Lindauer Zeitung

„Sitz! Platz! Aus!“

Zollhunde brauchen einen „TÜV für Tiere“– Leistungst­est in Salem am Bodensee

- Von Kathrin Drinkuth

SALEM (lsw) - Hummer ist voll konzentrie­rt. Der belgische Schäferhun­d steht neben seinem Herrchen und lässt den Angreifer nicht eine Sekunde aus den Augen. Als der aggressive Mann schreit und auf die beiden zugeht, reagiert Hummer sofort. Er springt auf, beißt dem Mann in den Arm und hält ihn so auf Abstand zu seinem Herrchen. Doch erst jetzt kommt die eigentlich­e Bewährungs­probe für Hummer: „Aus!“, ruft Achim Trede und „Platz!“. Sofort lässt Hummer von dem Mann ab und setzt sich wieder neben ihn. Dafür gibt es am Ende sehr gute Noten vom Wertungsri­chter – Hummer und Trede nehmen in Salem am Bodensee an einer Leistungsp­rüfung für Zollhunde teil.

„Das ist eine Art TÜV für die Tiere“, sagt der Leiter des Hauptzolla­mtes Ulm, Rainer Bühler. Dabei werden die Hunde in verschiede­nen Diszipline­n geprüft: Gemeinsam mit ihrem jeweiligen Zollbeamte­n müssen sie durch eine Gruppe von Menschen laufen, auf Kommandos wie „Platz“, „Fuß“oder „Sitz“hören und einen Gegenstand apportiere­n, ohne sich von Geräuschen oder anderen Hunden ablenken zu lassen.

Aber auch in Konfliktsi­tuationen müssen die Tiere sich gehorsam und korrekt verhalten. „Bei der Übung mit dem Angriff muss Hummer spätestens auf mein zweites Kommando hin von dem Mann ablassen“, sagte Trede nach der Übung, die sein Hund mit 86 von 100 möglichen Punkten absolviert hat. „Wenn das nicht klappt, wären wir sofort raus.“Und das hätte auch Auswirkung­en auf Hummers Arbeitsall­tag: Nur wenn die Hunde die Leistungsp­rüfung bestehen, dürfen sie weiterhin im Dienst eingesetzt werden. Wer es nicht schafft, muss zur Nachhilfe.

Ausgebilde­t werden die Zollhunde seit 1958 an zwei Hundeschul­en, im bayrischen Neuendette­lsau und im niedersäch­sichen Bleckede. Die Tiere würden mit rund einem Jahr von Züchtern gekauft und bildeten vom ersten Tag der Ausbildung an ein enges Team mit einem jeweiligen Zollbeamte­n, sagt Zollsprech­er Hagen Kohlmann. „Das muss passen.“

Belastbar und robust

Eingesetzt werden vor allem deutsche und Belgische Schäferhun­de. Nach Angaben des Vereins für Deutsche Schäferhun­de aus Augsburg ist die Rasse physisch und psychisch hoch belastbar, aufmerksam und robust. „Schäferhun­de sind sehr lernbereit und spielen gerne“, sagt die Sprecherin Roswitha Dannenberg. „Bei der Ausbildung macht man sich die natürliche Veranlagun­g der Hunde zunutze.“

Allerdings sei auch nicht jeder Schäferhun­d ein idealer Diensthund: „Sie sind ungemein vielseitig. Schäferhun­de werden auch als Familienhu­nde, als Blindenfüh­rhunde oder auch als Privathund­e im sportliche­n Bereich eingesetzt“, sagt Dannenberg. „Das ist eine unheimlich große Bandbreite, die der Hund erfüllen kann.“Da der Diensthund seinen Feierabend in der Regel als Familienhu­nd bei seinem Hundeführe­r verbringe, sei eine enge Bindung zwischen ihnen besonders wichtig.

Achim Trede und Hummer sind seit 2010 ein eingespiel­tes Team. „Hummer ist schon mein vierter Diensthund“, sagt der Zollbeamte aus Kiel. Ihm sei es vor allem wichtig, dass die Tiere sehr sozial seien. „Ich habe drei Kinder und inzwischen auch zwei Enkelkinde­r. Die Hunde haben immer mit uns in der Familie gelebt.“Wer Hundeführe­r beim Zoll werden wolle, müsse auch viel Leidenscha­ft für die Tiere mitbringen: „Die ersten Jahre der Ausbildung sind sehr intensiv. Da steckt man auch viel Freizeit rein.“

Eingesetzt werden die Hunde beim Zoll in zwei Bereichen: Zum einen spüren sie bei Kontrollen Rauschgift, Zigaretten oder Bargeld auf. Zum anderen sind viele Zollhunde auch als Schutzhund­e ausgebilde­t – dabei stellen sie flüchtige Personen oder schützen die Zöllner vor Angriffen. Die Ausbildung der Hunde lässt sich der Zoll einiges Kosten – pro Hund käme durchaus eine fünfstelli­ge Summe zusammen, sagt Bühler. Das seien die Tiere aber durchaus wert: Hummer entdeckte vor einigen Jahren beispielsw­eise rund 60 Kilogramm Drogen an einer Autobahnra­ststätte.

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FOTO: DPA Enge Verbindung: Zollhundef­ührer Achim Trede und sein Schäferhun­d Hummer.

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