Teil der Anklage gegen Schlecker eingestellt
Dennoch droht dem Ex-Drogeriemarkt-König eine Strafe – Plädoyers Mitte November
STUTTGART - Das Landgericht Stuttgart stellt wie erwartet Teile der Anklage gegen den ehemaligen Drogeriemarkt-König Anton Schlecker (72) und seine Kinder Meike und Lars vorläufig ein. Der Vorsitzende Richter gab einem entsprechenden Antrag der Staatsanwaltschaft am Montag statt. Damit dürfte der Prozess nun rasch zu Ende gehen. Bereits beim nächsten Verhandlungstermin am 13. November könnten die Plädoyers beginnen. Schlecker selbst wird zuvor möglicherweise noch eine weitere Erklärung abgeben.
Was wie eine sehr gute Nachricht für Anton Schlecker klingt, ist eher eine Bestätigung für drohendes Unheil. Zwar fallen einige der Vorwürfe gegen ihn weg. Doch die Staatsanwaltschaft stimmte diesem Vorgehen nur aus einem Grund zu. Sie hält die Strafen, die sie für die übrigen Anklagepunkte fordern wird, für erheblich. Im Vergleich dazu fallen die eingestellten Punkte in den Augen der Ankläger kaum ins Gewicht.
Schlecker und seine Kinder müssen sich in Stuttgart weiterhin wegen vorsätzlichem Bankrott und Untreue beziehungsweise Beihilfe dazu verantworten. Anfang 2012 ging die Ehinger Drogeriemarktkette pleite. Zehntausende Arbeitsplätze gingen verloren. Im Prozess geht es um die Frage, ob Schlecker die Pleite kommen sah und versuchte, Gelder vor Gläubigern in Sicherheit zu bringen.
Offensichtlich rechnen selbst die Anwälte von Firmenpatriarch Schlecker mit einer Bestrafung ihres Mandaten. Der Vorsitzenden Richter Roderich Martis berichtete von einem Gespräch mit Schleckers Verteidiger Norbert Scharf. Dieser wollte unter anderem wissen, ob für die Kammer eine Bewährungsstrafe infrage komme. Das wäre der Fall, wenn die Richter eine Haft von zwei Jahren oder weniger für angemessen hielten.
Martis aber wollte sich nicht auf ein mögliches Strafmaß festlegen. Schleckers Anwalt kündigte in dem Gespräch eine persönliche Erklärung seines Klienten an. Er werde seine finanziellen Verhältnisse offenlegen. Grund dafür könnte sein, dass Schlecker auf eine Geldstrafe hofft.
Zweifel an Gutachten
Als eingetragener Kaufmann haftete er mit seinem Vermögen für Verluste. Er hat bereits im März 2012 einen Offenbarungseid abgelegt. Laut Aussagen des Insolvenzverwalters hatte er kein eigenes Vermögen mehr. Die Familienvilla gehört seiner Frau. Zuvor habe er aus dem eigenen Vermögen eine halbe Milliarde Euro in das Unternehmen gesteckt. Angesichts der drohenden Strafe beantragten Schleckers Anwälte, weitere Unterlagen verlesen zu lassen. Diese sollen zum einen zeigen, dass ihr Mandat nicht vor April 2011 wissen konnte, wie schlecht es um sein Drogerieimperium stand. Eine Unternehmensberatung habe noch zu diesem Zeitpunkt eine Wende zum Besseren prophezeit. Je später Schlecker die nahende Insolvenz erkennen konnte, desto geringer die Strafe.
Die Verteidigung zweifelt überdies an zwei Gutachten, die Schlecker belasten. Sie seien „schlampig“und basierten auf unüblichen Methoden. Es geht unter anderem darum, ob Schlecker an die Firma seiner Kinder überhöhte Honorar zahlte. Wäre dem so, hätte er auf diese Weise Geld dorthin verschoben.
Gute Nachrichten gab es für Meike und Lars Schlecker. Die Staatsanwaltschaft erkennt an, dass die von ihnen geführte Schlecker-Tochter Anfang 2012 formell nicht überschuldet war. Damit wiegen die Vorwürfe gegen beide nicht mehr so schwer. Sie hatten sich je 3,5 Millionen Euro ausgeschüttet, obwohl sie von der Pleite der Konzernmutter wussten.
Am 13. November ist der nächste Verhandlungstag. Spätestens eine Woche später wollen Staatsanwälte und Verteidiger in den Plädoyers ihre Strafforderungen stellen.