Die Werft spaltet Wasserburg
Nachbarn haben Einwände gegen Umbau – Streit um Weg zum Bootsparkplatz.
WASSERBURG - Mauscheleien, Schuldzuweisungen, Austritte aus dem Gemeinderat: Der geplante Umbau der Wasserburger Werft spaltet die Gemeinde. Während die einen das Projekt befürworten, fürchten die anderen, dass dort klammheimlich ein Hotel oder Clubbetrieb entstehen soll – mit fatalen Folgen für Natur und ruhesuchende Anlieger. Mittendrin: Bürgermeister Thomas Kleinschmidt.
Dem Bürgermeister gehören zwei Grundstücke, die direkt an die Werft grenzen. Auf dem einen wohnt er, das andere hat er gemeinsam mit seiner mittlerweile verstorbenen Frau Katharina erst vor wenigen Jahren gekauft. Damals gehörte die Werft noch ihrem Vater Roland Prechtl, der das Grundstück gepachtet hatte, um darauf Bootsstellplätze zu vermieten. Nachdem Katharina und Thomas Kleinschmidt das Grundstück gekauft hatten, kündigten sie den Pachtvertrag mit Roland Prechtl. Der Werftbesitzer musste den Bootsbesitzern auf einen Schlag 400 000 Euro an Kautionen zurückzahlen. Kurze Zeit später gab er die Werft an Investor Johannes Segmüller ab.
Wegen Befangenheit ist Kleinschmidt (CSU) sowohl von den Gesprächen mit Investor und Landratsamt als auch von den Abstimmungen des Gemeinderats zu diesem Thema ausgeschlossen gewesen. Unter seinem Stellvertreter Alexander Fundele (CSU) hatte der Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung grünes Licht zum Werftumbau gegeben. Wenn das Landratsamt die Pläne genehmigt, kann der Bau beginnen.
Kleinschmidt schaltet Rechtsaufsicht ein
In der gleichen Sitzung hatten die Räte auch der Widmungserweiterung eines Fußwegs zugestimmt. Er soll künftig für Anlieger frei sein. Der Weg führt am Grundstück von Kleinschmidt vorbei zu einem weiteren Grundstück des Investors, das dieser als Bootsparkplatz benutzen möchte. Das geht allerdings nur, wenn er den Weg befahren darf.
Fundele, der die Diskussion zu diesem Punkt leitete, hatte betont, dass ohne diese Widmungserweiterung das Werft-Projekt scheitern würde. Die Sitzungsvorlage der Verwaltung hatte allerdings empfohlen, die Widmungserweiterung abzulehnen. Die Räte stimmten trotzdem dafür. Im Gespräch mit der LZ erklärt Fundele, er habe die Vorlage im Vorfeld der Gemeinderatssitzung nicht zu Gesicht bekommen. „Das ist nicht richtig“, behauptet Thomas Kleinschmidt. Ein Verwaltungsmitarbeiter habe die Vorlage an den zweiten Bürgermeister verschickt – und keine Reaktion bekommen.
Laut Kleinschmidt überprüfe nun die Rechtsaufsichtsbehörde, ob er zu Unrecht von diesem Tagesordnungspunkt ausgeschlossen war. Dabei ginge es ihm allerdings lediglich um Rechtssicherheit. Denn ein Anwohner habe Bedenken an seinem Ausschluss geäußert. „Und ich möchte nicht, dass der Gemeinderat sich vollends blamiert“, so Kleinschmidt.
Wie die „neue“Werft aussehen soll, hat Investor Johannes Segmüller dem Wasserburger Bauausschuss bereits vor einem Jahr präsentiert. Segmüller will die ältere der beiden Werfthallen zu einem großen Teil abreißen und wieder neu aufbauen. Im neuen Keller sollen Toiletten, Duschen und Heizung Platz finden. Im Erdgeschoss plant Segmüller, einen Teil der Halle als Lagerraum für Boote zu nutzen. Außerdem soll es dort eine Lackierkabine geben. Holz- und Motorenwerkstatt sollen im ersten Stock untergebracht sein. Die neuere der beiden Werfthallen soll künftig als reines Bootslager dienen. Laut Fundele arbeitet der Investor eng mit dem Landratsamt zusammen. „Das Landratsamt hat schon nach der Bauvoranfrage etliche Gutachten gefordert. Es gab etliche Vorbesprechungen und Voruntersuchungen“, sagt Fundele im Gespräch mit der LZ.
Anlieger sehen in Werftbetrieb nur Vorwand
Einige Anlieger fürchten allerdings, dass der Werftbetrieb nur ein Vorwand des Investors ist. „Ich glaube, dass es nicht um die Reparatur, sondern um die Einlagerung und das Slippen von Booten geht. Und, dass dort eine Clubbewegung und ein Partybetrieb entsteht“, sagt Michael Kostelezky, der mit seiner Frau ein Grundstück neben der Werft besitzt. Denn dass Holz- und Motorenwerkstatt künftig im ersten Stockwerk untergebracht sein sollen, sei für einen Werftbetrieb ungeschickt.
„Diese unsinnige Maßnahme ist ganz offensichtlich ein Alibiprojekt, um keine Umnutzung beantragen zu müssen“, formuliert es Anliegerin Inge Pilgram in einem Schreiben an Gemeinderätin Annemarie Beck (FB), das der LZ vorliegt. Beck war eine von wenigen Gemeinderäten, die gegen den Werftumbau gestimmt haben. „So, wie das jetzt aussieht, wird das ein Hotel“, sagt sie im Gespräch mit der LZ.
Laut Landratsamt werden künftig eher weniger Boote gelagert
Gegen die Umgestaltung der Hallen habe keiner etwas, sagt Kleinschmidt. „Man sollte aber das beantragen, was man machen möchte.“Der Bürgermeister bemängelt außerdem, dass in und um die Werft künftig viel mehr Boote gelagert werden sollen als bisher: 40 in der Lagerhalle, 20 in der Werkstatt und 30 im Außenbereich.
Laut Landratsamt war die Zahl der zu lagernden Boote bisher allerdings überhaupt nicht begrenzt. „Faktisch werden künftig eher weniger Boote gelagert als bisher möglich waren“, schreibt Angela Wolf aus dem Büro des Landrats. Zudem würde künftig ein Großteil der Boote in Hallen gelagert, sodass die Beeinträchtigung der Außenbereichsanlage eher weniger werde. Das Grundstück, auf dem die beiden Werfthallen stehen, befindet sich im Landschaftsschutzgebiet. Ein Werftbetrieb ist dort privilegiert, weil dafür ein direkter Seezugang notwendig ist. Kleinschmidt ist überzeugt: „Die Privilegierung geht verloren.“Schließlich würden im geplanten Betrieb Boote lediglich repariert, aber nicht mehr gebaut. „Auch eine Reparaturwerft kann wohl grundsätzlich privilegiert sein“, schreibt Angela Wolf vom Landratsamt. Allerdings müsse man die abschließende Prüfung noch abwarten.
Auch eine nachteilige Veränderung in puncto Natur- und Landschaftsschutz sieht das Landratsamt durch den Werftumbau nicht. „Es soll ein Ersatzbau in etwa gleicher Größe und Gestaltung des vorhandenen Bestandes errichtet werden. Die Belange des Naturschutzes und die Schutz zwecke der Landschaftsschutz verordnung werden daher nicht mehr betroffen als durch den vorhandenen Bestand“, schreibt Wolf.
Anwohnerin Inge Pilgram ist trotzdem überzeugt: Zweiter Bürgermeister Alexander Fundele hat in der jüngsten Gemeinde ratssitzung Partei für den Werft-Investor ergriffen. „Mein Eindruck war, dass Herr Fundele das Bauvorhaben unbedingt bewilligt haben wollte und – indem er Sachverhalte verschwieg oder beschwichtigend abtat–den In format ions rückstand des Gemeinderates ausnutzte“, schreibt sie.
„Absoluter Schmarrn“, entgegnet Fundele, mit dem Vorwurf konfrontiert. „Ich habe Herrn Segmüller bei den Besprechungen mit dem Landratsamt kennengelernt.“Dort habe er die Gemeinde als Stellvertreter des Bürgermeisters vertreten.
Die Kostelezkys haben einen Anwalt eingeschaltet, über den sie dem Landratsamt ihre Einwände gegen den Werftumbau geschildert haben. Sie überlegen, gegen das Vorhaben zu klagen. Bürgermeister Thomas Kleinschmidt wird nach eigener Aussage nicht gegen eine Baugenehmigung für die Werft klagen. Inge Pilgram fordert in ihrem Schreiben an Annemarie Beck indes, dass sich die Gemeinderäte noch einmal gründlich mit dem Thema und den Bau plänen auseinandersetzen und neu abstimmen.
„So, wie das jetzt aussieht, wird das ein Hotel.“Annemarie Beck