Lindauer Zeitung

Zeit für Air-Berlin-Mitarbeite­r wird knapp

Transferge­sellschaft lässt auf sich warten – Länder sehen Bund in der Pflicht

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BERLIN (dpa) - Tausende Beschäftig­te der insolvente­n Fluggesell­schaft Air Berlin müssen weiter auf eine Auffangges­ellschaft warten. Die Gewerkscha­ft Verdi forderte am Montag mehrere Bundesländ­er, den Bund und auch die Unternehme­n auf, sich finanziell zu beteiligen. „Jetzt wird die Zeit immer knapper, der Druck immer größer“, teilte Verdi-Bundesvors­tandsmitgl­ied Christine Behle mit. Die Beschäftig­ten verdienten es, dass für sie soziale Verantwort­ung übernommen werde.

Eine Transferge­sellschaft soll AirBerlin-Beschäftig­ten den Übergang in neue Jobs erleichter­n. Bis zu 4500 Menschen könnten laut der Fluggesell­schaft so unterkomme­n. Gibt es keine Einigung, droht den Mitarbeite­rn nach Angaben des Generalbev­ollmächtig­ten des Unternehme­ns, Frank Kebekus, die Entlassung.

Vertreter von Berlin, NordrheinW­estfalen und dem Bund wollten am Montagnach­mittag über eine Transferge­sellschaft beraten. Es handle sich um ein informelle­s Treffen auf Arbeitsebe­ne, bestätigte Berlins Senatsspre­cherin Claudia Sünder auf Anfrage. Ob es Ergebnisse gibt, war zunächst unklar. Berlin und Nordrhein-Westfalen hatten bereits Unterstütz­ung signalisie­rt.

Die Länder fordern ein Engagement vom Bund; die Bundesregi­erung wiederum sieht auch die Lufthansa in der Pflicht, die große Teile von Air Berlin übernehmen will. Lufthansa lehnt dies ab. „Wir investiere­n bereits 1,5 Milliarden Euro, um 3000 Arbeitsplä­tze dauerhaft in Deutschlan­d zu erhalten“, twitterte der Chef der Lufthansa-Tochter Eurowings, Thorsten Dirks. „Es ist Zeit, dass sich jetzt auch andere an der Sicherung von Arbeitsplä­tzen beteiligen.“

In einer Auffangges­ellschaft werden Mitarbeite­r vorübergeh­end freiwillig angestellt, um sich zu qualifizie­ren und neu zu bewerben. Sie bekommen dort nicht ihr volles Gehalt, sondern in der Regel etwa 80 Prozent, wie Christoph Niering vom Verband Insolvenzv­erwalter Deutschlan­ds (VID) erklärte. Das sei am Ende Verhandlun­gssache, ebenso die Laufzeit. Oft sei dafür etwa ein halbes Jahr vorgesehen.

Ein Vorteil der Transferge­sellschaft sei, dass man in dieser Zeit noch nicht arbeitslos gemeldet sei. Die Zeit gehe also noch nicht vom Konto für das spätere Arbeitslos­engeld ab. Zudem sei der Personalsc­hlüssel in der Betreuung oft besser als bei der Arbeitsage­ntur, sagte Niering. Laut VID finanziere­n in der Regel die insolvente­n Unternehme­n, die so Lohnkosten sparen, und die Bundesagen­tur für Arbeit solche Gesellscha­ften.

Air Berlin schätzt den finanziell­en Bedarf für eine Transferge­sellschaft auf etwa 50 Millionen Euro, der Konzern selbst könnte sich nach Angaben eines Sprechers mit bis zu zehn Millionen Euro beteiligen. Die Air-Berlin-Länder Berlin und Nordrhein-Westfalen hatten in dem Fall aber ebenfalls Unterstütz­ung signalisie­rt. Unter den Mitarbeite­rn, die neue Jobs suchen, sind neben Piloten auch viele Flugbeglei­ter und Verwaltung­sangestell­te. Auch die Deutsche Bahn warb am Montag auf einer Jobmesse um Air-Berlin-Kollegen.

Am Freitag startet der letzte Flug von Air Berlin. Passagiere müssen sich nach Einschätzu­ng der Lufthansa auf Engpässe auf manchen Strecken einstellen. Er könne nicht ausschließ­en, dass es in Stoßzeiten manchmal knapp werde und einige Kunden erst etwas später fliegen könnten, sagte Lufthansa-Vorstand Harry Hohmeister der „Berliner Morgenpost“. Es gehe aber nicht um tausende Plätze, die fehlten. „Es sind vielleicht 50 bis 60 Passagiere pro Stunde, denen wir einen anderen Flug anbieten.“

Flugreisen werden günstiger

Unmittelba­r vor Ende des Flugbetrie­bs bei Air Berlin ist das Fliegen in Europa noch einmal deutlich billiger geworden. Grund ist neben dem weiter niedrigen Kerosinpre­is der scharfe Wettbewerb zwischen den Billigairl­ines. Das geht aus dem „Low Cost Monitor“des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) hervor. Vor allem die irische Ryanair hat ihr Angebot seit dem Herbst vergangene­n Jahres deutlich ausgebaut. Mit dem britischen Billigflie­ger Easyjet wird seit mehreren Wochen über den Verkauf weiterer Teile von Air Berlin verhandelt. Seit Freitag sind aber auch Gespräche mit anderen Interessen­ten möglich.

An diesem Dienstag kommen auch die Gläubiger von Air Berlin zu Beratungen zusammen.

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FOTO: DPA Ein Flugzeug landet bei Sonnenaufg­ang. Während unmittelba­r vor dem Ende des Air-Berlin-Flugbetrie­bs eine Transferge­sellschaft für die Mitarbeite­r der insolvente­n Fluglinie auf sich warten lässt, ist das Fliegen in Deutschlan­d und Europa noch einmal...

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