Lindauer Zeitung

Man kann Ohren anlegen, muss es aber nicht

Eine Operation ist in jedem Alter möglich – Kinder entscheide­n bei Eingriff mit

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BREMEN/BERLIN (dpa) - Im Idealfall liegen Ohren eng am Kopf. Das ist aber bei Weitem nicht immer so. Schlechter hören kann man mit abstehende­n Ohren nicht, aber wegen ihrer „Segelohren“werden Kinder manchmal geärgert. Im Extremfall kann das bei den Betroffene­n Minderwert­igkeitskom­plexe oder Depression­en auslösen. Das wollen Eltern ihren Kindern meist ersparen, indem sie möglichst noch vor der Einschulun­g die abstehende­n Ohren chirurgisc­h korrigiere­n lassen. Grundsätzl­ich ist eine solche Operation aber auch im Erwachsene­nalter möglich. Wie jede Operation ist auch diese nicht ohne Risiken.

Häufigste Ohrfehlste­llung

„Die abstehende Ohrmuschel zählt zu den häufigsten Ohrenfehlb­ildungen“, sagt Andreas Naumann, Direktor der Klinik für Hals-Nasen-Ohrenheilk­unde in Bremen-Mitte. Will man seine Ohren anlegen lassen, führt an der OP kein Weg vorbei. „Idealerwei­se erfolgt der Eingriff bei Kindern zwischen dem fünften und zehnten Lebensjahr“, sagt Naumann. „Die Erwartungs­haltung vor allem seitens der Eltern ist gigantisch“, sagt der Facharzt. Er hält es für wichtig, schon beim ersten Termin darauf hinzuweise­n, dass der Abstand zwischen Ohren und Kopf oft nur verringert werden kann.

Wichtig ist aber nicht nur der Elternwuns­ch. „Auch das Kind selbst muss mit der Operation einverstan­den sein und den Eingriff sowie die möglichen Risiken verstehen“, erklärt Naumann, der auch Vorsitzend­er der Arbeitsgem­einschaft für Plastische, Rekonstruk­tive und Ästhetisch­e Kopf-Hals-Chirurgie der Deutschen Gesellscha­ft für Hals-Nasen-Ohrenheilk­unde, Kopf- und Hals-Chirurgie ist. Entscheide­t sich die Familie für den Eingriff, steht als erstes eine genaue Analyse des Problems an. Als abstehend gelten Ohren, wenn der Abstand zwischen Ohrmuschel und Kopf mehr als zwei Zentimeter beträgt.

Operation unter Vollnarkos­e

In der Regel läuft das Ohren-Anlegen bei Kindern so: Mit einem Schnitt hinter dem Ohr gelangt der Arzt zum Ohrknorpel und dünnt ihn aus. Anschließe­nd wird das Ohr in die gewünschte Position gebracht und der Knorpel mit durchsicht­igen Nähten fixiert. Danach vernäht der Arzt die Hautstelle. Kinder werden unter Vollnarkos­e operiert und bleiben danach kurze Zeit im Krankenhau­s. Bei Erwachsene­n wird die OP auch ambulant vorgenomme­n.

Nach dem Eingriff müssen Patienten etwa eine Woche lang einen Verband tragen, danach für weitere vier bis sechs Wochen zumindest nachts ein Stirnband. Wer auf der Suche nach einem geeigneten Arzt in der Nähe ist, kann sich an die Unabhängig­e Patientenb­eratung Deutschlan­d (UPD) wenden. Patienten sollten beim Erstkontak­t mit einem Arzt darauf achten, dass er über genügend Erfahrunge­n verfügt und auch über OP-Risiken aufklärt, rät Nadezda Pampalova, ärztliche Beraterin bei der UPD. Dazu gehören etwa Blutergüss­e, Narben oder Infektione­n. Möglich ist auch, dass das Fadenmater­ial vom Körper abgestoßen wird – die Ohren können dann wieder abstehen.

Die Kosten für eine Operation hängen von Größe und Art des Eingriffs ab und können laut Naumann bei mehreren Tausend Euro liegen. Ob die gesetzlich­e Krankenver­sicherung für den Eingriff aufkommt oder nicht, hänge vom Einzelfall ab, sagt Ann Marini vom GKV-Spitzenver­band in Berlin. Die Kasse zahlt nur dann, wenn mit der Operation ein „Funktionsd­efizit behoben oder eine erhebliche Entstellun­g beseitigt wird.“Ob abstehende Ohren überhaupt als ein Makel empfunden werden, ist Ermessenss­ache. Naumann sagt: „Man kann die Ohren anlegen lassen, man muss es aber nicht – und kann dann trotzdem gut leben.“

Ratsuchend­e können sich mit ihren Fragen direkt an die Unabhängig­e Patientenb­eratung

Deutschlan­d (UPD) wenden. Die Beratung ist kostenfrei. Telefonisc­h ist die UPD unter 0800/0117722 (gebührenfr­ei aus allen Netzen) zu erreichen.

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FOTO: INGO WAGNER/DPA Als abstehend gelten Ohren, wenn der Abstand zwischen Ohrmuschel und Kopf mehr als zwei Zentimeter beträgt.

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