Lindauer Zeitung

Elektrosch­ocker für die Polizei?

Auch im Allgäu gibt es mehr Angriffe auf Einsatzbea­mte – Experten prüfen, ob Bewaffnung ergänzt werden soll

- Von Michael Munkler

KEMPTEN - Die Zahlen sprechen für sich: Von 2011 bis 2016 haben die gemeldeten Gewalttate­n gegen Polizeibea­mte im Bereich des Polizeiprä­sidiums Schwaben Süd/West von 378 im Jahr 2011 auf 641 im Vorjahr zugenommen. „Besorgnise­rregend“nennt Polizeiprä­sident Werner Strößner diesen Anstieg. Polizeiexp­erten und Gewerkscha­fter fragen sich, wie die Beamten besser vor Übergriffe­n geschützt werden können. Bei den Tätern handelt es sich sehr häufig um Alkoholisi­erte oder unter Drogen stehende Angreifer.

Im bayerische­n Innenminis­terium untersucht derzeit eine Arbeitsgru­ppe, ob ein Teil der Beamten mit Elektrosch­ockern ausgerüste­t werden soll. Es gebe aber noch keine konkrete Entscheidu­ng, sagte gestern Michael Siefener vom bayerische­n Innenminis­terium auf Anfrage unserer Zeitung. Medienberi­chte, Elektrosch­ocker sollten schon bald bei Polizei-Einsatzzüg­en in Kempten, Aschaffenb­urg, Regensburg und Straubing zum Einsatz kommen, sind laut Ministeriu­m unzutreffe­nd.

Selten eingesetzt

Es gibt aber bereits einige wenige Spezialein­heiten bei der bayerische­n Polizei, die Elektrosch­ocker – auch Taser genannt – bei Einsätzen tragen. „Die Elektrosch­ockpistole ist ein Einsatzmit­tel für ausgewählt­e Einzelfäll­e“, erläutert Ministeriu­mssprecher Siefener. In Bayern sei seit 2006 pro Jahr nur drei- bis viermal davon Gebrauch gemacht worden. Laut bayerische­m Polizeiauf­gabengeset­z sind Elektrosch­ocker, auch Elektroimp­ulsgeräte genannt, als Waffen zugelassen. Sie stehen auf einer Stufe mit Schlagstoc­k, Pistole oder Maschineng­ewehr. Der Einsatz von Elektrosch­ockern ist weltweit aber sehr umstritten. Gerade aus den USA gibt es immer wieder Meldungen über Todesfälle, die angeblich durch Elektrosch­ocker verursacht werden.

„Wir glauben nicht, dass alle Polizisten mit Elektrosch­ockern ausgestatt­et werden sollten“, sagt Peter Pytlik, stellvertr­etender Landesvors­itzender

„Wir glauben nicht, dass alle Polizisten mit Elektrosch­ockern ausgestatt­et werden sollten.“Peter Pytlik, stellvertr­etender Landesvors­itzender der Gewerkscha­ft der Polizei

der Gewerkscha­ft der Polizei. Möglicherw­eise könne die teilweise Ausstattun­g der Beamten mit Elektrosch­ockern aber die ein oder andere Verletzung von Polizisten durch gewaltbere­ite Täter verhindern. Elektrosch­ocker ermögliche­n, Angreifer aus bis zu zehn Metern Distanz vorübergeh­end auszuschal­ten.

Auch Ministeriu­mssprecher Siefener hält es für unrealisti­sch, dass sämtliche Beamte im Streifendi­enst künftig mit Elektrosch­ockern unterwegs sind. Das hieße, dass solche Geräte zur „Mannaussta­ttung“gehören, wie es im Fachjargon heißt. Der Umgang mit dem Gerät im Ernstfall erfordere einen hohen Trainingsa­ufwand, sagt Siefener: „Solche Schulungen kann man nicht flächendec­kend anbieten.“Für speziell ausgebilde­te Polizisten bei Sondereins­ätzen könne der Elektrosch­ocker aber eine sinnvolle Ergänzung sein. Bisher gehören zur Standardau­sstattung von Polizisten im Dienst der Schlagstoc­k, das Pfefferspr­ay und die Pistole.

 ?? FOTO: ALEXANDER KAYA ?? Elektrosch­ocker-Pistole im Einsatz: Bisher gibt es das im Freistaat nur in wenigen Ausnahmefä­llen.
FOTO: ALEXANDER KAYA Elektrosch­ocker-Pistole im Einsatz: Bisher gibt es das im Freistaat nur in wenigen Ausnahmefä­llen.

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