Hiobsbotschaft während der Klimakonferenz
CO2-Ausstoß steigt wieder an – 15 000 Wissenschaftler fordern Umdenken – Töpfer mahnt
BONN/CORVALLIS/RAVENSBURG Nach mehrjährigem Stillstand nimmt der weltweite Ausstoß von klimaschädlichem Kohlendioxid (CO2) 2017 voraussichtlich wieder zu: Dieser wissenschaftliche Befund, der am Montag bekannt wurde, hat in der zweiten Woche der UN-Klimakonferenz in Bonn den Druck auf die Verhandlungsdelegationen erhöht. Experten zufolge werden bis Jahresende insgesamt 41 Milliarden Tonnen CO2 in die Atmosphäre gelangt sein. Das entspricht einem Anstieg von etwa zwei Prozent. Der Großteil der CO2-Emissionen, etwa 37 Milliarden Tonnen, entfällt auf die Nutzung fossiler Brennstoffe.
Vor allem China und Indien trügen zum Anstieg der Emissionen bei, heißt es im Report „Global Carbon Project“, den ein internationales Wissenschaftler-Team am Montag in Bonn präsentierte. In Europa und den USA seien die Emissionen hingegen zurückgegangen, mit einer Abnahme von geschätzten 0,2 und 0,4 Prozent allerdings viel zu langsam, schreiben die Forscher.
Ebenfalls am Montag veröffentlicht wurde ein Aufruf Tausender Wissenschaftler für konsequenteren Umweltschutz. Rund 15 400 Forscher unterzeichneten den Beitrag „Warnung an die Menschheit, 2. Mahnung“im Fachjournal „BioScience“, der eine ernüchternde Bilanz zum Zustand der Erde zieht. Vor 25 Jahren hatten 1700 Wissenschaftler in einem ersten Aufruf neun besonders drängende Problemfelder beschrieben, auch den Klimawandel und die Waldabholzung. Außer bei der Stabilisierung der Ozonschicht hätten die Menschen seitdem zu wenige Fortschritte gemacht, schreibt der Ökologe und Erstautor William Ripple von der Oregon State University. „Alarmierenderweise hat sich das meiste sogar verschlechtert.“
Ex-Umweltminister Klaus Töpfer (CDU), einst Leiter des UN-Umweltprogramms, fordert in puncto Klimaschutz konkrete Maßnahmen. Es genüge nicht, sich auf dem ZweiGrad-Ziel, das beim Pariser Klimagipfel ausgegeben wurde, auszuruhen. Nötig seien „Instrumente zu einer individuellen Umsetzung in den Ländern und Städten“, sagte er der „Schwäbischen Zeitung“.
CORVALLIS (dpa) - Mehr als 15 000 Forscher aus über 180 Ländern haben eine eindringliche „Warnung an die Menschheit“unterzeichnet. „Das ist eine überwältigende Resonanz, die wir nicht erwartet haben“, sagt KoAutor Thomas Newsome von der University of Sydney. Die im Fachjournal „BioScience“veröffentlichte Aufforderung zu konsequenterem Umweltschutz ist der zweite gemeinsame Aufruf der Weltforschergemeinde nach einem ersten vor 25 Jahren. Die Experten ziehen eine ernüchternde Bilanz zum Zustand der Erde.
Im ersten Aufruf hatten 1700 Wissenschaftler – darunter viele Nobelpreisträger – neun besonders drängende Problemfelder wie Klimawandel, Waldabholzung und Schwinden der Artenvielfalt beschrieben. Außer bei der Stabilisierung der Ozonschicht hätten die Menschen seither viel zu wenige Fortschritte gemacht, schreibt der Ökologe und Erstautor William Ripple von der Oregon State University. „Alarmierenderweise hat sich das meiste sogar verschlechtert.“Das achtköpfige Autorenteam greift für seine Übersicht auf Daten von nationalen Behörden, Organisationen und Forschern zurück.
12,3 Milliarden Menschen bis 2100
Das Bevölkerungswachstum hält an, vor allem in den armen Regionen der Welt. Bis 2100, so schätzen Experten, werden auf der Erde zwischen 9,6 und 12,3 Milliarden Menschen leben. Darauf folgt das Problem Trinkwasserversorgung – seit 1992 ist die Menge des pro Kopf verfügbaren Trinkwassers um etwa ein Viertel gesunken. Vor allem durch den Eintrag von Dünger und Erdöl hat die Zahl sauerstoffarmer Todeszonen in den Ozeanen um etwa 75 Prozent zugenommen. Die Bestände zahlreicher Fischarten sind bedroht, unter anderem auch durch Überfischung. Darüber hinaus sind zwischen 1990 und 2015 mehr als 120 Millionen Hektar Wald abgeholzt worden, ein Gebiet etwa so groß wie Südafrika. Seit 1992 sank die Zahl der Säugetiere, Reptilien, Amphibien, Vögel und Fische um 29 Prozent.
Für den Klimawandel ist unter anderem der wachsende KohlendioxidAusstoß der Menschheit verantwortlich – weltweit stieg er um 62 Prozent. Das Jahresmittel der weltweiten Oberflächen-Temperaturen zeigt über 25 Jahre ein Plus von 168 Prozent.