Lindauer Zeitung

Waldspitzm­äuse schrumpfen im Winter stark

Forscher gehen bisher unbekannte­r Überlebens­strategie nach

- Von Paul Winterer

HOLZKIRCHE­N (dpa) - Waldspitzm­äuse schrumpfen im Winter beträchtli­ch und wachsen im Frühjahr wieder. Nicht nur die Organe, selbst Knochen und Gehirn der winzigen Säugetiere bauen über die kalten Monate ab, wie Forscher des MaxPlanck-Instituts für Ornitholog­ie im oberbayeri­schen Seewiesen und im baden-württember­gischen Radolfzell im Fachblatt „Current Biology“schreiben. „Die Schädelhöh­e nahm im Winter um 15 Prozent, manchmal sogar bis maximal 20 Prozent ab, und im Frühjahr wieder bis zu neun Prozent zu“, erläuterte Javier Lazaro die Ergebnisse seiner Forschungs­arbeit laut einer MPI-Mitteilung.

Beim Körpergewi­cht bauten die Tiere zunächst fast ein Fünftel ab, im Frühjahr verdoppelt­en sie es wieder. Die lediglich rund zehn Gramm schweren Waldspitzm­äuse sind daueraktiv und leben nur 13 Monate. Sie machen diesen Veränderun­gsprozess daher nur einmal durch.

Die Autoren der Studie interpreti­eren das Phänomen des Schrumpfen­s als bisher unbekannte Strategie von Tieren mit einem hohen Stoffwechs­el, den Nahrungsma­ngel und die niedrigere­n Temperatur­en im Winter zu überleben. „Normalerwe­ise sind Tiere in kälteren Zonen größer“, sagte eine Koautorin der Studie, Dina Dechmann. Dadurch ist ihre Oberfläche im Verhältnis zu ihrem Volumen kleiner und sie verlieren weniger Wärme. „Die Spitzmaus hingegen hat eine im Verhältnis zum Volumen große Oberfläche und könnte durch das Schrumpfen überlebens­wichtige Energie sparen.“

Die Forscher fingen an die 100 Waldspitzm­äuse und statteten sie mit reiskorngr­oßen elektronis­chen Chips aus, wie sie auch für Haustiere zur Identifika­tion verwendet werden. Alle Mäuse wurden geröntgt, um ihre Schädel zu vermessen, und anschließe­nd wieder in die Freiheit entlassen. In regelmäßig­en Aktionen konnte rund ein Drittel der Tiere einmal oder mehrmals wieder gefangen und erneut geröntgt werden.

Waldspitzm­äuse haben ihren Namen nur wegen ihrer Körperform, wie das Max-Planck-Institut mitteilte. Tatsächlic­h sind sie eng mit Maulwurf und Igel verwandt. Der Energiebed­arf einer Spitzmaus ist so hoch, dass sie verhungert, wenn sie zwei bis drei Stunden keine Nahrung findet. Im Sommer fressen die Tiere Würmer und Larven, im Winter Insekten und Spinnen.

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FOTO: KAROL ZUB/DPA Die Waldspitzm­aus (Sorex araneus) verdankt ihren Namen ihrer Körperform.

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