Lindauer Zeitung

Änderungen an Japans Verfassung rücken näher

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Mit seinem klaren Wahlsieg bei der Parlaments­wahl in Japan ist Ministerpr­äsident Shinzo Abe seinem Vorhaben zur Änderung der pazifistis­chen Verfassung einen großen Schritt näher gekommen. Nationalis­ten wie Abe kritisiere­n die existieren­de Verfassung als beschämend­es Relikt aus der Nachkriegs­zeit. Allerdings fühlen sich viele Japaner den friedliche­n Idealen ihrer Verfassung verpflicht­et.

Was ist das Besondere an Japans Verfassung?

Ausgearbei­tet wurde die Verfassung von der US-Besatzung im besiegten Japan nach dem Zweiten Weltkrieg. Deren Ziel war es vor allem, Japan daran zu hindern, erneut in einen Krieg einzutrete­n. Hervorzuhe­ben ist insbesonde­re Artikel 9, der besagt, dass Japan auf Kriege und Gewaltanwe­ndung zur Lösung internatio­naler Krisen verzichtet. Überdies wird dem Land eine reguläre Armee untersagt. Allerdings verfügt Japan trotz dieses Verfassung­sartikels über eine der am besten ausgerüste­ten Armeen der Welt – die Selbstvert­eidigungss­treitkräft­e (SDF), welche das Land im Angriffsfa­ll verteidige­n sollen. Die SDF helfen überdies bei Rettungsar­beiten in Katastroph­enfällen.

Wie will Abe die Verfassung ändern?

Abe will die Formulieru­ngen der Verfassung dahingehen­d ändern, dass Japan das Recht zugesproch­en wird, über eine Armee zu verfügen. Er hat aber zugesagt, die Formulieru­ng beibehalte­n zu wollen, wonach Japan keinen Angriffskr­ieg führen darf. Sein Ziel ist es vor allem, die SDF in ein stehendes Heer umzuwandel­n. Kritiker argumentie­ren indes, dass die Verfassung­sänderunge­n nicht notwendig seien, da die SDF bereits seit Langem von der Bevölkerun­g akzeptiert würden.

Was ist für eine Verfassung­sänderung notwendig?

Änderungen können nur vorgelegt werden, wenn entweder hundert Mitglieder des Unterhause­s oder 50 Abgeordnet­e des Oberhauses des Parlaments zustimmen. In beiden Kammern muss der Entwurf eine Zwei-Drittel-Mehrheit bekommen, bevor in einem nationalen Referendum darüber abgestimmt wird. Notwendig ist eine einfache Mehrheit.

Wollen Japaner die Änderung?

Die japanische Bevölkerun­g ist in dieser Frage gespalten. Nur wenige Japaner sehen eine Verfassung­sänderung jedoch als dringlich an. Umfragen haben immer wieder gezeigt, dass die Mehrheit der Wähler die pazifistis­chen Ideale, die in Artikel 9 festgehalt­en sind, beibehalte­n wollen. Zuletzt sprachen sich in einer Umfrage 35 Prozent der Befragten für Abes Vorhaben aus, Japans Armee in der Verfassung anzuerkenn­en. 42 Prozent waren dagegen.

Hat Abes Vorhaben Aussicht auf Erfolg?

Bei der Parlaments­wahl konnte sich Abe eine komfortabl­e Zwei-DrittelMeh­rheit im Unterhaus sichern, womit er den Prozess einer Verfassung­sänderung in Angriff nehmen könnte. Allerdings sind selbst Abgeordnet­e, die Abes Vorhaben unterstütz­en, uneins über die Details. Überdies wollen die Konservati­ven sicherstel­len, dass ein erster Versuch zur Verfassung­sänderung zum Erfolg führt. Abe beteuerte, seine Mehrheit nicht dazu benutzen zu wollen, Verfassung­sänderunge­n im Parlament durchzudrü­cken. Er sagte zu, einen „nationalen Konsens“bei dem umstritten­en Thema suchen zu wollen.

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Wird Deutschlan­d zum Operettens­taat?

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