Grüne lösen Debatte über zweiten Vizekanzler aus
Parteichef Özdemir rudert zurück – Heute geht es beim Sondieren ums Geld
BERLIN - Mitten in den Sondierungsgesprächen über eine Jamaika-Koalition haben die Grünen bereits eine Debatte über den Posten des Vizekanzlers in dem möglichen Dreierbündnis ausgelöst. Parteichef Cem Özdemir und die Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt versuchten am Montag, die vom grünen Geschäftsführer Michael Kellner und Parteichefin Simone Peter entfachte Diskussion wieder einzufangen.
„Es geht um keinerlei Posten“, sagte Cem Özdemir, sondern um die Koordination der künftigen Regierungsarbeit mit drei, nicht zwei Partnern. Auch die Grünen-Abgeordnete Agnieszka Brugger, die zum Verhandlungsteam zählt, sagte der „Schwäbischen Zeitung“: „Über Posten wird erst am Schluss gesprochen.“Erst einmal würden ergebnisoffene Sondierungsgespräche geführt. Co-Parteichefin Simone Peter hatte die Frage der Vizekanzlerschaft als „zentral“bezeichnet. Das Grundgesetz sieht jedoch nur einen Vizekanzler vor. Der stünde als größtem der kleineren Partner der FDP zu.
Jan Korte, Geschäftsführer der Linksfraktion, warf den Grünen vor: „Noch keinen einzigen inhaltlichen Punkt gelandet, aber schon mal neue Titel einführen und Posten sichern.“Damit betreibe man „nicht wirklich Demokratieförderung“.
Um das Thema Finanzen soll es in der neuen Verhandlungsrunde heute Abend gehen. Wie teuer wird ein Jamaika-Bündnis? Die CDU hat nachgerechnet, was die Wahlversprechen kosten und kommt auf 100 Milliarden Euro. Es seien aber nur 30 Milliarden Euro möglich. Die von der FDP geforderte Abschaffung des Soli koste 41 Milliarden, die Mütterrente der CSU 28 Milliarden, das Familienbudget der Grünen 48 Milliarden, die Steuerreform der FDP 30 Milliarden. Werden am Ende neue Schulden stehen? „Die schwarze Null hat keiner infrage gestellt“, sagte Özdemir. Man könne „nicht das Geld künftiger Generationen vervespern“.
„Für uns Grüne müssen Investitionen in Infrastruktur, Bildung und Klima Vorrang vor Steuersenkungen haben, die nur Besserverdienern helfen,“sagte Kollegin Brugger. Die schwarze Null von Finanzminister Schäuble soll nicht gefährdet werden. Da seien sich alle einig, erklärte Parteichef Özdemir.
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) erklärte am Montag, sie peile die Entscheidung über eine Aufnahme offizieller Koalitionsverhandlungen für ein Jamaika-Bündnis bis Mitte November an. Bis zum 17. oder 18. November könnte die Sondierungsphase abgeschlossen sein. Bis dahin, dies wurde aus der Unionsfraktion bekannt, sollten „generelle Leitlinien“formuliert werden.