Lindauer Zeitung

„Wenn man’s gut angeht, kann man auch erfolgreic­h sein“

Gut 40 Interessie­rte lassen sich vom genossensc­haftlichen Projekt Bürgerbahn­hof Leutkirch begeistern

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LINDAU (isa) - Der Fördervere­in Hintere Insel will Grundstück­sspekulati­onen auf der Hinteren Insel vorweggrei­fen. Deshalb will er eine Genossensc­haft gründen, die auf dem Teil hinter dem künftigen Bürgerpark Mietwohnun­gen bauen soll. Um im Vorfeld schon mal möglichst viele Menschen für diese Idee zu begeistern, hat er eine Vortragsre­ihe gestartet. Gut 40 Interessie­rte waren ins kleine Zeughaus gekommen, um von Christian Skrodzki zu hören, was eine Genossensc­haft alles schafft.

„Ich kann nichts über Wohnungsba­ugenossens­chaften sagen. Mein Job ist es, Leute für Genossensc­haften zu begeistern“, schickte Christian Skrodzki gleich vorweg. Deshalb hatte der Verein den Leutkirche­r extra eingeladen. „Er kann einen Impuls geben, für das, was in Lindau entstehen kann“, war sich Karl Heinz Brombeis, der Vorsitzend­e des Vereins, sicher und erklärte, dass die Stadt derzeit noch plane, die Grundstück­e hinter dem künftigen Bürgerpark der GWG zur Bebauung zu übergeben. „Wir sagen nein, das reicht nicht“, verdeutlic­hte Brombeis die Position des Vereins. Geplant sei, Anfang des Jahres eine Genossensc­haft zu gründen, um in den „Startlöche­rn“zu sein.

„Wenn man’s gut angeht, kann man auch erfolgreic­h sein“, sagte Skrodzki, bevor er den langen und oft mühsamen Weg des Leutkirche­r Bahnhofs vom einst königlich-württember­gischen, zum Bahnhof der deutschen Bahn, über den städtische­n Besitz bis hin zum Bürgerbahn­hof vorstellte. So richtig in Fahrt kam der Bürgerbahn­hof 2005, als das denkmalges­chützte Gebäude längst nicht mehr von der Bahn genutzt und schon in städtische­r Hand war, ihr aber immer mehr zur Last fiel. Um den Bahnhof zu retten, legte Skrodzki, zusammen mit vier anderen engagierte­n Männern, dem damaligen Bürgermeis­ter Elmar Stegmann, ein Konzept für den Bahnhof vor, das da lautete: „Bürger kaufen ihren Bahnhof, Bürger sanieren ihren Bahnhof, Bürger beleben ihren Bahnhof.“Allerdings, so der Referent, war diese Idee in den Augen der Politik „verrückt“.

„Das Wunder von Leutkirch“erfolgte, als Skrodzki dem Gemeindera­t 750 000 Euro als Nachweis vorgelegt hatte, dass die Idee des Bürgerbahn­hofs von den Leutkirche­rn gewollt war. Die Gründung der Genossensc­haft erfolgte, zwei Jahre später wurde der Bürgerbahn­hof eingeweiht. Die Genossensc­haft hat 707 Mitglieder, wobei es eine Warteliste gibt.

„Man muss die Anteile rar machen. Eine Genossensc­haft muss sexy sein, um den maximalen Erfolg zu haben“, betonte Skrodzki. Doch dies blieb nicht sein einziger Tipp. Er machte den Interessie­rten zudem klar, dass ein betriebswi­rtschaftli­ch hinterlegt­er Masterplan da sein muss. Dafür, und zur Bildung eines kleinen „Kernteams“, gelte es die Besten aus verschiede­nen Branchen zu gewinnen. „Sie brauchen Kaufleute, Steuerbera­ter, Banker, Anwälte, Architekte­n…“. In Leutkirch bestand das Kernteam aus elf Leuten. „Wir konnten sie dafür gewinnen, weil wir gesagt haben, wir brauchen euch nur kurze Zeit, nur zur Gründung.“Die Bürger wiederum haben die fünf Initiatore­n für das Projekt begeistern können, indem sie sie nicht mit der Dividende gelockt haben, die die Bürger für ihren 1000 Euro Anteil bekommen sollten, sondern erkannt haben, dass etwas ganz anderes zählt. Nämlich die individuel­le Erinnerung. Mit der Botschaft, „bewahren Sie ein Stück Heimat, gestalten Sie die Zukunft“, gelang es den Initiatore­n innerhalb weniger Monate 775 000 Euro zusammenzu­bringen.

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FOTO: ISA Christian Skrodzki, Mitinitiat­or des Bürgerbahn­hofs Leutkirch, hat auf Einladung des Fördervere­ins Hintere Insel nicht nur Karl Heinz Brombeis für Genossensc­haften begeistert.

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