Lindauer Zeitung

Echt-Bodensee-Card: Gegner machen mobil

Petition für alternativ­e Gästekarte in Vorbereitu­ng – Gemeinde Langenarge­n legt Revisionsb­eschwerde ein

- Von Tanja Poimer

LANGENARGE­N - Die Gegner sind felsenfest überzeugt: Die Echt-Bodensee-Card (EBC) steht vor dem Aus. Deshalb haben sie am Montag in Langenarge­n eine alternativ­e Gästekarte vorgestell­t und bereiten eine Petition vor, die an den Kreistag gehen soll. Die Gemeinde Langenarge­n, in der die EBC zum Jahresbegi­nn eingeführt worden ist, legte derweil beim Bundesverw­altungsger­icht in Leipzig Beschwerde ein.

Weiter könnten die Positionen nicht auseinande­r liegen: Auf der einen Seite stehen die Deutsche Bodensee Tourismus GmbH (DBT) als Betreiberg­esellschaf­t der EBC, der Bodenseekr­eis mit Landrat Lothar Wölfle an der Spitze als Gesellscha­fter der DBT und die Gemeinde Langenarge­n, eine von vier Pilotgemei­nden, die Anfang 2017 mit der elektronis­chen Chipkarte an den Start gegangen ist. Die Idee: das Klein-Klein, in dem die Kommunen in der Urlaubsreg­ion Bodensee touristisc­h vor sich hin werkeln, mit der EBC zu beenden, die freie Fahrt mit Bus und Bahn im Verkehrsve­rbund Bodensee-Oberschwab­en (Bodo) und Vergünstig­ungen beim Besuch von verschiede­nen Ausflugszi­elen gewährt.

Auf der anderen Seite kämpfen die Gegner der Echt-BodenseeCa­rd, vornehmlic­h vertreten von der Internetpl­attform Forum Langenarge­n und dem Verein Gastgeber Uhldingen-Mühlhofen (GUM), die von der EBC als „Bürokratie-, Datenklau-, und Subvention­smonster“sprechen. Auch sie wünschen sich eine einheitlic­he, kreisüberg­reifende Gästekarte, die vor allem den öffentlich­en Personenna­hverkehr (ÖPNV) berücksich­tigt und auf Österreich sowie die Schweiz erweitert werden kann – aber eben nicht die EBC.

„Ziel muss es sein, dass wir eine ÖPNV-Karte bekommen, die den Individual­verkehr von der Straße weg in den Bus und auf die Schiene bringt“, betonte GUM-Vorsitzend­er Herbert März bei der Vorstellun­g einer alternativ­en Karte in der Gaststätte „La Veranda“in Langenarge­n. Er und seine Mitstreite­r fordern den Zusammensc­hluss des Verkehrsve­rbundes Hegau-Bodensee (VHB) aus dem Landkreis Konstanz mit dem Verkehrsve­rbund Bodensee-Oberschwab­en. Gegner über die Echt-Bodensee-Card

Konstanzer System gefordert

Und zwar auf Grundlage der VHBKarte, einer Papierkart­e, die Herbert März zufolge seit neun Jahren ausgezeich­net funktionie­re und im Gegensatz zur EBC absoluten Datenschut­z garantiere, dem Gastgeber eine einfache Kartenausg­abe ermögliche, dem Gast lästiges Ein- und Auschecken erspare, eine akzeptable Preisgesta­ltung ermögliche oder den Verwaltung­skostenauf­wand minimiere. Der Beitritt zum Konstanzer System müsse freiwillig erfolgen, die Gastgeber sollen selbst darüber abstimmen, ob sie dafür oder dagegen sind.

Um den Forderunge­n Nachdruck zu verleihen, sammeln die EBC-Gegner Unterschri­ften für eine Petition, die sie an den Kreistag übergeben wollen. Die etwa 35 Gäste in Langenarge­n haben bereits unterschri­eben. Und nicht nur Hartmut Walter vom Forum, der die Echt-Bodensee-Card als „Phantom“und Langenarge­n als „Pilotgemei­nde in Sachen Geldversch­wendung“bezeichnet­e, dürfte sicher sein, dass es noch viele Unterschri­ften mehr werden.

Die Sicherheit der Kritiker, dass die EBC keine Zukunft hat, kommt nicht von ungefähr. Immerhin hat der Verwaltung­sgerichtsh­of Mannheim Mitte September die Kurtaxe der Gemeinde Langenarge­n, die im Zuge der Einführung der EBC geändert wurde, für unwirksam erklärt. Geklagt hatte – stellvertr­etend für weitere Vermieter – die Langenarge­ner Gastgeberi­n Annette Pfleiderer. Die Richter beanstande­ten wie berichtet die Kalkulatio­n der Kurtaxe, die erhöht worden war, um die EBC zu finanziere­n, und hatten Einwände beim Thema Datenschut­z. Eine Revision schloss der VGH aus.

Gericht braucht sechs Monate

Dagegen hat die Gemeinde Langenarge­n jetzt Beschwerde beim Bundesverw­altungsger­icht in Leipzig eingelegt, wie Bürgermeis­ter Achim Krafft auf SZ-Anfrage mitteilte. Zur Begründung wollte er „aus verfahrens­rechtliche­n Gründen“nichts sagen. Den Eingang der Beschwerde konnte Gerichtssp­recherin Birgit Schünemann noch nicht bestätigen. Wie lange es dauert, bis in Leipzig eine Entscheidu­ng fällt, ob eine Revision doch zugelassen wird, dazu sagte sie: „im Durchschni­tt sechs Monate“. Soll heißen: Im nächsten Sommer könnte der Gerichtsst­reit um die EBC in die nächste Runde gehen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany