Bayerns Wirtschaft bleibt stabil
Arbeitgeber-Präsident Gaffal rechnet mit Fortsetzung des Aufschwungs
MÜNCHEN - Brexit, Chaos im Mittleren Osten, Konfusion in Europa und Säbelrasseln im Fernen Osten – bislang lies sich die bayerische Wirtschaft davon nicht ernsthaft bremsen. Für dieses Jahr rechnet der Präsident der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft (Vbw), Alfred Gaffal, mit einem Wachstum des Inlandsprodukts im Freistaat von 2,5 Prozent – ein halber Prozentpunkt mehr als im Bundesdurchschnitt. Das sagte er am Dienstag in München.
Jedenfalls hat sich die bayerische Konjunktur im Jahresverlauf „besser entwickelt als erwartet“, so Gaffal. Gegenüber dem Frühjahr wurde die Wachstumsprognose jetzt um 0,7 Prozentpunkte nach oben korrigiert. Der Export brummt, wenn auch mit ein paar Schönheitsfehlern. So ging das Exportvolumen nach Großbritannien in den ersten neun Monaten 2017 um 9,4 Prozent zurück. Der Protektionismus des derzeitigen US-Präsidenten Donald Trump hat hingegen den USA-Exporten noch nichts anhaben können: Sie stiegen um sechs Prozent. Das ist umso bemerkenswerter, als es sich bei den USA um den wichtigsten bayerischen Handelspartner handelt. Auch nach China exportierten bayerische Unternehmen deutlich mehr (plus 7,4 Prozent). Höhere Minuszahlen im Export verzeichnet der Freistaat nach Brasilien (minus 12,5 Prozent) und in die Türkei (minus 17,1 Prozent). Dagegen legte das Volumen des Exports nach Russland um 23,8 Prozent zu. Dennoch habe man noch nicht das Niveau von vor Verhängung der Sanktionen erreicht, sagte Vbw-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt.
Der aus der Befragung der Mitgliedsunternehmen errechnete Vbw-„Lageindex Wachstum“stieg im Herbst deutlich um zwölf auf 158 Punkte. Es wird aber noch besser, meinen die Unternehmen mehrheitlich, sodass auch der Prognoseindex Wachstum um drei auf 137 Punkte zulegte. Das gilt auch für die Indizes Lage/Beschäftigung (plus neun Punkte) und Prognose/Beschäftigung (plus ein Punkt). „Die bayerische Wirtschaft befindet sich in einem robusten Aufschwung“, so Gaffal.
Die gescheiterten Sondierungsgespräche für eine Jamaika-Koalition aus CDU/CSU, Grünen und FDP wirken sich auch auf die bayerischen Wirtschaft aus, betonte Vbw-Präsident Gaffal. Deutschland brauche eine langfristig stabile Regierung, um die Themen Digitalisierung, Arbeitszeit, Steuer- und Sozialpolitik sowie Energie- und Klimapolitik in die aus Sicht der Wirtschaft richtige Bahnen zu lenken, nachdem die große Koalition zuviel Sozial- und zu wenig Wirtschaftspolitik betrieben habe. Gaffal forderte die JamaikaVerhandlungspartner und die SPD auf, umgehend wieder Gespräche über die Regierungsbildung aufzunehmen.
Vbw fordert Zurückhaltung
Unter Hinweis auf die aus seiner Sicht kräftigen Lohnerhöhungen in der Vergangenheit hat Gaffal von der IG Metall Zurückhaltung in der diesjährigen Tarifrunde gefordert. Die Tarifentgelte in der Metall- und Elektrobranche seien seit 2011 um 19,5 Prozent gestiegen, sagte der Vbw-Präsident.
„Die Klage über niedrige Löhne berücksichtigt nicht die Lohnentwicklungen der letzten Jahre“, sagte Gaffal. Die IG Metall will sechs Prozent mehr Entgelt für die knapp 840 000 Beschäftigten in der bayerischen Metall- und Elektroindustrie und sie fordert ein Recht auf Arbeitszeitverkürzung auf bis zu 28 Stunden pro Woche sowie einen finanziellen Zuschuss für bestimmte Gruppen. Gaffal ist auch Präsident der Metall- und Elektro-Arbeitgeberverbände in Bayern und hält diese Arbeitszeit-Forderungen angesichts des kräftigen Wachstums der bayerischen Wirtschaft für unangebracht. Kürzere Arbeitszeiten würden den Fachkräftemangel in der Wirtschaft verstärken.