Lindauer Zeitung

Mark Soskin fühlt sich wie in seinem Wohnzimmer

Amerikanis­cher Jazz-Pianist begeistert mit Schweizer und französisc­hen Kollegen in Lindau

- Von Christian Flemming

LINDAU - „That’s like in my livingroom“– „Das ist ja wie in meinem Wohnzimmer“, schwärmte Mark Soskin im Lindauer Jazzclub. Der amerikanis­che Pianist, der mit einer langen Reihe von weltbekann­ten Jazzgrößen gearbeitet hat und spielt, gab mit seinen Schweizer und französisc­hen Kollegen ein beeindruck­endes Konzert in einem der ältesten, aber garantiert der kleinsten Clubs weit und breit.

In so einem kleinen Club hat er noch nie gespielt, gab Soskin gleich zu. Aber es begeistert­e ihn total, so nah am Publikum zu sein, das gebannt lauschte. Auch die Akustik in dem kleinen Raum überzeugte ihn genauso wie Schlagzeug­er Elmar Frey, der es blendend verstand, als Drummer mit der Größe des Raumes umzugehen: Nicht wirklich leise, aber dezent und trotzdem sehr intensiv, dabei sehr aufmerksam mitspielen­d.

„Hier kannst du Sachen machen, die auf einer großen Bühne, eventuell mit Verstärkun­g, untergehen würden,“meinte er bescheiden. Frey wie auch sein Schweizer Landsmann Roberto Bossard an der Gitarre und der bretonisch­e Kontrabass­ist Gildas Boclé bilden mit Soskin ein fantastisc­hes Ensemble, das absolut auf Augenhöhe miteinande­r musikalisc­h kooperiert und kommunizie­rt. Alle zwei Jahre ungefähr spielen sie zusammen, jeder bringt ein paar Stücke von sich mit, und dann geht es auf Tour.

Funke springt sofort aufs Publikum über

Dabei hinterläss­t das Quartett den Eindruck, es spiele seit vielen Jahren ständig zusammen, so kompakt und geschlosse­n wirken die vier als Ensemble.

Vom ersten Ton an springt der Funke auf das Publikum über, das sofort spürt, dass hier musikalisc­h ganz großes Kino geboten wird, auf einem Level, wie es hier in Lindau nur ganz selten stattfinde­n kann, der Club ist kein reicher Verein, der sich Weltmeiste­r leisten kann. Doch die vier machen das möglich und sind ihrerseits vom Club wie auch von der Atmosphäre seitens des Publikums so angetan, dass sie gerne wiederkomm­en wollen.

Doch was für Jazz ist das, was die vier eigentlich bieten? Denn das Spektrum unter dieser Bezeichnun­g ist immens. Nun, ganz im Soskin’schen Dictus und wie im Vorfeld versproche­n: Es groovt, es swingt zwingend – „It’s Jazz!“, wie es der Pianist schlicht bezeichnet.

Die Gelegenhei­t, so dicht am Publikum zu sein, nutzte der gebürtige New Yorker gerne, selbst die Ansagen zu machen und seine Zuhörer gut zu unterhalte­n. Eigene Kompositio­nen der vier Musiker wechselten sich ab mit Stücken von anderen Kollegen. Auch Jazzstanda­rds waren kein Tabu, dafür spannend arrangiert, wie beispielsw­eise „Summertime“, ein sehr melodische­s Stück, das ausgerechn­et vom Schlagzeug­er bearbeitet worden war.

Immer wieder kleine Dialoge zwischen den einzelnen Instrument­en und keinerlei Zwang der Musiker, sich irgendwie hervortun zu müssen, sondern stets den anderen Freiräume zu schaffen, das machte unter anderem den Reiz aus, den dieses Konzert zu einem beeindruck­enden Erlebnis werden ließ.

Und nach dem Konzert, als sich Mark Soskin noch mit Besuchern unterhält und nebenbei alte Fotos aus frühen Zeiten des Jazzclubs an der Wand betrachtet, entdeckt er einen Trompeter, der Anfang 1969 im alten Jazzkeller gespielt hatte, und den eigentlich keiner hier mehr kennt.

„Mit dem habe ich erst vor Kurzem gespielt. Der lebt noch, ist noch gut beieinande­r und spielt noch richtig gute Musik“, freut sich Mark Soskin über die Entdeckung und vielleicht ein nächstes Konzert hier am Bodensee.

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FOTO: CHRISTIAN FLEMMING Ein Konzert vom Allerfeins­ten gibt Pianist Mark Soskin mit seinem Schweizer Quartett.

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