„Die Weiße Rose lässt euch keine Ruhe“
Markus Schmorell und Karl Schweitzer eröffnen die Ausstellung über die Weiße Rose mit Vorträgen über den Widerstand
LINDAU - Die „Weiße Rose“gilt als bekanntestes und symbolgebendes Beispiel für den bürgerlichen Widerstand innerhalb Deutschlands gegen das NS-Regime. Hatten die Studenten Hans und Sophie Scholl, Alexander Schmorell, Willy Graf, Christoph Probst und der Universitätsprofessor Kurt Huber in München und anderen Großstädten Deutschlands zum Widerstand aufgerufen, so gab es auch im Landkreis Lindau mutige Menschen, die gegen die Hitler-Diktatur aufbegehrten. Als Auftakt zur Ausstellung „Weiße Rose. Der Widerstand von Studenten gegen Hitler, München 1942/43“, die die Volkshochschule zeigt, haben Markus Schmorell, der Neffe von Alexander Schmorell und der Lindauer Lokalhistoriker Karl Schweizer vor rund 20 Interessierten im Alten Rathaus in den Widerstand im Großen wie im Kleinen eingeführt.
„Bitte vervielfältigen und weiterversenden!“, stand so oder in ähnlichen Worten am Ende jeden Flugblattes, mit dem die Weiße Rose zum Widerstand gegen das NS-Regime und gleichzeitig zu einer humanistisch-demokratischen Einstellung aufgerufen hat. Ob eines ihrer sechs Flugblätter jemals in Lindau angekommen ist, davon ist Karl Schweizer nichts bekannt. Was er aber berichten konnte, war, dass das „Südschwäbische Tagblatt“, wie die Lindauer Zeitung damals hieß, die Lindauer am 24. Februar 1943 davon unterrichtet hatte, dass der 24-jährige Hans Scholl, die 21-jährige Sophia Scholl und der 23 Jahre alte Christoph Probst „wegen Vorbereitung zum Hochverrat und wegen Feindbegünstigung zum Tode und zum Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte“in München verurteilt wurden. „Das Urteil wurde am gleichen Tage vollstreckt.“Diese Zeitungsmeldung hatte nicht den Zweck, die Lindauer von der Existenz einer Widerstandsgruppe zu unterrichten, sondern war, nach Schweizers Einschätzung, als Warnung gedacht. Eine Warnung davor, dass Widerstand gegen das Regime tödlich endet. Oder zumindest im Konzentrationslager.
Nichtsdestotrotz gab es im Landkreis Lindau Menschen, die sich gegen das NS-Regime stellten. Und zwar schon lange Zeit vor der Machtergreifung Hitlers. Beispiele, die Schweizer in seinen beiden Broschüren dokumentiert hat und von denen er an diesem Abend einige nannte. Etwa jener Widerstand, den Bürger jüdischen Glaubens übten, als sie sich in einem Schreiben gegen antijüdische Parolen an ihren Häusern wehrten. Oder Mitglieder der verbotenen Arbeiterparteien SPD und KPD sowie der Freien Gewerkschaften, die Schriften, Nachrichten oder Zeitungen von und in die Schweiz schmuggelten und verbreiteten. Aber auch der damalige Pfarrer von St. Stephan, Georg Kühn, der gegen den Einfluss der Nazis in Kirchenangelegenheiten, kämpfte. zitierte Karl Schweizer das „Südschwäbische Tagblatt“, wie die Lindauer Zeitung damals hieß.
Ein anderer, deutschlandweiter Widerstand ging indessen von der Weißen Rose aus. Zu ihr hatten sich junge Münchner Studenten zusammengeschlossen, um gegen die nationalsozialistischen Ideen aufzubegehren. Ein Widerstand, der sich von einem rein intellektuellen zu einem aktiven, entwickelte, wie Markus Schmorell, der Neffe von Alexander Schmorell, in seinem Vortrag aufzeigte. Denn was die Freunde Hans Scholl und Alexander Schmorell miteinander seit frühster Studienzeit miteinander verband waren christlich motivierte humanistisch-demokratische Ideale. Das Schlüsselerlebnis, beim Fronteinsatz die Wirklichkeit des Krieges miterlebt zu haben, brachte die beiden 1942 dazu vom inneren zum äußeren Widerstand überzugehen und die ersten vier, von insgesamt sechs Flugblättern, „an einem Tag rauszuhauen“, wie Markus Schmorell den Beginn der Weißen Rose schilderte.
Ein ganzes Jahr und im Austausch mit Gleichgesinnten, hatten sie sich intensiv damit beschäftigt, „sich ihrer Haltung klar zu werden“. Rund 100 Exemplare existierten von diesen Flugblätter, die per Post an Intellektuelle im Raum München versandt wurden und zum Ziel hatten „den Nationalsozialismus zu Fall zu bringen“, wie sie im dritten Flugblatt schreiben. Nach und nach schlossen sich der inneren „Zelle“der Weißen Rose mit Willy Graf, Christoph Probst und Sophie Scholl weitere Studenten sowie der Universitätsprofessor Kurt Huber an. Dieser innere Kreis wurde ergänzt, durch Mitarbeiter, Mentoren und Unterstützer im Saarland, Ulm, Hamburg und München. Mit dem Entwurf von Christoph Probst für das siebte Flugblatt in der Manteltasche, und einem Koffer voller Ausgaben des sechsten Flugblattes, wurden am 18. Februar 1943 Hans Scholl und seine Schwester Sophie, verhaftet. Vier Tage später töte sie das Fallbeil.
„Das Urteil wurde am gleichen Tage vollstreckt.“