Skandälchen im Kemptener Sperrbezirk
32-Jährige bietet Sex gegen Geld an und wird angeklagt – Beziehung zu Freier schützt sie vor hoher Strafe
KEMPTEN - Wenn bei Rosi in München Konjunktur herrscht, besingt das die Spider Murphy Gang. Wenn ansonsten im Sperrbezirk – also dort, wo Sex gegen Geld nicht erlaubt ist – die Kasse klingelt, ermittelt die Staatsanwaltschaft. So jüngst in Kempten: Wegen unerlaubter Prostitution in 31 Fällen musste sich eine 32-Jährige vor dem Amtsgericht verantworten. Am Ende wurde sie nur in drei Fällen verurteilt – zu einer Strafe von insgesamt 300 Euro. Eine „halblebige Beziehung“bewahrte sie vor einer größeren Strafe.
Denn wer trotz Verbots an bestimmten Orten oder zu bestimmten Tageszeiten „beharrlich“Sex gegen Geld anbietet, dem droht eine Freiheitsstrafe von bis zu sechs Monaten oder eine saftige Geldstrafe. Die in Kempten hierzu zugrunde liegende Verordnung gilt seit 1985. „Zum Schutze der Jugend und des öffentlichen Anstands wird verboten, im Gebiet der Stadt Kempten der Prostitution nachzugehen“, heißt es in dieser. Ausgenommen sind bestimmte Gebiete. Straßenprostitution ist aber auch dort nicht erlaubt.
Die 32-jährige Angeklagte kam nicht zu der Gerichtsverhandlung, ihr Anwalt vertrat sie. Die Staatsanwaltschaft warf der Kemptenerin vor, sich in 31 Fällen prostituiert zu haben, um zum Teil ihren Lebensunterhalt zu bestreiten und um ein Darlehen in Höhe von 14 000 Euro abzubezahlen. Dieses hatte ihr ein Freier gewährt. „Letzten Endes lief es so, dass sie alles in Naturalien zurückgezahlt hat“, sagte dieser bei seiner Zeugenaussage während der Ermittlungen.
„Ich dachte, wir waren ein Paar“
Der Mann hatte die 32-Jährige über eine Internetplattform kennengelernt, auf der sie ihre Dienste unter einem Pseudonym anbot. Er traf sie bei ihr zu Hause. „Ich dachte, sie mag mich, und wir waren ein Paar“, sagte er. Er kaufte ihr ein Handy und ab und zu Lebensmittel, zahlte die Miete, damit sie „von dem Portal wegkommt“. Nach Angaben ihres Verteidigers sei die 32-Jährige in Geldnot gewesen. Auch sie spreche weniger von einer Geschäftskunden-Beziehung zu ihrem DarlehenGeber, als vielmehr von einer „halblebigen Beziehung“.
Ein anderer Freier hatte sie angezeigt. Zu der Frage warum, habe er gesagt: „Sie tut einfach etwas Unrechtes.“Auch er hatte die Kemptenerin im Internetportal entdeckt und sie bei ihr zu Hause besucht – im Sperrbezirk.
Die bislang unbescholtene Frau räumte ein, mit den beiden Männern Sex gegen Geld gehabt zu haben. Weil bei dem Freier mit dem Darlehen „Gefühle reingespielt haben“, sahen hier weder Richter, noch Staatsanwältin den Vorwurf der unerlaubten Prostitution bestätigt: Die 32-Jährige wurde in 28 Fällen freigesprochen. Für die weiteren drei Fälle muss sie 20 Tagessätze á 15 Euro Strafe zahlen. Das Urteil ist rechtskräftig. Zudem zieht der Staat 150 Euro ein, die sie zu Unrecht eingenommen hat. Mittlerweile ist die Kemptenerin umgezogen. Sie lebt weiterhin im Sperrbezirk, allerdings in einer festen Beziehung.