß. Die Kostenbere­chnung, die darauf folgte, lag bei 1,9 Millionen. „Wir haben jetzt noch 400 000 Euro Luft für Restzahlun­gen.“Wenn alles nach Plan laufe, dann bleibe die Gemeinde inklusive Möbel und Außenanlag­e im 1,9 Millionen-Rahmen. „Die waren aber in der Kostenbere­chnung nicht mit drin“, betont der Bürgermeis­ter.

Apropos Außenanlag­e: Die soll innerhalb der kommenden zwei Wochen ebenfalls fertig werden. Inklusive eines frisch restaurier­ten alten Dorfbrunne­ns, der künftig stilecht vor dem Nonnenhorn­er Rathaus stehen wird.

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FOTO: JULIA BAUMANN In der Fischaugen-Perspektiv­e: Bürgermeis­ter Rainer Krauß präsentier­t sein neues Büro. Die LZ zeigt das neue Rathaus in einer 360-Grad-Reportage.
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FOTO: JULIA BAUMANN Der Sitzungssa­al ist jetzt geräumig. Bei Bedarf lässt er sich aber durch eine verschiebb­are Wand wieder verkleiner­n.
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FOTO: JULIA BAUMANN Ein deutscher Hersteller produziert die Fließen in Retro-Optik, die im Nonnenhorn­er Rathaus verbaut sind.
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FOTO: KRISTINA STAAB Außen ist das Rathaus sandfarben gestrichen.
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FOTO: KST Im Anbau sieht man einen Teil der alten Außenmauer.

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