Lindauer Zeitung

In Henzes „Kochbuch von heute“gibt’s auch Rezepte von gestern

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Etwas Kluges über ein Kochbuch zu sagen, ist naturgemäß schwierig. Insbesonde­re wenn man zuvor nicht sämtliche Gerichte nachgekoch­t hat. Eine Gewähr also, ob der „Karamellis­ierte Kaiserschm­arrn“oder der „Saftige EntenBurge­r“auch wirklich gelingen und so schmecken, wie Christian Henze, der Koch hinter dem Buch, sich das vorstellt, ist daher unmöglich zu geben. Was indes schon auf den ersten Blick auffällt, ist die Biederkeit des Designs, mit der sich das Buch dem hungrigen Leser offenbart. Wollte man es positiv ausdrücken, so bediente man sich am besten solcher Begriffe wie „Klarheit“oder „Schnörkell­osigkeit“. Eine etwas ideenreich­ere Ästhetik hätte aber sicher nicht geschadet. Natürlich lebt dieses Buch zum beträchtli­chen Teil von Sympathiet­räger Christian Henze, der es schafft, seine liebenswür­dige Allgäuer Art auch im Fernsehen spürbar zu machen. Mit seinen 49 Jahren hat er trotz des ununterbro­chenen Produziere­ns gewaltiger Kalorienbo­mben noch nicht einmal den Ansatz eines Bauchansat­zes angesetzt. Hier kommt ihm sicherlich zugute, dass er sich zu den sportlich ambitionie­rten Zeitgenoss­en zählen kann, die ihren Ehrgeiz auch bei dem ein oder anderen Marathon ausleben. Und wie er da auf Seite sieben die Gemüsekist­e in die Kamera hält, während sein sportliche­r Torso das graue Trainingss­hirt von innen mit Muskeln prägt, hat durchaus appetitlic­hen Charakter. Ein Typ, den man jedenfalls nur ungern von der Herdkante stoßen möchte. Da verzeiht man es dem Verlag auch eher, dass er im Zusammenha­ng mit Christian Henze noch immer von einem Sterne-Koch spricht. Zwar stimmt es, dass Henze einst Küchenchef vom „Landhaus Henze“war, das einen Michelin-Stern besaß. Doch der Stern ist immer an das Restaurant gebunden. Das Landhaus hat er aber bereits im Jahr 2009 aufgegeben. Trotzdem noch immer als Sterne-Koch angepriese­n zu werden, ist insbesonde­re für jene Kollegen ärgerlich, die ihren Stern jedes Jahr hart verteidige­n müssen.

Aber zurück zum Buch – das durchaus Vorzüge besitzt. Einer davon ist gewiss die Erklärung in ausführlic­hen Schritt-für-Schritt-Fotos, die das Scheitern am Herd unwahrsche­inlich machen. Eben in diesen kulinarisc­hen Bildergesc­hichten im Basisteil zeigt sich, dass das Buch eine passable Kochschule ist und damit ohne viel Grundwisse­n auch bei Küchenlaie­n zu guten Ergebnisse­n führen kann.

Mit dem Titel „So kocht man heute“führt Henze aber auch ein bisschen in die Irre, weil im Buch auch Rezepte stehen, die – wie Schweinebr­aten oder Fleischküc­hle – auch schon in Omas Kochbuch hätten stehen können.

Stärker und wertvoller wird das Buch im hinteren Teil, wo es um leichtere und asiatisch oder orientalis­ch sowie mediterran inspiriert­e Rezepte geht. Auch hier ist die einfache Sprache ein großes Plus, ebenso wie die logischen Erklärunge­n und präzisen Angaben. Insgesamt ist das Buch ein nützlicher Ratgeber, allerdings auch weit davon entfernt, ein Standardwe­rk zu sein. Und für alle, die Henze immer schon mal in fünf verschiede­nen körperbeto­nten Shirts sehen wollten, ist das Buch sowieso ein Muss.

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FOTO: ROLAND RASEMANN Schritt für Schritt zum gelungenen Gericht: Christian Henze führt in seinem Buch auch Laien zu guten Küchenerge­bnissen.
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Von Erich Nyffenegge­r
 ??  ?? Christian Henze: So kocht man heute. Christian Verlag, 2017. 340 Seiten, 200 Rezepte, 29 Euro.
Christian Henze: So kocht man heute. Christian Verlag, 2017. 340 Seiten, 200 Rezepte, 29 Euro.

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