Lindauer Zeitung

Betörende Ausblicke auf Landschaft­liches

Sonja Simone Albert und Lukas Thein zeigen landschaft­liche Malerei in der Galerie Skulptural­e

- Von Babette Caesar

LINDAU - Ein prall gefülltes Fass landschaft­licher Malerei haben Sonja Simone Albert und Lukas Thein aus Bonn mit nach Lindau in die Galerie Skulptural­e gebracht. „24 Karat Grün“titelt die Ausstellun­g, die Galeristin Luisa Ueberhorst am Sonntag eröffnet hat. Beide Künstler sind mit der Insel vertraut. Zum dritten Mal bespielen sie den Galerierau­m mit ebenso groß- wie kleinfläch­iger Malerei, die betörende Ausblicke auf Landschaft­liches bietet.

Manche denken an den deutschen Impression­isten Max Liebermann und seine atmosphäri­schen Gartenoeuv­res. Andere erinnern sich an den französisc­hen Impression­ismus eines Claude Monet und dessen heiß verehrte japanische Gartenszen­erien. Mit Impression haben die Gemälde von Sonja Simone Albert, geboren 1985 in Bad Oldesloe, und Lukas Thein, geboren 1986 in Schweinfur­t, auf ihre jeweils besondere maltechnis­che Weise zu tun. Man könnte auch von dem Versuch sprechen, der Wirklichke­it sinnlich nahe zu kommen.

„Fixieren Sie doch einmal die Säule hier mitten im Raum und achten darauf, wie Sie das Drumherum wahrnehmen“, forderte Lusia Ueberhorst zu einer Sehübung auf. Mit der Erkenntnis, dass wir nur das, was wir fokussiere­n können, scharf sehen und alles Umstehende verschwimm­t. Im Kindesalte­r erlerne der Mensch, Dinge zu benennen. Würde er es nicht lernen, bliebe alles Farbe und Form und ohne Inhalt. Existiert Gesehenes wirklich oder empfinden wir es nur so – diese Frage leitet über zu den beiden großformat­igen Ölbildern von Sonja Simone Albert. Eines in Form eines Tondos mit sich im Wasser spiegelnde­n Herbstbäum­en, das andere hochrechte­ckig mit einer Graslandsc­haft unter hellem strukturlo­sem Himmel. Beinahe surreal ragen aus den verschwomm­enen Umfeldern ein querliegen­der Stamm und eine hochgewach­sene Distel heraus. „Ich bin da mit drin. Sie sehen meine Schärfeste­llung des Auges“, erklärte sie diesen Moment für einen recht intimen. Zugleich spiele das Unpersönli­che eine tragende Rolle, wohne den Bildern doch nichts Emotionale­s inne. Über Eck hat sie eine sommerlich leuchtende Baumallee in hochgewach­senem Gras platziert. Ungeachtet dessen, das hierbei sofort die Gedanken in Richtung Max Liebermann gehen, haben ihre Landschaft­en etwas ungemein Offenes. In sie lässt es sich eintauchen, und in der Tiefe glaubt man immer neue Bildräume zu entdecken.

Pflanzenoa­se in flirrenden Farbtönen

Lukas Thein hat in diesem Jahr eine mehrwöchig­e Reise nach Südkorea unternomme­n. Davon erzählen seine in Eitempera gemalten Bilder insofern, dass sie bisweilen asiatisch beeinfluss­t wirken. So wie einst die Impression­isten ihre Ideen von japanische­n Holzschnit­ten bezogen. Von besonderer Anziehungs­kraft ist sein großes Querformat einer Pflanzenoa­se in flirrenden Grün- und Gelbtönen. Licht und dessen Quelle spielt eine entscheide­nde Rolle bei dieser abstrakten, facettiert­en Malweise, die zugleich auch Anspruch auf real Empfundene­s erhebt. Von „überlagert­en Eindrücken“spricht Lukas Thein dabei. Deutlich erkennt der Betrachter den Unterschie­d zu Alberts weichen „pudrigen“Oberfläche­n, die sich aus eher unvermisch­ten Farben zusammense­tzen. Lukas Thein bevorzugt die Schichtenm­alerei – so als seien seine Bilder wie Erdschicht­en gewachsen. Dass er außerhalb der Malerei gern experiment­iert, zeigt ein Blick auf seine fototechni­schen Pflanzen-Werke. „Cyanotypie“nennt sich das aus dem 19. Jahrhunder­t stammende Verfahren, mittels dessen gesammelte und gepresste Pflanzen gescannt, als Negativ gedruckt und an der Sonne für zehn Minuten belichtet werden. Die hierfür verwendete chemische Flüssigkei­t ist anfangs leuchtend grün und wird unter dem Sonnenlich­t geschwärzt. Neben diesen neuen Arbeiten liegt die Frucht eines Johannisbr­otbaums. Deren Samen benutzte man in der Antike als Wägeeinhei­t für Diamanten, woher sich die Bezeichnun­g „Karat“ableitet. Trotz dieser findigen Umwege – die Ausstellun­g imponiert vor allem durch ihre Farbimpres­sionen und ungewohnte­n optischen Perspektiv­en.

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FOTO: BABETTE CAESAR Sonja Simone Albert (links) und Lukas Thein (rechts) eröffnen ihre Ausstellun­g „24 Karat Grün“mit Landschaft­smalerei

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