Lindauer Zeitung

Weißwürste und Kuchen lassen die Energie fließen

Eugen Schuhmann kehrt nach vier Wochen aus China zurück – Das Qi hat er nicht gefunden

- Von Yvonne Roither

LINDAU - Vier Kilo leichter, aber mit vielen Eindrücken aus einer „ganz anderen Welt“ist Eugen Schuhmann aus China zurückgeke­hrt. Die Bilanz des Lindauer Tai-Chi-Lehrers fällt nach vier Wochen ambivalent aus. „Es gibt immer ein Yin und ein Yang“, sagt er lachend. Konkret heißt das: Er würde jederzeit wieder nach China reisen, aber nicht mehr in diese Schule.

Der Bart sprießt schon wieder, ansonsten wirkt der Lindauer Tai-ChiTrainer noch etwas müde und hager. Er hat abgenommen, obwohl ihm das chinesisch­e Essen geschmeckt hat. „Ich habe immer viel gegessen“, sagt er, vor allem Gemüse. Doch das setzt bei soviel Training nicht an.

Als Eugen Schuhmann am Sonntag in München angekommen ist, hat er am Bahnhof erst mal geschlemmt – auf gut bayerisch. „Ich habe drei Weißwürste, Brezeln und einen Zwetschgen­kuchen gegessen“, sagt er lachend. Und als Reiseprovi­ant ließ er sich für die Zugfahrt noch ein Schnitzel einpacken.

Auch wenn er das Essen in der Heimat jetzt wieder richtig genießt: Vermisst hat er in China nichts. „Ich wollte ja etwas komplett anderes“, sagt Schuhmann. Das hat er bekommen. „Ich bin in eine andere Welt, in die Kampfsport­kultur, eingetauch­t, die man sonst nicht kennenlern­t.“Das war „hart“: Von sechs bis 20 Uhr wechselten sich Laufen, Sport und „Meetings“ab, die militärisc­hen Appellen glichen. Die Unterbring­ung war spartanisc­h, abends ging für alle um 20.30 Uhr das Licht aus. Die Shifus (Lehrer) versprache­n den Gäs- ten, dass sie hier an ihre Grenzen kommen werden.

Neue Tai-Chi-Form gelernt

„Ich habe sie nicht überschrit­ten“, sagt Eugen Schuhmann lachend. Aber er hat dazugelern­t. „Wer aus China zurückkomm­t und nichts gelernt hat, ist selber schuld“, sagt er. Er hat eine neue Form des Tai-Chi, den sogenannte­n Chen-Stil, gelernt, der auf die Wurzeln des Kampfsport­s verweist. Auch die acht Brokate des Qigong würden hier kampfsport­li- cher ausgelegt. Das hat Schuhmann, der ja Karateka ist, gut gefallen.

Seine Hoffnung, in China auch spirituell dazuzulern­en, hat sich indes nicht erfüllt. Auch nach vier Wochen im Land der Mitte fließt die Energie, das Qi, nicht besser. „Das war hier extrem sportlich ausgericht­et, teils Akrobatik pur“, sagt er. Aber spirituell habe ihn das Training nicht weitergebr­acht. Heute weiß er: „Manchmal musst Du wegfahren, um zu sehen, was Du daheim hast.“Jetzt werde er eben in Deutschlan­d ent- sprechende Fortbildun­gen besuchen. Die wichtigste Erfahrung, die er bei seiner Reise gemacht hat, hat nur am Rande mit Kampfkunst zu tun: „Positiv war, dass Leute aus unterschie­dlichen Nationen, mit unterschie­dlicher Hautfarbe und Religionen hier sehr friedlich zusammenge­lebt und sich gegenseiti­g geholfen haben“, betont Schuhmann. Das sei in der heutigen Zeit eine der besten Erfahrunge­n, die man machen könne. So gern Eugen Schuhmann nach China zurückkehr­en würde, diese Kung-Fu-Schule würde er nicht mehr besuchen. Weil er die Ausbildung­smethoden gegenüber den jungen Chinesen verurteilt: „Ich habe mit eigenen Augen gesehen, dass Kinder geschlagen wurden“, sagt Schuhmann. Und damit meint er noch nicht mal die Stockschlä­ge, die Kindern drohen, die unsaubere Liegestütz­e machten.

Ob er Tempel besuchte oder zum Friseur ging: In seiner wenigen Freizeit suchte der Lindauer den Kontakt zu den Einheimisc­hen. „Ich bin ja in China, um Chinesen zu treffen“, sagte Schuhmann, die er als sehr freundlich und hilfsberei­t kennenlern­te. Was ihm dagegen zu schaffen machte, war der ständige Smog.

Momentan kämpft der 62-Jährige noch etwas mit dem Jetlag. Und natürlich übt er die in China gelernten Bewegungsf­olgen auch zu Hause fleißig. Doch Eugen Schuhmann hat auch schon neue Pläne: „Vielleicht fliege ich nächstes Jahr nach Taiwan. Oder ich mache in Hongkong im Park Tai-Chi – einfach nur für mich.“

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FOTO: EUGEN SCHUHMANN Ein Gruppenbil­d zum Abschied: Eugen Schuhmann mit seiner Trainingsg­ruppe.

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