Mark Soskin fühlt sich wie in seinem Wohnzimmer
Amerikanischer Jazz-Pianist begeistert mit Schweizer und französischen Kollegen in Lindau
LINDAU - „That’s like in my livingroom“– „Das ist ja wie in meinem Wohnzimmer“, schwärmte Mark Soskin im Lindauer Jazzclub. Der amerikanische Pianist, der mit einer langen Reihe von weltbekannten Jazzgrößen gearbeitet hat und spielt, gab mit seinen Schweizer und französischen Kollegen ein beeindruckendes Konzert in einem der ältesten, aber garantiert der kleinsten Clubs weit und breit.
In so einem kleinen Club hat er noch nie gespielt, gab Soskin gleich zu. Aber es begeisterte ihn total, so nah am Publikum zu sein, das gebannt lauschte. Auch die Akustik in dem kleinen Raum überzeugte ihn genauso wie Schlagzeuger Elmar Frey, der es blendend verstand, als Drummer mit der Größe des Raumes umzugehen: Nicht wirklich leise, aber dezent und trotzdem sehr intensiv, dabei sehr aufmerksam mitspielend.
„Hier kannst du Sachen machen, die auf einer großen Bühne, eventuell mit Verstärkung, untergehen würden,“meinte er bescheiden. Frey wie auch sein Schweizer Landsmann Roberto Bossard an der Gitarre und der bretonische Kontrabassist Gildas Boclé bilden mit Soskin ein fantastisches Ensemble, das absolut auf Augenhöhe miteinander musikalisch kooperiert und kommuniziert. Alle zwei Jahre ungefähr spielen sie zusammen, jeder bringt ein paar Stücke von sich mit, und dann geht es auf Tour.
Funke springt sofort aufs Publikum über
Dabei hinterlässt das Quartett den Eindruck, es spiele seit vielen Jahren ständig zusammen, so kompakt und geschlossen wirken die vier als Ensemble.
Vom ersten Ton an springt der Funke auf das Publikum über, das sofort spürt, dass hier musikalisch ganz großes Kino geboten wird, auf einem Level, wie es hier in Lindau nur ganz selten stattfinden kann, der Club ist kein reicher Verein, der sich Weltmeister leisten kann. Doch die vier machen das möglich und sind ihrerseits vom Club wie auch von der Atmosphäre seitens des Publikums so angetan, dass sie gerne wiederkommen wollen.
Doch was für Jazz ist das, was die vier eigentlich bieten? Denn das Spektrum unter dieser Bezeichnung ist immens. Nun, ganz im Soskin’schen Dictus und wie im Vorfeld versprochen: Es groovt, es swingt zwingend – „It’s Jazz!“, wie es der Pianist schlicht bezeichnet.
Die Gelegenheit, so dicht am Publikum zu sein, nutzte der gebürtige New Yorker gerne, selbst die Ansagen zu machen und seine Zuhörer gut zu unterhalten. Eigene Kompositionen der vier Musiker wechselten sich ab mit Stücken von anderen Kollegen. Auch Jazzstandards waren kein Tabu, dafür spannend arrangiert, wie beispielsweise „Summertime“, ein sehr melodisches Stück, das ausgerechnet vom Schlagzeuger bearbeitet worden war.
Immer wieder kleine Dialoge zwischen den einzelnen Instrumenten und keinerlei Zwang der Musiker, sich irgendwie hervortun zu müssen, sondern stets den anderen Freiräume zu schaffen, das machte unter anderem den Reiz aus, den dieses Konzert zu einem beeindruckenden Erlebnis werden ließ.
Und nach dem Konzert, als sich Mark Soskin noch mit Besuchern unterhält und nebenbei alte Fotos aus frühen Zeiten des Jazzclubs an der Wand betrachtet, entdeckt er einen Trompeter, der Anfang 1969 im alten Jazzkeller gespielt hatte, und den eigentlich keiner hier mehr kennt.
„Mit dem habe ich erst vor Kurzem gespielt. Der lebt noch, ist noch gut beieinander und spielt noch richtig gute Musik“, freut sich Mark Soskin über die Entdeckung und vielleicht ein nächstes Konzert hier am Bodensee.