Björn Fritsche erhält einen einzigartigen Baum
Schreiner stellt Teile der vor Jahren umgestürzten Lingg-Eiche im Gewölbesaal aus
LINDAU (cf) - Eigentlich steht er auf klare, kubische Formen, doch die Lingg-Eiche hat ihn dazu gebracht, weiterzudenken. Björn Fritsche hat diesen Baum aus Hergensweiler gerettet, der zu den 1000-jährigen Bäumen gehörte. Der Lindauer Schreiner will ihn in Form von Stelen, wie die 18, die am Wochenende im Gewölbesaal ausgestellt waren, und exklusiven Tischplatten der Nachwelt erhalten.
Denn – wie in der LZ berichtet – der Baum war vor elf Jahren umgestürzt und alsbald vergessen und im Laufe der Zeit überwuchert. Nach dem Überwinden des Schocks, dass der Baum nicht mehr steht, auf, unter und in dem Fritsche viele Stunden seiner Kindheit verbracht hatte, hat er die Reste von den Lingg-Erben erworben. Die Familie Schneider unterstützte ihn auch bei der Ausstellung auf der Lindauer Insel, sie rahmte eine historische Aufnahme der Eiche neu und stellte sie für die Ausstellung zur Verfügung, ebenso eine Büste von Dr. Hermann Ritter zu Lingg, dem deutschen Dichter und Arzt, nach dem auch eine Straße auf der Lindauer Insel benannt ist.
Björn Fritsche hatte sich überlegt, aus Teilen des Stammes Stelen zu schneiden. Die ersten drei zeigte er bei der Wiedereröffnung seiner Schreinerei, die in diesem Jahr durch Wasser weitgehend zerstört worden war. Die Stelen stießen auf großen Anklang, einige Gäste wollten die drei Holzblöcke sofort kaufen und mitnehmen, was Fritsche erst einmal verhinderte. Sie aber dokumentieren bei der Ausstellung deutlich die Neigung zur kubischen regelmäßigen Form, die Fritsche vorschwebte. Doch der Baum zeigte ihm, dass es viel mehr gibt als klare Kanten. Denn Fehlerstellen, Asteinlagerungen oder Holzwurm- und Ameisenbefall hatten in dem Holz eine vielfältige Landschaft geformt. Pilzbefall und das lange ungestörte Liegen in der Natur hat dafür gesorgt, dass Teile des Stammes zu einer sogenannten Kupfereiche geworden sind mit dunklen Partien.
Die Stelen sind bis zu 350 Kilogramm schwer
Dem Schreinermeister wurde allmählich klar, dass diese Besonderheiten jede Stele zu einem einzigartigen Zeugnis des einzigartigen Baumes werden lassen. Sandige und bröselnde Stellen räumte er mit einer Wasserstrahlfräse aus und so entstanden Partien wie sturmgezeichnete Feldformationen. Die bis zu gut 350 Kilogramm schweren Eichenstelen haben teilweise schon neue Besitzer gefunden. Holz für viele weitere hat Björn Fritsche genügend, „allerdings werde ich wahrscheinlich kleinere machen“, denn die großen stellen doch gehobene Ansprüche, beispielsweise an die Statik eines Gebäudes, wenn die Stele in ein Obergeschoss soll.
Der Schreiner setzt ein Versprechen an seine Kinder um
Doch jetzt wurden alle 18 erst einmal zusammen der Öffentlichkeit vorgestellt, und es war interessant, wie die Stelen auf die Besucher wirkten. Diese waren keinesfalls nur aus Hergensweiler gekommen, unter vielen anderen kamen auch Bewohner des Spitals in den Gewölbesaal. Auch sie berührten die Holzteile mit viel Respekt, ließen sich von Fritsche informieren oder lasen aufmerksam die Abbildungen der Messingschilder auf einem Monitor, die an jeder Stele angebracht sind und mit Vierzeilern davon berichten, was Fritsche beim Herstellen eben dieser durch den Kopf ging. Die Resonanz jedenfalls dürfte Fritsche Mut gemacht haben, den eingeschlagenen Weg weiterzugehen, um das Versprechen wahrzumachen, das er seinen Kindern gegeben hatte, nämlich den Baum zu retten und der Nachwelt zu erhalten.