Deutschlands Chefberater wird 80
Konzernchefs und Kanzler suchten den Rat von Roland Berger
MÜNCHEN (dpa) - Deutschlands bekanntester Unternehmensberater wird am Mittwoch 80 Jahre alt. Selbst die großen US-Konkurrenten zollen Respekt.
Roland Berger stand bei der Gründung des Tui-Konzerns und der Computermesse Cebit Pate, vermittelte mehrere Konzernchefs auf ihre Posten und beriet Bundes- und Landesregierungen. „Mir ist das meiste gelungen, das ich angefangen habe“, sagt er heute. „Ich hab meine Arbeit immer gern gemacht.“Nun ja: „Im Moment könnt's allerdings grad ein bissl weniger sein.“
Auch in der Branche ist man voll des Lobes. McKinsey-Deutschlandchef Cornelius Baur sagt: „Roland Berger ist eine der wichtigsten Persönlichkeiten in der deutschen Beratungsbranche.“BCG-Deutschlandchef Carsten Kratz lobt: „Sein Ideenreichtum und seine Durchsetzungsfähigkeit verdienen Respekt.“Es sei „erfrischend, solche Persönlichkeiten über so viele Jahre hinweg zu den eigenen Wettbewerbern zu zählen“. Und Ralf Strehlau, Präsident des Bundesverbands Deutscher Unternehmensberater, sagt: „Der Name Roland Berger gilt in Deutschland als Synonym für Unternehmensberatung und erfolgreiches Unternehmertum. Was kann man im Wirtschaftsleben mehr schaffen?“
Der Jubilar sieht das genauso. „Ich bin schon stolz“, sagt er. Aus dem Nichts hat er ab dem Jahr 1967 eine der größten internationalen Strategieberatungen aufgebaut. Sein Vater war Direktor einer Brotfabrik, seine Mutter führte ein Möbelhaus, und auch Roland Berger wollte von Anfang an sein eigener Chef sein und Geld verdienen. Schon als Student gründete er in München sein erstes Unternehmen, eine Wäscherei, die er wenig später für eine halbe Million Mark verkaufte. Noch vor dem Examen gründete er einen Schnapsladen – ein paar Regale, ein Kassierer und Discountpreise, fertig war das Erfolgsrezept. Und der künftige Berater hatte gelernt: Kosten senken!
Eine Kundin seiner Wäscherei erzählte ihm, dass ihr Sohn bei einer kleinen Unternehmensberatung in Mailand arbeitete – dort könne Berger sich doch mal melden. Er tat es, stieg rasch zum Partner auf und machte sich dann 1967 in München selbstständig.
Durchbruch mit Tui
Einer seiner ersten Kunden wurde Touropa, der Bus- und Bahnreisen für Otto Normalverbraucher veranstaltete – Nachfrage sinkend. Berger sollte ein neues Werbekonzept entwickeln. Aber er riet: Setzt auf Charterflüge und schließt euch mit den Konkurrenten Scharnow, Hummels und Dr. Tigges zusammen, die dasselbe Problem haben. So hob Berger Tui aus der Taufe – heute der größte Touristikkonzern Europas.
Der Coup bedeutete den Durchbruch für den 31-jährigen Berater. Bald klopften Konzerne an und suchten seinen Rat. Berger gründete Büros in Mailand und Sao Paulo, wurde Ansprechpartner für die Politik. Ob es um die Organisation der Treuhandanstalt ging oder um die Agenda 2010 – Berger war gefragt. Das Unternehmen wuchs auf 2400 Mitarbeiter. Doch der alte Glanz ist heute weg. Im Branchen-Ranking des Bonner Professors Dietmar Fink ist die Firma zurückgefallen. Zu Zeiten der Deutschland-AG vor der Globalisierung standen Roland Berger die Türen der Konzernvorstände offen, heißt es in Branchenkreisen. Aber heute seien die weltweit breiter aufgestellten, großen Beratungskonzerne im Vorteil.
Auch mit internen Konflikten hat die Firma Roland Berger eine Zeit lang für Schlagzeilen gesorgt. Ehemalige Partner verklagten das Unternehmen, die Firma und der Gründer stritten sich vor Gericht, der Plan für einen Zusammenschluss mit dem Beratungskonzern Deloitte sorgte für Querelen, wichtige Partner gingen von Bord.
Dabei boomt das Beratergeschäft. Allein in Deutschland hat sich der Umsatz der Branche in den vergangenen zehn Jahren verdoppelt auf fast 30 Milliarden Euro. Ging es früher meist um Effizienz und Kostensenkung, rücken heute Zukunftsstrategien, Digitalisierung und IT-Beratung nach oben, wie Bundesverbands-Sprecher Klaus Reiners erklärt. Alle großen Berater suchen Personal.
Berger ist noch Ehrenvorsitzender des Aufsichtsrats seiner Firma, sitzt in mehreren Beiräten und kümmert sich um seine Stiftung, die begabten Kindern aus armen Familien bei Schule und Studium hilft. „Mir geht es rundum gut. Ich bin gesund und fühle mich wohl.“
„Eine Karriere wie meine ist auch heute möglich“, sagt Berger. „Die neuen Technologien bieten noch viel mehr Gelegenheiten für Neugründungen.“Ein 20-Jähriger solle sich einfach fragen, „was kann ich besonders gut und zweitens, was mach' ich besonders gern? Wenn er dann einen Beruf findet, bei dem beides zusammenkommt, wird er Erfolg haben.“So habe er es damals auch gemacht.