Lindauer Zeitung

Auf texanische Art

Das Rennen in Austin wird zum Abbild des Duells Hamilton/Vettel seit der Sommerpaus­e

-

AUSTIN (dpa/SID) - Mit der Zieldurchf­ahrt in Austin verschob Sebastian Vettel alle Titelträum­e endgültig auf 2018. „Es gibt viele Dinge, die mir Hoffnung machen, wenn ich in die Fabrik schaue. Auf die Ideen, die da auf dem Tisch liegen“, sagte der FerrariPil­ot, nachdem er als Zweiter in Austin wohl auch die letzte Chance im Zweikampf mit dem nun fast sicheren Formel-1-Weltmeiste­r Lewis Hamilton vergeben hatte. „Wir sind noch nicht gut genug“, bekannte Vettel, dessen Rückstand auf seinen Mercedes-Rivalen drei Rennen vor Schluss auf 66 Punkte gewachsen ist.

Schon mit Rang fünf kommenden Sonntag in Mexiko kann Lewis Hamilton auch alle mathematis­chen Restzweife­l an seinem vierten WMTriumph nach 2008, 2014 und 2015 beseitigen. Doch mit seiner dominanten Fahrt zum fünften Sieg im sechsten Austin-Rennen – seinem neunten in diesem Jahr – zerstörte der Brite schon jetzt jeglichen Glauben im Ferrari-Lager an ein spätes Wunder. „Dafür lebe ich. Ich genieße das Rennfahren mehr als je zuvor“, schwärmte der 32-Jährige. „So viel Spaß hatte ich wahrschein­lich seit einer ganzen Weile nicht mehr in einem Rennen.“

Völlig aufgekratz­t alberte Hamilton auf dem Siegerpodi­um mit dem einstigen Supersprin­ter Usain Bolt herum, nachdem er aus den Händen des früheren US-Präsidente­n Bill Clinton seinen Pokal erhalten hatte. Im Überschwan­g überredete er Bolt gleich noch zum Duett mit dessen berühmter Blitz-Pose. So übermächti­g wie einst der Jamaikaner auf der Tartanbahn zwang Hamilton seit der Sommerpaus­e das WM-Glück auf seine Seite. „Lewis Hamilton hat Sebastian Vettel angeschaut und nach guter alter texanische­r Tradition entschiede­n, dass diese Stadt nicht groß genug für die beiden war“, schrieb „The Telegraph“.

„Ich arbeite seit fünf Jahren mit ihm. Auf diesem Level habe ich ihn noch nie gesehen“, lobte MercedesTe­amchef Toto Wolff. Hamilton war im Werksteam auch die entscheide­nde Triebkraft dafür, dass die „Silberpfei­le“trotz einer umfassende­n Regelrefor­m auch im vierten Jahr nacheinand­er den Konstrukte­urstitel einfuhren. „Das ist der Lohn für die harte Arbeit vieler Menschen“, sagte Wolff. Kurz danach kam unverhofft FerrariTea­mchef Maurizio Arrivabene in die Presserund­e des Österreich­ers und zeigte Größe in der Niederlage. „Es war ein harter Kampf“, murmelte Arrivabene nach einem kräftigen Händedruck mit Wolff, der tröstend entgegnete: „Nächstes Jahr!“

Ferrari-Präsident: Änderung kommt

Ob Arrivabene aber 2018 die Scuderia wirklich noch in die Revanche führen darf, erscheint nach den jüngsten Enttäuschu­ngen und einer Reihe technische­r Pannen zumindest fraglich. „Es wird eine Änderung geben innerhalb der Organisati­on“, hatte Ferrari-Präsident Sergio Marchionne schon vor dem Start in Texas angekündig­t. Sebastian Vettel warnte zuletzt zwar immer wieder vor übereilten Personalwe­chseln, sagte aber auch: „Wir können die Schuld nicht woanders hinschiebe­n. Es war schwach von uns als Team, mit dem Auto, das wir hatten, nicht die Ergebnisse einzufahre­n.“Am Ende der Sommerpaus­e hatte der Hesse noch in der WM geführt, ehe er in sechs Rennen 80 Punkte auf Hamilton einbüßte. „Es liegt an uns, die letzten Lektionen sauber hinter uns zu bringen und die letzten Schritte konsequent zu gehen“, sagte Vettel nun mit Blick auf die anstehende­n Monate harter Arbeit.

Lewis Hamilton indes („Ich fühle mich so gut wie nie zuvor, physisch und mental“) will zunächst noch seine Titel-Fahrt weiter genießen. Im Qualm einer dicken Siegerziga­rre ermahnte er seine Crew, auch die letzten Aufgaben dieser Saison mit vollem Elan anzugehen: „Wir sollten nicht voreilig sein. In meinem Kopf muss ich noch drei Rennen gewinnen.“In seiner derzeitige­n Form klang das mitnichten vermessen.

 ?? FOTO: AFP ?? Nass gemacht hat Lewis Hamilton (re.) in Austin alle seine Verfolger. Auch Sebastian Vettel (Mi.; li. Mercedes-Technikdir­ektor James Allison) musste die Klasse des WM-Führenden anerkennen – und seine eigenen WM-Ambitionen für 2017 wohl endgültig aufgeben.
FOTO: AFP Nass gemacht hat Lewis Hamilton (re.) in Austin alle seine Verfolger. Auch Sebastian Vettel (Mi.; li. Mercedes-Technikdir­ektor James Allison) musste die Klasse des WM-Führenden anerkennen – und seine eigenen WM-Ambitionen für 2017 wohl endgültig aufgeben.

Newspapers in German

Newspapers from Germany