Messerattacke: Acht Jahre Haft
22-Jähriger hat „dazu nichts mehr zu sagen“– Richter bezeichnet Bedrohung von Zeugen als außergewöhnlich
KRESSBRONN (bb) - Schnelles Ende im Prozess gegen einen 22-jährigen Häfler, der am 25. Dezember 2016 einen Taxifahrer in Kressbronn bedroht und auf einen anderen Fahrgast eingestochen hat: Am Montag verurteilte das Landgericht Ravensburg den jungen Mann wegen versuchten Mordes, schwerer Körperverletzung und Bedrohung zu einer Haftstrafe von acht Jahren. Richter Geiser betonte, dass dieser Fall stark von anderen Fällen seiner Kammer abweiche. Ursprünglich war der Prozess bis Dezember angesetzt gewesen.
„Ich habe dazu nichts mehr zu sagen“, so lauteten die letzten – und auch die einzigen Worte überhaupt – des Angeklagten am Ende der Plädoyers. Denn während der gesamten fünf Verhandlungstage hatte der 22Jährige eisern geschwiegen. Regungslos vernahm er am Nachmittag das Urteil, das nah am Antrag der Staatsanwaltschaft gelegen hatte, die rund achteinhalb Jahre gefordert hatte.
Zuvor wurden die letzten Zeugen gehört. So berichtete die diensthabende Notärztin im Häfler Klinikum von zwei „Riss-Quetschwunden“und einer „Schnitt- oder Stichverletzung“am Hals des Opfers. Glücklicherweise habe keine akute Gefahr mehr bestanden. Die Ärztin machte aber auch deutlich, dass nur wenige Millimeter ausgereicht hätten, um das Opfer in Lebensgefahr zu versetzen.
Einen „verwirrten“Taxifahrer hatte der Polizeibeamte angetroffen, der als einer der Ersten am Tatort in der Kressbronner Ortsmitte die Ermittlungen aufnahm. Die Vernehmung des Taxifahrers sei sehr schwierig gewesen, weil dieser sich „sehr wirr, sehr durcheinander“gezeigt habe. Dass das Leben des Angeklagten immer mehr aus den Fugen geriet, ließ sich den Ausführungen der Sachverständigen entnehmen. Vor allem die Trennung von der Freundin warf den jungen Mann „aus der Bahn“.
Das Gericht sah es letztendlich als erwiesen an, dass der Angeklagte am 25. Dezember 2016 um etwa 4 Uhr in der Nähe von Lauterach mit sieben oder acht weiteren Fahrgästen in ein Großraumtaxi gestiegen war, um nach Hause nach Friedrichshafen zu kommen. Auf der Fahrt musste sich der damals 21-Jährige zweimal übergeben, was zu einem Streit führte, wer die Reinigungskosten übernimmt. Im Verlauf der Auseinandersetzung hielt der Angeklagte dem Taxifahrer ein zehn bis 15 Zentimeter langes Klappmesser an den Hals. Kurze Zeit später verpasste er vor der Sparkasse in Kressbronn einem 29-jährigen Fahrgast, der die Reinigungskosten nicht mittragen wollte, zwei Faustschläge ins Gesicht und verletzte ihn mit dem Messer unterhalb des linken Ohres am Hals.
Die Verteidigung plädierte für rund zweieinhalb Jahre – so seien nicht alle Zeugen in ihren Aussagen eindeutig gewesen, zudem habe der Angeklagte bei dem Messerangriff „nicht nochmal nachgesetzt“, sondern sei „aus eigenen, autonomen Beweggründen zurückgetreten“. Doch das sah die Kammer anders: Der Angeklagte habe das Opfer nicht nur „massiv mit Faustschlägen“attackiert, sondern habe sogar zum zweiten Mal das Messer gezogen. „Die Kammer ist überzeugt davon, dass der Angeklagte das Opfer schwer verletzen wollte“, so der Richter. Trotz des Alkoholkonsums seien die Schläge und das Ansetzen des Messers „zielgerichtete Handlungen“gewesen, verbunden mit verbalen Äußerungen, die zeigten, dass sich der Angeklagte in einem „leichten“und nicht in einem „mittleren“Rausch befunden habe.
„Dieser Fall weicht stark von den Fällen ab, die wir sonst hier zu verhandeln haben“, betonte Richter Geiser abschließend. Nicht der Sachverhalt sei der Grund dafür, sondern die Art und Weise, wie hier „Zeugen beeinflusst, bedroht und eingeschüchtert worden sind“. Das seien Vorgänge gewesen, die nach Ansicht der Kammer „geradezu lautstark danach schreien, ein deutliches Zeichen zu setzen“. Wie berichtet waren sowohl das Opfer als auch der Taxifahrer im Vorfeld des Prozesses von Personen aus dem Umfeld des Angeklagten aufgesucht worden, um sie von einer Aussage gegen den Angeklagten abzuhalten.