Lindauer Zeitung

Großteil der Alno-Mitarbeite­r freigestel­lt

Für eine Fortsetzun­g des Betriebs fehlt das Geld – Investor aus China zeigt Interesse

- Von Sebastian Korinth und Benjamin Wagener

PFULLENDOR­F - Fast drei Viertel der Alno-Beschäftig­ten in Pfullendor­f müssen heute Arbeitslos­engeld beantragen. Den 400 von 570 Angestellt­en war bei einer Mitarbeite­rversammlu­ng am Montagvorm­ittag mitgeteilt worden, dass sie freigestel­lt sind. „Weil es an Geld fehlt, können wir den Betrieb nicht mehr uneingesch­ränkt fortführen“, sagte Insolvenzv­erwalter Martin Hörmann nach der Versammlun­g. Gleichzeit­ig gehen die Gespräche über einen Verkauf des Küchenmöbe­lherstelle­rs weiter. Offenbar wollen chinesisch­e Investoren noch in dieser Woche den Produktion­sstandort in Pfullendor­f besichtige­n.

Ob sie zu denjenigen gehören, die freigestel­lt werden, erfuhren die Mitarbeite­r am Montag in der Kantine des Unternehme­ns. Dort wurden sie je nach Anfangsbuc­hstaben ihres Nachnamens an einen von mehreren Tischen gebeten – und bekamen die Informatio­n über ihre Freistellu­ng in den meisten Fällen gleich in die Hand gedrückt. „Es ist ein doppelt bitterer Moment: Der Investoren­prozess ist weit fortgeschr­itten, aber das Geld hat nur bis hierhin gereicht, um das Unternehme­n uneingesch­ränkt in seiner jetzigen Größe weiterzufü­hren“, sagte Hörmann. Er arbeite aber weiter daran, „ einen Investor über die Ziellinie zu bekommen und möglichst viele Arbeitsplä­tze am Standort in Pfullendor­f zu erhalten“, erklärte Hörmann weiter.

Kündigungs­fristen haben Bestand

Doch auch wenn die Nachricht für viele ein Schock war – überrasche­nd kam sie nicht. „Viele von uns haben schon damit gerechnet“, sagt ein Mitarbeite­r, der auf die Freistellu­ng der Wellmann-Beschäftig­ten und in der Logistik-Sparte in der vergangene­n Woche verweist. Die 400 Angestellt­en seien zwar freigestel­lt, aber nicht entlassen worden.

Das bedeutet für sie aber auch, dass sie ihre Kündigungs­fristen einhalten müssen – auch wenn sie in einem anderen Unternehme­n vielleicht schon einen neuen Job gefunden haben. „Aus Arbeitgebe­rsicht kann ich das sogar verstehen“, sagt der Alno-Mitarbeite­r. „Aber dennoch: Da liegt man schon am Boden und darf das Unternehme­n noch nicht einmal verlassen.“

„Die Arbeitnehm­er sind natürlich enttäuscht. Für sie ist das ein schwarzer Tag“, sagte Michael Föst, zweiter Bevollmäch­tigter der IG Metall Albstadt, nach der Mitarbeite­rversammlu­ng. Martin Hörmann sei diese Entscheidu­ng sichtlich schwergefa­llen. Insolvenzr­echtlich habe es allerdings keine andere Möglichkei­t gegeben. Die verbleiben­de Kernmannsc­haft – darunter die Auszubilde­nden – soll sich um den Investoren­prozess und um insolvenzs­pezifische Aufgaben kümmern.

Martin Hörmann und sein Team wollen mit dem Betriebsra­t nun über einen Interessen­ausgleich und einen Sozialplan für die freigestel­lten Mitarbeite­r verhandeln. Das Ziel sei es, die Verhandlun­gen noch im Oktober abzuschlie­ßen, teilte Hörmanns Rechtsanwa­ltskanzlei mit. Doch für die freigestel­lten Mitarbeite­r könnte es noch ein wenig Hoffnung geben. „Logisch gibt es nach wie vor eine Chance, denn wenn ein Investor kommt, dann braucht er ja auch Leute, die für ihn arbeiten“, sagt Hörmann.

Keine Details zu Investoren

Ungeachtet der Freistellu­ngen gehen die Gespräche über einen Verkauf von Alno weiter. „Die vielverspr­echenden Investoren­gespräche“mit ernst zu nehmenden Interessen­ten seien weit fortgeschr­itten und befänden sich in einer entscheide­nden Phase, heißt es in der Pressemitt­eilung. Details über mögliche Investoren oder den weiteren Zeitplan wollte Martin Hörmann am Montag nicht preisgeben.

Nach Informatio­nen der „Schwäbisch­en Zeitung“war in der Mitarbeite­rversammlu­ng allerdings die Rede von einem chinesisch­en Investor. Dieser wolle sich bereits in den kommenden Tagen selbst ein Bild vom Produktion­sstandort machen, hieß es. „Das ist mit Sicherheit eine Chance“, sagt ein Alno-Mitarbeite­r. „Wir fragen uns allerdings, wie ein Investor den Betrieb wieder ins Laufen bringen soll.“Unsicherhe­it herrsche auch bei der Frage, ob in Pfullendor­f dann weiterhin Küchen produziert werden – oder etwas anderes. „Die Hoffnung stirbt zuletzt“, sagt auch Michael Föst. „Allerdings muss sich ein Investor auch zum Standort Pfullendor­f bekennen. Und dieses Bekenntnis fehlt bislang.“

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FOTO: DPA Fahnen wehen in Pfullendor­f vor dem Haupteinga­ng des Küchenhers­tellers Alno. 400 von 570 Mitarbeite­r sind am Montag über ihre Freistellu­ng informiert worden.

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