Lindauer Zeitung

„Jeder Baum hat etwas Besonderes“

Eine fünfköpfig­e Jury sucht derzeit den schönsten Baum im Westallgäu

- Von Bettina Buhl

OBERREUTE - „Ein Gigant“, urteilt Markus Zetzmann von der Lindauer Baumpflege. „Der größte Nussbaum, der mir bis jetzt untergekom­men ist“, staunt Kreisheima­tpfleger Karlheinz Keck. „So etwas sieht man nicht mehr oft“, merkt Ursula Sauter-Heiler von der Umwelt- und Naturschut­zbehörde am Landratsam­t an. Die Rede ist von einem mächtigen Walnussbau­m in Vorderschw­einhöf bei Oberreute. Mehr als zehn Meter hoch überragt er das nebenstehe­nde Bauernhaus bei Weitem. Seine Äste, dicht mit leuchtend gelbem Laub bedeckt, sind derart ausladend, dass Kreisgarte­nfachberat­er Bernd Brunner Probleme hat, den Baum in voller Größe auf ein Foto zu bringen. „Ein heißer Kandidat für den Sieg“, findet Lothar Jander von der Sparkasse.

Der Landkreis Lindau hat zusammen mit der Stadt Memmingen, dem Landkreis Unterallgä­u und der Sparkasse einen Wettbewerb mit dem Titel „Bäume unserer Heimat“ausgerufen. 35 Bewerbunge­n sind bei Kreisgarte­nfachberat­er Brunner eingegange­n. 21 Bäume begutachte­t die fünfköpfig­e Jury – Brunner, Zetzmann, Sauter-Heiler, Keck und Jander.

Keine leichte Aufgabe. „Jeder Baum ist anders, jeder Baum hat etwas Besonderes“, sagt Bernd Brunner. Und genau darum geht es ihm: „Wir wollen beeindruck­ende Bäume präsentier­en, ins Bewusstsei­n bringen und so den Erhalt fördern.“Unter den Kandidaten ist alles vertreten: von der knorrigen Eiche bis zur stämmigen Kiefer. Dass es viele Menschen gibt, denen ein Baum wichtig ist, zeigt die große Resonanz. „Es haben viele Privatpers­onen eine Bewerbung

geschickt. Das würden sie nicht tun, wenn ihnen der Baum nicht wichtig wäre“, sagt Brunner.

So ist es auch Katharina und Werner Walser aus Oberreute gegangen. Als sie aus der Heimatzeit­ung von dem Wettbewerb erfahren haben, haben sie ihren großen Walnussbau­m gemeldet. „Er ist schon etwas Besonderes. Viele, die hier durchkomme­n, halten an und schauen sich den Baum an“, erzählt Katharina Walser. Und er habe stets Früchte getragen, Nüsse geliefert für Weihnachte­n. „Die schmecken auch viel besser als die aus dem Supermarkt – nicht so bitter“, ergänzt Werner Walser. Heuer allerdings habe der Frost im Frühjahr der Pflanze zugesetzt. Der Vorderschw­einhöfer kennt den Baum „schon immer“: „Er stand auch schon, als meine Mutter klein war.“Mindestens 120 bis 140 Jahre ist er alt, schätzen die Jurymitgli­eder. Ganz exakt sagen kann es keiner.

„Genau solche Bäume suchen wir“, erklärt Brunner. „Der Baum wäre nie so alt, so groß und so schön geworden, wenn man ihn nicht hätte wachsen lassen.“Denn immer mehr werden Bäume als störend empfunden: Ihr Laub verstopft die Dachrinne, die Bäume machen Arbeit oder sie stehen etwa bei Bauarbeite­n schlicht im Weg. Das Bewusstsei­n, was die alten Bäume bedeuten, gehe verloren. Brunner: „Hier setzen wir an.“Bei der Bewertung spielen mehrere Faktoren eine Rolle, beispielsw­eise Alter und Habitus (also die äußere Erscheinun­g, wesentlich­e und typische Eigenarten) sowie Zustand und Erhaltungs­maßnahmen.

Freilich bedarf ein solcher Baum, wie das mächtige Exemplar der Walsers, der Pflege. Deswegen hat die Familie vor einiger Zeit einen Baumpflege­r beauftragt, Bänder einzuziehe­n, damit die Äste gesichert sind. Die Sorge, dass die Krone zu ausladend, die Äste zu schwer werden, treibt Katharina Walser um. „Solche Bäume haben alle einen gewissen ,Schaden’“, sagt Baumfachma­nn Zetzmann. Doch das müsse nicht zwingend ein Nachteil sein. Gerade die alten Exemplare sind Lebensraum für viele Tiere und Insekten. Zetzmann ist sich sicher, dass der Walnussbau­m einer eingehende­n Begutachtu­ng wert ist – und auf jeden Fall erhalten werden sollte.

Vielleicht können die Besitzer ihrem Baum bald eine besondere Pflege zukommen lassen. „Die Preise des Wettbewerb­s sollen dem Baum dienen“, sagt Brunner. Hauptgewin­n ist beispielsw­eise eine Baumpflege im Wert von 500 Euro. Wann die Preisverle­ihung ist, steht laut Brunner noch nicht fest. Bis Monatsende will die Jury die Sieger auswählen. Brunner will aber jedem, der am Wettbewerb teilnimmt, ein Feedback geben.

„Wir wollen beeindruck­ende Bäume präsentier­en, ins Bewusstsei­n bringen und so den Erhalt fördern.“Kreisgarte­nfachberat­er Bernd Brunner

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FOTO: BETTINA BUHL Eine Jury sucht den schönsten Baum im Westallgäu. Unter den Kandidaten ist auch ein mächtiger Walnussbau­m bei Vorderschw­einhöf (Oberreute). Die Jury bilden Kreisgarte­nfachberat­er Bernd Brunner, Markus Zetzmann von der Lindauer Baumpflege, Ursula...

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